Hamburg. Sparen lohnt sich mit Blick auf die Rendite kaum noch. Doch ausländische Banken machen attraktive Angebote, die sicher sind.
Seit Jahren werden die Sparer mit Minizinsen abgespeist – vor allem bei deutsche Geldinstituten. Die Renditen sind deutlich niedriger als die Inflationsrate. Über 800 Banken zahlen inzwischen überhaupt keine Zinsen mehr auf das Tagesgeld. Auch für Festgeld gibt es kaum noch Geld. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, denn im September wird die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik nochmals lockern. Was bedeutet das für Sparer? Welche Banken verzinsen Einlagen noch? Wie sicher ist mein Geld bei ausländischen Banken? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Warum sind die Zinsen so niedrig?
Mit dem Aufkauf von Staats- und Firmenanleihen hat die EZB das Zinsniveau nach unten geschraubt, um so die Konjunktur insbesondere in den südlichen Euro-Ländern anzukurbeln. Die Idee: Niedrige Zinsen auf der Kreditseite führen zu mehr Investitionen von Unternehmen. Allerdings gibt es nun in vielen Euro-Ländern erneut rezessive Tendenzen.
In Deutschland hat die Zinspolitik sogar dazu geführt, dass die Bundesanleihen bei allen Laufzeiten bis hin zu 30 Jahren eine negative Rendite aufweisen. Die Anleger zahlen also dem Staat noch etwas oben drauf, um ihm Geld zu leihen. „Auch die Banken werden bei den Spareinlagen mit Geld zugeschüttet, es ist zu viel Geld da“, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung. Knapp 2,5 Billionen Euro haben die Deutschen auf Konten und unter der Matratze gebunkert. Tatsächlich haben die Banken ein Problem, mit den Kundeneinlagen profitabel zu arbeiten. An weiteren Einlagen sind die meisten Banken nicht interessiert. Denn wenn sie es bei der EZB in Frankfurt parken, müssen sie 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen.
Was droht jetzt den Sparern?
Die EZB hat bereits angekündigt, das Zinsniveau noch einmal zu senken. „Denkbar wäre etwa, dass die Währungshüter erneut für zig Milliarden Euro Anleihen aufkaufen“, sagt Herbst. „Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, den aktuellen Strafzins für Banken, die ihr Geld bei der EZB parken von 0,4 auf 0,5 oder gar 0,6 Prozent anzuheben.“ Nach Einschätzung des Experten werden die Null-Zins-Angebote weiter zunehmen. Schon jetzt machen nur noch die Hälfte der 1350 Banken Zinsangebote für ein Festgeld, wenn auch auf einem extrem niedrigen Niveau. Wer sein Geld für drei Jahre festlegt, bekommt im Durchschnitt noch einen jährlichen Zins von 0,16 Prozent. Auch Strafzinsen für Erspartes sind möglich, denn sie kosten die Banken Millionen. „Derzeit übernehmen die Banken diese Kosten für das Gros der Privatkunden“, sagt die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak. „Es wird für Banken aber immer schwieriger, bei anhaltenden Negativzinsen die nachhaltige Profitabilität im Kundengeschäft sicherzustellen. Insbesondere wenn auf die Weitergabe der negativen Zinsen im Mengengeschäft verzichtet wird.“ Die Institute wollen also die Negativzinsen an die Kunden weiterreichen.
Wie reagieren Sparer am besten?
Zwar prüft Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), ob sich bei den Banken ein Verbot von Negativzinsen politisch durchsetzen lässt. Doch unabhängig davon, ob ein Verbot möglich ist, verlieren die Sparer viel Geld. Der Grund sind niedrige Zinsen, die deutlich unter der Inflationsrate liegen, die aktuell 1,7 Prozent beträgt. „Das Geld der Sparer verliert schneller an Wert, als dass es sich durch die Zinsen vermehrt. Seit Ende 2010 hat jeder Deutsche – vom Kleinkind bis zum Rentner – auf diese Weise durchschnittlich 1465 Euro verloren. Pro Haushalt kommen da schnell mehrere tausend Euro zusammen“, sagt Arno Walter, Vorstandsvorsitzender der Comdirect Bank. Mit besseren Zinsangeboten lassen sich die Verluste zumindest reduzieren, sofern man nicht risikoreichere Aktienanlagen eingehen will.
Wie lange soll man sich binden?
