Hamburg. Eurowings, Ryanair und Co.: Die Zeit der Billigangebote von 9,99 Euro neigt sich dem Ende zu – auch wegen der Klima-Diskussion.

Als Eurowings-Vertriebschef Oliver Schmitt im Dezember vor dem Luftfahrt-Presseclub in Hamburg sprach, hatte er eine Botschaft im Gepäck, die für einen Manager einer Billigfluglinie überraschte. Während Mitbewerber Ryanair sich stets mit seinen Billigangeboten („Flüge ab 9,99 Euro“) in Szene setzt, sagte Schmitt: Fliegen sei viel zu günstig. Deshalb werde die Lufthansa-Tochter mit Beginn des neuen Jahres den Preis für die günstigsten Tickets von 24,99 auf 29,99 Euro erhöhen.

Es ist eine Entwicklung, die sich in diesem Jahr durch die Branche ziehen könnte. „Generell werden 2020 die Preise im Einstiegsbereich leicht anziehen“, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg dem Abendblatt. Airlines würden sich dabei schon über ein Plus von zwei, drei Prozent freuen.

Eurowings: Durchschnittlicher Ticketpreis bei 100 Euro

Schmitt sagte in Hamburg, der durchschnittliche Ticketpreis liege bei etwa 100 Euro. Die durchschnittlichen Kosten allerdings auch. Unterm Strich werde Eurowings 2019 Verluste ausweisen.

Die Airlines könnten nun ausgerechnet die durch die "Friday's for Future"-Bewegung ausgelöste Klimaschutzdiskussion nutzen, um die Preise zu erhöhen. Insbesondere der CO2-Ausstoß der Flieger steht am Pranger. „Momentan ist es sicher angebracht zu fragen, ob ein Ticket für zehn Euro angesichts der Klimaschutzdiskussion noch als ,gutes Angebot’ wahrgenommen wird“, sagte Schellenberg. Schließlich habe Qualität auch ihren Preis.

"Für die Fluglinie ist der Werbeeffekt entscheidend"

Ein Hotel für zehn Euro würde auch kein Tourist buchen. Ticketpreise in dieser Größenordnung seien für Fluggesellschaften ohnehin nur ein Marketinginstrument. „Für die Fluglinie ist der Werbeeffekt entscheidend. Dem Fluggast ist es egal, ob er zehn oder 30 Euro fürs Ticket zahlt“, sagte Schellenberg.

Allerdings tragen auch von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmen zur Verteuerung der Tickets bei. Zum 1. April 2020 steigt die Luftverkehrssteuer. Für innereuropäische Ziele kostet sie dann 13,03 Euro – plus 5,53 Euro. Bei Distanzen bis 6000 Kilometern werden 9,58 Euro mehr und insgesamt 33,01 Euro pro Ticket fällig. Für Fernflüge sind es künftig 59,43 Euro (plus 17,25 Euro). „Die Airlines werden diese Gebührenerhöhung den Passagieren in Rechnung stellen“, sagte Schellenberg.

Tickets: Wie Bahnfahren und Fliegen zusammenhängen

Teil des Klimaschutzprogramms ist im Gegenzug das Senken der Mehrwertsteuer auf Bahnfahrten im Fernverkehr von 19 auf sieben Prozent. Daher erwarten viele Experten, dass sich das Flugangebot auf innerdeutschen Strecken ausdünnen wird. Der Luftfahrtexperte Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein begrüßt das. „Die Flugpläne für den Winter sind ermutigend“, schreibt er. Insgesamt dürfte der Flugverkehr in der EU im Winterhalbjahr nur noch um zwei Prozent wachsen.

Wissenwertes zum Hamburger Flughafen:

  • Der Hamburg Airport hat zwei Terminals und liegt 8,5 Kilometer nordwestlich der Stadtmitte
  • Er wurde 1911 angelegt und ist der älteste und fünftgrößte Flughafen in Deutschland
  • Seit 2016 wird der Flughaften auch Hamburg Airport Helmut Schmidt genannt
  • Er umfasst inzwischen eine Fläche von 570 Hektar
  • Rund 60 Airlines fliegen derzeit den Hamburger Flughafen an (Stand: Dezember 2019)

Ryanair schließt Hamburger Basis, streicht sieben Strecken

So hat der Billigvorreiter Ryanair sein Angebot massiv gekürzt. Am Mittwoch schließt das Unternehmen seine Basis in Hamburg mit zwei Fliegern, im Sommerflugplan werden sieben Strecken gestrichen. Die Iren machen dies auch notgedrungen, weil Flugzeugbauer Boeing wegen des weltweiten Startverbots der 737 Max derzeit keine Maschinen des Typs mehr ausliefern darf.

Das bremse den Ausbau des branchenweiten Flugangebots, schreibt Roeska. Die Ticketpreise dürften vorerst zumindest nicht weiter ins Bodenlose sinken, lautet seine etwas defensivere Prognose.

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Marge pro Passagier: vier Euro

Der Weltluftfahrtverband IATA sagt Europas Airlines denn auch steigende Gewinne voraus. Während der Überschuss 2019 um fast ein Drittel auf 6,2 Milliarden US-Dollar (5,6 Milliarden Euro) gesunken sein dürfte, rechnet IATA-Chefökonom Brian Pearce für 2020 mit einem Anstieg auf 7,9 Milliarden Dollar.

Die insgesamt gute Entwicklung verdecke aber, dass eine Reihe von Fluggesellschaften gerade so an der Gewinnschwelle fliegen oder gar Verluste schreiben – so wie Eurowings. Vertriebschef Schmitt nannte als Marge vier Euro pro Kunde. Daher werde das Zusatzgeschäft immer wichtiger: „Stellen Sie sich vor, der Passagier kauft noch eine Cola für zwei Euro. Dann haben sie die Marge um 50 Prozent erhöht.“