Hamburg. So viel Kaufkraft verliert das Geldvermögen, weil die Verzinsung geringer ist als die Preissteigerungsrate.
Keine Zinsen auf Spareinlagen – das hat gravierende Auswirkungen auf das Geldvermögen der Hamburger. Nach den Berechnungen der Deka-Bank verlieren ihre Einlagen jährlich rund 700 Millionen Euro an Kaufkraft. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Kaufkraftverlust von 402 Euro pro Einwohner. Ein Kaufkraftverlust entsteht bei Geldeinlagen immer dann, wenn die Preissteigerungsrate höher ist als die Verzinsung der Einlagen. derzeit liegt die Inflationsrate bei rund 1,5 Prozent, die Verzinsung für Einlagen aber nahe null Prozent.
Bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) gibt es für Geld auf dem Sparbuch noch einen Zins von 0,01 Prozent. Beim Festzinssparen müssen Anleger sich schon für fünf Jahre binden, um wenigstens einen Zins von 0,10 Prozent zu bekommen. Bei vielen anderen Banken sieht es nicht besser aus. Selbst wer sein Geld acht Jahre bei der Deutschen Bank anlegt, erhält dafür lediglich 0,01 Prozent Zinsen.
Für Sparer: Zinserträge in weiter Ferne
Bundesweit liegt der Kaufkraftverlust in einem Jahr nach Berechnungen der Deka-Bank bei 33,5 Milliarden Euro. „Mit dem jüngsten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die Aussichten auf Zinserträge für die Sparer in Deutschland in noch viel weitere Ferne gerückt“, sagt Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Deka-Bank. „Wir gehen nach dem Zinsentscheid davon aus, dass es mindestens bis 2025 keine positiven Zinsen geben wird. Sparer müssen sich damit abfinden, dass ihr Geld weiter an Wert verliert oder sie legen ihre Risikoscheu ab und legen das Geld in Wertpapierprodukten an. Aber eins ist klar: „Nichtstun kostet Geld“ so Holger Bahr.
Die EZB hatte entschieden, von November an mit neu geschöpftem Zentralbankgeld wieder Anleihen im Volumen von 20 Milliarden Euro monatlich aufzukaufen, was das Zinsniveau weiter drückt. Zudem wurde der Einlagezinssatz für Geschäftsbanken von minus 0,4 Prozent auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Das ist ein Strafzins, den die Banken an die EZB entrichten müssen. Üblicherweise verzinst eine Zentralbank die Einlagen. Die deutschen Bankenverbände mussten 2018 für den negativen Einlagenzins insgesamt 2,3 Milliarden Euro an die EZB überweisen.
Es war die letzte Zinsentscheidung in der Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi, der im Laufe dieses Monats sein Amt an Nachfolgerin Christine Lagarde abgeben wird. Die EZB will mit dem Zinsschritt der schwächelnden Konjunktur in Euroland neue Impulse verleihen.
Banken prüfen Strafzinsen für Privatkunden
Ob die Banken die Privateinlagen der Kunden nicht nur nicht mehr verzinsen, sondern künftig auch Strafzinsen von Privatkunden verlangen, ist noch offen. Bisher geschieht das nur in Ausnahmefällen bei sehr hohen Einlagen. So hat die Hamburger Volksbank mit Privat- und Firmenkunden, die mehr als eine Million Euro auf Giro- oder kurzfristigen Anlagenkonten haben, individuelle Gespräche über Negativzinsen aufgenommen (das Abendblatt berichtete).
Die Sparda Bank Hamburg hält Negativzinsen ab einem Kontostand von 100.000 Euro für nicht ausgeschlossen. Die Haspa vermeidet noch die Weitergabe der Negativzinsen im breiten Privatkundengeschäft. Wie lange das möglich sei, hänge von der weiteren Zinspolitik der EZB ab, sagte eine Haspa-Sprecherin.