Hamburg. Der Eigentümer Lürssen investiert 15 Millionen Euro in die Hamburger Traditionswerft. So verändert sich der Blick in den Hafen.
Die Zeit von Peter Lürßen ist knapp bemessen. Der Geschäftsführende Gesellschafter der Bremer Werftengruppe Lürssen ist an die Elbe gekommen, um die Mitarbeiter des Tochterunternehmens Blohm+Voss über eine neue Investition zu informieren. Seit November 2016 gehört Hamburgs Traditionswerft dem Bremer Familienunternehmen. 20 Millionen Euro haben Peter und sein Cousin Friedrich Lürßen seitdem in die Modernisierung des Standortes investiert. „Jetzt kommen noch einmal rund 15 Millionen Euro hinzu“, sagt er und bittet seine Gäste im Konferenzraum auf dem Werftgelände Platz zu nehmen.
Für diese Summe wird nämlich das Schwimmdock Nummer 10 gegenüber den Landungsbrücken, das jedem Hafenbesucher als Erstes in den Blick fällt, auf einer Länge von 200 Metern mit einem 50 Meter hohen Dach versehen. Darunter passen auch Kreuzfahrtschiffe wie die „Europa 2“, die in dem Dock dann wetterunabhängig repariert oder umgebaut werden können.
Investition ist Voraussetzung für ein konkretes Geschäft
Der Grund für diesen verhältnismäßig teuren Ausbau des Schwimmdocks ist aber ein anderer, wie Peter Lürßen verrät: Die Investition ist nämlich die Voraussetzung für ein konkretes Geschäft. „Es gibt einen Auftrag für eine Yacht, die zu großen Teilen in Hamburg gebaut werden soll“, sagt er. Rumpf, Aufbauten und einen Teil der Ausrüstung will Lürssen demnach bei Blohm+Voss fertigen lassen. Die Endausrüstung und Ablieferung erfolgen dann auf Kundenwunsch in Bremen.
Nach Informationen des Abendblatts handelt es sich um einen Ersatz für die 146 Meter lange Megayacht „Sassi“, die während der Bauphase in der Bremer Lürssen Werft in Brand geraten war und abgewrackt werden musste. Für die Hamburger Blohm+Voss-Werft ist dies der erste Neubauauftrag seit Ablieferung der „Palladium“ im Jahr 2010. „Mit dem überdachten Schwimmdock erhält der Hamburger Standort einen großen Wettbewerbsvorteil. Es versetzt uns in die Lage, wetterunabhängig zu jeder Jahreszeit zu arbeiten und bietet unseren Mitarbeitern zudem deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen“, sagt Lürßen. „Eigentlich kann man große Yachten heute in offenen Docks gar nicht mehr bauen, nicht zuletzt wegen der strengen Umweltauflagen.“ Klaus Borgschulte, Aufsichtsratsvorsitzender von Blohm+Voss, ergänzt: „Die neue Überdachung des Docks führt auch zu weniger Lärm und Umweltbelastung, und schafft eine noch bessere Infrastruktur für potenzielle neue Marine-Aufträge wie das Mehrzweck-Kampfschiff 180.“
Lürßen erwartet positiven Schub für Blohm+Voss
Für die insgesamt sechs Monate dauernden Umbauarbeiten, soll das knapp 290 Meter lange Dock 10 im kommenden Jahr nach Bremen geschleppt werden. Ab 2021 wird es dann wieder in Hamburg liegen. Für Blohm+Voss erhofft sich Lürßen einen positiven Schub. „Die Werft erhält damit eines der größten überdachten Schwimmdocks in Europa, wenn nicht gar das größte“, sagt Borgschulte. Durch die Wetterunabhängigkeit im Schiffbau könne die Werft dann nämlich mit Konkurrenten am Mittelmeer um Aufträge kämpfen.
Als Lürßen den Standort vom britischen Finanzinvestor Star Capital Partners erwarb, sah die Lage anders aus. Die Werft war in einem desolaten Zustand. Aufträge waren Mangelware und der Maschinenpark veraltet. „Blohm+Voss ist seit den 1990er-Jahren stiefmütterlich behandelt worden“, sagt Lürßen. Das hat sich unter dem neuen Eigentümer gewandelt. Lürssen hat zwar ein Drittel der Stellen abgebaut, sodass heute nur noch 600 Mitarbeiter auf der Werft arbeiten. Zugleich hat der neue Eigentümer aber den Betrieb deutlich modernisiert und ihm Aufträge verschafft. „Wir haben zahlreiche Aufträge von Bremen nach Hamburg geschoben. Die Mitarbeiter sollen merken: Das war keine feindliche Übernahme“, sagt Lürßen. Borgschulte fügt hinzu: „Wir werden in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben.“
Reparaturgeschäft bei Yachtenläuft Hamburg gut
Lürßen reicht das aber nicht: „Der Anspruch muss sein, noch besser zu werden.“ Das Reparaturgeschäft bei Yachten laufe in Hamburg wieder gut, und auch im Marine-Sektor habe man mit den neuen Korvetten künftig gut zu tun. Wirtschaftlich schwach verlaufe aber der Sektor Reparatur und Umbau von Kreuzfahrtschiffen. „Da findet eine unschöne Entwicklung statt“, so Lürßen. Die großen Kreuzfahrtreedereien hätten nämlich längst eigene technische Büros, die die Reparatur- und Bauaufträge an Drittfirmen verteilen würden. „Wir werden dann als Regiebetrieb missbraucht, der die Schiffe parkt und seine Infrastruktur für die Arbeiter anderer Firmen zur Verfügung stellt.“ Vom eigentlichen Auftrag verblieben nur 10 bis 15 Prozent der Arbeit bei der Werft selbst. „Somit verdienen wir in dieser Sparte kaum Geld.“
Lürssen ist weltweit einer der bedeutendsten Hersteller von Yachten und militärischen Schnellbooten und betreibt neben Hamburg und Bremen auch Werftenstandorte in Rendsburg, Wilhelmshaven und Wolgast.