Hamburg. Kritik an zu hohen Preisen der HHLA. Reedereiallianz droht mit Abzug von Liniendiensten aus Hamburg.
Der Hamburger Hafen könnte schon im kommenden Jahr wieder Ladung verlieren. Davor warnt zumindest der Vorstandsvorsitzende von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen. In einer Sitzung des Bürgerschaftsausschusses für öffentliche Unternehmen beklagte sich der Reederei-Chef über zu hohe Umschlagskosten am Containerterminal Burchardkai der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Deshalb habe er Druck von seinen Partnern in der internationalen Reedereiallianz mit Japanern, Koreanern und Taiwanesen, die damit drohten, Liniendienste in andere Häfen zu verlagern.
Preise im Hafen wenig bekannt
Zu den gut gehüteten Geheimnissen im Hafen gehören die Preise, die die Betreiber der Umschlagterminals von den Reedern für die Verladung der Container und sonstiger Seegüter verlangen. Die Verträge werden mit den Kunden einzeln ausgehandelt. Öffentlich wird darüber nicht gerne geredet. Um so bemerkenswerter ist jetzt ein Vorgang, der nicht nur in der Hafenwelt, sondern auch in der Politik für Erstaunen sorgen dürfte.
Abgespielt hat er sich in der Bürgerschaft, genauer gesagt im Ausschuss für öffentliche Unternehmen. Dort hat sich der Vorstandschef der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd, nicht nur über die hohen Preise der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) beschwert, dem führenden deutschen Terminalbetreiber. Habben Jansen erklärte den erstaunten Bürgerschaftsabgeordneten auch, dass die Reedereiallianz, in der auch Hapag-Lloyd fährt, Ladung aus Hamburg abziehen könnte, sollte die HHLA ihre Preisvorstellungen nicht nach unten korrigieren. Wörtlich sprach Habben Jansen im Anschluss an die Sitzung sogar eine indirekte Drohung aus: „Der Druck von den Allianzpartnern ist schon da, das muss man nicht unterschätzen. Es gibt immer gewisse Möglichkeiten, Ladung von Hamburg abzuziehen.“
Unterschiedliche Preise
Der Reederei-Chef beklagte sich darüber, dass er es schwer habe, seinen Allianzpartnern zu erklären, warum andere Kunden des Hamburger Hafens ihre Container zu besseren Konditionen an den HHLA-Terminals umschlagen könnten. Die Reedereiallianz, zu der neben Hapag-Lloyd auch die japanische Großreederei ONE, das taiwanesische Unternehmen Yang Ming und die südkoreanische
Hyundai Merchant Marine (HMM) gehören, zählt zu den größten Ladungsbringern im Hamburger Hafen.
Es wäre deshalb verfehlt und würde Habben Jansen nicht gerecht, seine Äußerungen als einen ungeplanten Gefühlsausbruch zu interpretieren. Sowohl bei der HHLA als auch bei Hapag-Lloyd sitzt die Stadt Hamburg mit am Eigentümertisch. An der HHLA hält die öffentliche Hand 68 Prozent. Und an Hapag-Lloyd ist die Stadt mit knapp 14 Prozent beteiligt. Zudem äußerte Habben Jansen seine Kritik an der HHLA nicht in einem Hinterzimmer, sondern im Rathaus, während einer öffentlichen Sitzung.
Dazu muss man wissen, dass die Vertragsverhandlungen zwischen HHLA und Hapag-Lloyd noch gar nicht richtig begonnen haben. So wird der Vorstoß von Habben Jansen am Hauptsitz des Hafenbetriebs in der Speicherstadt als ein Versuch gewertet, den Druck für die anstehenden Vertragsverhandlungen zu erhöhen. Offiziell äußert sich die HHLA zu Habben Jansens Kritik aber nicht: Zu etwaigen Vertragsgesprächen oder deren Inhalten wolle man öffentlich nichts sagen, teilte eine Sprecherin lediglich mit. Inzwischen soll sich sogar die Wirtschaftsbehörde eingeschaltet haben.
Streit betrifft Politik
Dass Habben Jansen nämlich den politischen Raum dazu nutzt, die Auseinandersetzung anzufachen, zeigt, dass das Problem auch eine politische Dimension hat: Der Hafen ist vielen Kunden insgesamt zu teuer.
Das geht auch aus einem Brief hervor, den der Vorsitzende des Verbands Hamburger und Bremer Schiffsmakler, Christian Koopmann, an Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) geschrieben hat. Darin warnt er vor den hohen Kosten, die den Reedereien in Hamburg entstehen und forderte, Hamburg müsse die Kostenführerschaft im Wettbewerb der nordeuropäischen Häfen anstreben. So schrieb Koopmann dem Senator: „Wie Sie sicherlich auf Ihrer Reise nach Asien überzeugend dargelegt bekommen haben, gilt der Hamburger Hafen bei den internationalen Kunden zwar als effizienter und zuverlässiger Standort, aber eben auch als ein teurer.“
Da die nordeuropäischen Terminalbetreiber ihre Preise nicht offenlegen kann man darüber nur spekulieren. Aus Kreisen hieß es aber, dass die Umschlagkosten in Hamburg durchaus rund 50 Prozent höher sein können als beispielsweise in Antwerpen. Hinzu kommen die weiteren Anlaufkosten, die Hamburg etwas teurer machen. So sind die Lotsenkosten wegen der langen Revierfahrt ins Landesinnere vergleichsweise hoch. Hinzu kommt die Hafenbenutzungsgebühr, also das Hafengeld, das auch steigt.
Zusatzkosten im sechsstelligen Bereich
Zuletzt war es um 1,5 Prozent angehoben worden. Das klingt gering, kann aber für größere Containerlinien zusätzliche Kosten im sechsstelligen Bereich pro Jahr verursachen, wie die Schiffsmakler vorrechnen. Zwar weist die für die Hafengebühren verantwortliche Hamburg Port Authority (HPA) häufig darauf hin, dass das reine Hafengeld im Vergleich zu Rotterdam und Antwerpen noch niedrig sei.
Hinzu kommt allerdings in Hamburg noch ein Aufschlag, den die Reedereien für die Nutzung der Kaianlagen an die Terminalbetreiber bezahlen müssen. „Das nächste Gespräch im Rahmen des Hafengipfels findet im September statt. Es ist gut, wenn dort über die Zukunft des Hafens gesprochen wird. Wir würden uns wünschen, dass der Senator unsere Sorgen aufgreift und auch über die Kostenfrage spricht“, sagt der Geschäftsführer des Schiffsmaklerverbands, Alexander Geisler.
Auch die Opposition in der Bürgerschaft mischt sich ein. „Die Verhandlungen zwischen Hapag-Lloyd und der HHLA machen deutlich, dass der Senat die Steuerung der öffentlichen Unternehmen verbessern kann. Der Hinweis von Hapag-Lloyd-Chef Habben Jansen auf die schlechten Konditionen am Containerterminal Burchardkai macht zudem deutlich, wie dringend alle HHLA-Terminals für große Schiffe anlaufbar sein müssen“, so der Fraktionschef der FDP, Michael Kruse.