„Nicht länger als zwei bis drei Jahre“, sagt Herbst. Denn die Zinsaufschläge für längere Zeiträume sind nicht besonders attraktiv. Ein kürzerer Anlagezeitraum bietet bessere Reaktionsmöglichkeiten, falls die Zinsen doch wieder steigen sollten. Beispiel: Die französische Bank Crédit Agricole bietet für zwei Jahre 1,21 Prozent Zinsen. Wenn sich der Anlagezeitraum verdoppelt, beträgt der Zinssatz mit 1,36 Prozent nur unwesentlich mehr.
Wo gibt es noch relativ hohe Zinsen?
Eines der besten Angebote von den ausländischen Banken, die in Deutschland im Direktgeschäft aktiv sind, macht die französische Bank Crédit Agricole. Für eine zweijährige Festgeldanlage wird ein Zins von 1,21 Prozent geboten. Wer nur kurzfristig (sechs Monate) anlegen will, erhält immerhin 0,91 Prozent Zinsen. Die Crédit-Agricole-Gruppe ist der Marktführer im Universalbankengeschäft in Frankreich und eine der größten Banken in Europa. Die Tochtergesellschaft Crédit Agricole Consumer Finance, die in Deutschland das Geld einsammelt, ist vor allem in Bereich Konsumentenkredite aktiv.
Die Abwicklung erfolgt telefonisch, ein Onlinebanking wird von den Franzosen nicht angeboten. Bei der Renault Bank gibt es noch 0,85 Prozent für ein zweijähriges Festgeld. Wer noch höhere Zinsen möchte, wird bei den beiden Vermittlungsplattformen Zinspilot aus Hamburg und Weltsparen aus Berlin fündig. Die höchsten Zinsangebote machen hier italienische Banken mit bis zu 1,65 Prozent für eine zweijährige Festgeldanlage.
Wie funktionieren die Plattformen?
Die Internetportale wie Zinspilot oder Weltsparen kommen mit dem Geld der Sparer nicht in Kontakt. Sie sind lediglich Plattformen, über die die Anlage des Festgeldes abgewickelt wird. Der Kunde eröffnet nach der Registrierung auf der Plattform bei einer deutschen Bank ein Konto, auf das das Geld eingezahlt wird. Von dort fließt es zur ausländischen Bank und wird nach Ablauf der Anlage wieder auf das deutsche Konto überwiesen. Zinspilot arbeitet dabei mit der Sutor Bank zusammen. Bei Weltsparen wird das Verrechnungskonto bei der Frankfurter Raisin Bank geführt.
Wie sicher sind die Einlagen bei den ausländischen Banken?
Grundsätzlich sind die Einlagen mit 100.000 Euro pro Person abgesichert. Bei Gemeinschaftskonten von Eheleuten erhöht sich dieser Schutz auf 200.000 Euro. Im Pleitefall soll der Kunde spätestens nach 20 Tagen sein Geld zurück erhalten. Sparer müssen sich bei einer Pleite nicht mehr mit der jeweiligen Entschädigungseinrichtung im Ausland auseinandersetzen. Entschädigungszahlungen laufen automatisch über das deutsche Einlagensicherungssystem im Auftrag der ausländischen Einrichtung. Umstritten ist, wie gut die nationalen Entschädigungsfonds für eine Bankeninsolvenz in ihrem Land gerüstet sind.
„Bei den ausländischen Banken, die in Deutschland im Direktgeschäft aktiv sind, geht es vorwiegend um französische, österreichische und niederländische Institute und diese Länder haben eine sehr gute Bonität“, sagt Herbst. Der Sparer müsse sich immer fragen, wie hoch sein Vertrauen in das Land ist, wo er sein Geld anlegen wolle. Dabei hilft auch die Bewertung von Ratingagenturen. Die Niederlande werden von Moody’s mit der Spitzennote Aaa eingestuft. Österreich und Frankreich bekommen immerhin noch die zweitbeste Ratingkategorie. Das bedeutet, das Ausfallrisiko ist so gut wie vernachlässigbar. Aber Italien hat eben nur die Note Baa3, eine durchschnittlich gute Anlage, aber bei einer Verschlechterung der Gesamtwirtschaft ist mit Problemen zu rechnen. Generell gilt: Je höher die Zinsen, desto größer das Risiko.
Welche Zinsen gibt es bei Banken mit deutscher Einlagensicherung?
Wer sich für ausländische Zinsofferten nicht begeistern kann, der muss bei Spezialbanken mit deutscher Einlagensicherung suchen. Hier werden Anleger aber kaum noch fündig. So verzinsen AKF Bank und Bank 11 eine zweijährige Festgeldanlage immerhin noch mit 0,90 Prozent Zinsen. Als sicher darf gelten: Besser werden die Angebote in den nächsten Monaten nicht mehr.