Hamburg. Reedereien müssen von 2020 an Schwefeloxid-Emissionen senken. Vorstandschef Rolf Habben Jansen will Aufpreis an Kunden weitergeben.

Maßnahmen für den Umweltschutz kosten Geld. Wie viel genau, das stellt gerade die internationale Seeschifffahrt fest, die von 2020 an die Schwefeloxid-Emissionen durch Schiffskraftstoffe senken muss. Nach einem Beschluss der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) in London darf der maximal zulässige globale Schwefelgrenzwert für Schiffskraftstoffe dann nur noch 0,5 Prozent betragen, um die gesundheits- und umweltgefährdenden Auswirkungen von Schiffen zu verringern. Schweröle, mit denen Schiffe derzeit auf den Weltmeeren fahren, können derweil noch einen Schwefelgehalt von 3,5 Prozent aufweisen. Sie dürfen ab kommenden Jahr aber nicht mehr so einfach verfeuert werden.

Alternative Kraftstoffe gibt es, sie kosten aber mehr Geld. Der Chef der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, hat in einem Vortrag bei der alljährlich in Hamburg stattfindenden Konferenz zum Containergeschäft in Europa deutlich gemacht, was auf sein Unternehmen an zusätzlicher finanzieller Belastung zukommen wird. Der Vorstandschef rechnet mit Mehrkosten von 80 bis 100 Millionen Dollar (umgerechnet 73 bis 91 Millionen Euro) im Monat. Das macht im Jahr rund eine Milliarde Dollar.

Mehr als 80 Prozent der Flotte betroffen

„Die Spanne zwischen den Treibstoffkosten heute und in der Zukunft wird beträchtlich sein“, sagte Habben Jansen. Wir können das nicht tragen, sondern müssen diese Kosten an unsere Kunden weitergeben.“ Dies soll aber in einer „fairen und transparenten Weise“ geschehen. Noch sei auch nicht klar, auf welchem Niveau sich der Preis für schwefelarme Treibstoffe einpendeln werde. „Wir erwarten aber, dass wir gegen Ende des ersten Quartals 2020 einen verlässlichen und transparenten Marktpreis haben.

Betroffen sind mehr als 80 Prozent der 235 Schiffe umfassenden Flotte, die Hapag-Lloyd betreibt. Die anderen Schiffe nutzen andere Möglichkeiten, um die Vorgaben der IMO einzuhalten. So erhält ein Teil der Flotte so genannte Scrubber, also Abgasreinigungsanlagen, die den Schwefel aus den Abgasen herauswaschen, bevor diese den Schornstein verlassen. Hapag-Lloyd baut zudem ein Schiff auf den Betrieb mit Flüssigerdgas um, bei dessen Verbrennung praktisch kein Schwefel entsteht. Die dritte Möglichkeit ist der Einsatz schwefelarmer Kraftstoffe, der keine Umbauten an den Schiffsmotoren erfordert.

Preisunterschied beträgt 200 US-Dollar pro Tonne

Das Problem: Weil derzeit noch niemand die neuen Kraftstoffe, bei denen es sich um Gemische handelt, ordert, gibt es keine verlässlichen Marktpreise. Rechnete Habben Jansen anfangs mit einem Preisunterschied von 250 Dollar pro Tonne, werden die neuen Treibstoffe nach letzten Berechnungen etwa 200 Dollar pro Tonne teurer sein als das Schweröl. Die Preise schwanken aber je nach Standort. Zusätzliche Unsicherheiten kommen Experten zufolge durch den Drohnen-Anschlag auf die Öl-Anlagen in Saudi-Arabien hinzu.

Spediteure geben Mehrkosten auch an ihre Kunden weiter

Wenn die Reeder die Mehrkosten für den teureren Sprit weitergeben, sind in erster Linie die Spediteure betroffen. „Wir befassen uns natürlich damit, was da auf uns zukommt. Bislang hat aber noch niemand klar geäußert, was das für uns bedeutet“, sagte Gert Tews, Chef der auf Seefracht spezialisierten Spedition Contibridge und Mitglied im Vorstand des Vereins Hamburger Spediteure. „Wollen die Reedereien die gesamten Mehrkosten auf ihre Transportpreise draufschlagen oder nur einen Teil? Wir wissen es nicht.“

Klar sei aber, dass auch die Spediteure den Preisanstieg nicht selbst abfedern können und weitergeben wollen. „Am Ende werden die Produkte teurer“, so Tews. „Wir haben unseren Kunden bereits vor sechs Monaten mitgeteilt, dass es einen Zuschlag geben wird, der der Umwelt zugute kommt“, so Willem van der Schalk, Chef der Spedition a.hartrodt und Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure. „Wir werden den Zuschlag eins zu eins weitergeben.“ Etwas anders verhalte es sich mit Sammelcontainern. Aber auch da werde je nach Ladungsanteil kundengenau abgerechnet.

Hapag-Lloyd stellt Mitte November um

Um den Spediteuren und Verladern maximale Transparenz zu gewährleisten, hat Hapag-Lloyd ein neues Berechnungssystem entwickelt, mit dem der Treibstoffzuschlag besser kalkuliert werden kann. Der so genannte Marine Fuel Recovery (MFR)-Mechanismus berücksichtigt je nach Fahrtgebiet unterschiedliche Parameter: zum Beispiel den Treibstoffverbrauch pro Tag, die Treibstoffart, See- und Hafentage sowie die beförderte Menge an Standardcontainern (TEU). Der MFR-Mechanismus wird bereits angewandt. „Das Berechnungssystem ist unserer Meinung nach fair und ermöglicht eine verursachungsgerechte, transparente und leicht verständliche Berechnung von Treibstoffkosten“, sagte Habben Jansen bei dessen Einführung.

Hapag-Lloyd will angesichts der Unsicherheiten am Markt mit der Umstellung auf den schwefelärmeren Kraftstoff nicht erst zum Jahreswechsel beginnen, sondern bereits Mitte November. „Die Bunkerkosten werden Mitte November ansteigen, wenn wir den neuen Treibstoff einsetzen“, sagte Habben Jansen.