Hamburg. Kreuzfahrttourismus boomt. Um kulinarische Erwartungen der Passagiere zu erfüllen, werden Tonnen von Lebensmitteln gebraucht.

Um 23 Uhr steigt im sächsischen Radeberg ein Speditionsmitarbeiter in den Lastkraftwagen. Im Laderaum lagert Gerstensaft, gebraut in der Radeberger Exportbierbrauerei GmbH. 30 Tanks mit jeweils 500 Liter Bier sollen in die Hansestadt Hamburg rollen. Am nächsten Morgen, gegen 6 Uhr, stellt der Fahrer den Motor ab. Er ist am Ziel, dem Cruise Terminal Steinwerder. Eine frische Brise weht über die Elbe, dann taucht im Morgengrau die „AidaLuna“ auf.

Auf Deck 3 des Kreuzfahrtschiffes ist seit 5.30 Uhr Gregor Ifland aus Datteln (Nordrhein-Westfalen) auf den Beinen. Der gelernte Koch ist seit 2011 erster Proviantmeister bei Aida Cruises und auf der „AidaLuna“ zuständig für die Versorgung von rund 2000 Passagieren und 600 Crewmitgliedern. Für eine siebentägige Reise sind im Durchschnitt sieben Lkw-Ladungen fällig. Allein die asiatischen Crewmitglieder verspeisen 100 Kilo Reis – und das pro Tag.

Gregor Ifland ist erster Proviantmeister der „AidaLuna“ und prüft die frische Ware, die in Hamburg am Terminal Steinwerder geladen wird.
Gregor Ifland ist erster Proviantmeister der „AidaLuna“ und prüft die frische Ware, die in Hamburg am Terminal Steinwerder geladen wird. © Andreas Laible

Gregor Ifland, Herr über 1300 Food-Artikel, 550 Getränke- und Süßwaren sowie 20.000 Non-Food-Artikel wie Toilettenpapier und Uniformen, öffnet seine Bürotür auf Deck 3. Darauf steht: Provision Master. Dann telefoniert er an diesem Morgen mit der Brücke und schaut wenig später beim Anlegen auf die Pier: Weder Poller noch andere Objekte dürfen im Weg sein, wenn die Proviantmaschine aus Mensch und Technik gleich ihre Arbeit aufnimmt.

120 Tonnen Ladung müssen an Bord gehievt werden – eine logistische Meisterleistung im Hamburger Hafen. Und der spielt für Reedereien wie Aida Cruises, TUI Cruises und Hapag-Lloyd-Cruises eine wichtige Rolle bei Aus- und Einschiffung sowie Beladung. Hamburg ist als boomende Kreuzfahrtmetropole ein logistisch bestens ausgerüsteter Standort für die kulinarische Versorgung der Kreuzfahrer und ihrer Crew.

14.000 Mahlzeiten pro Tag

Die Liebe zur Kreuzfahrt geht bekanntlich durch den Magen – Schlemmen und Genießen stehen auf der Wunschliste der Gäste ganz oben. Deshalb braucht es immer neuen Proviant, der von Bord des Schiffes aus in Kooperation mit den Logistikern an Land bestellt und pünktlich geliefert wird. Leere Regale in den Kühlhäusern? Niemals!

Auf der „AidaLuna“ braucht die Küche Nachschub für die neuen Gäste. Die Kellner servieren im Gourmetrestaurant „Rossini“ zum Beispiel geräucherte Wildentenbrust auf Orangen-Minze-Couscous und dazu Zitronengras-Vanille-Suppe. Im „Marktrestaurant“ gibt es frisch geräucherten Fisch – diese und andere Produkte kommen über den Hamburger Hafen in den Bauch der Kreuzfahrtschiffe.

Auch auf der „Queen Mary 2“ braucht die Küchencrew regelmäßig neuen Proviant, der in Hamburg gebunkert werden kann. Rund 14.000 Mahlzeiten müssen täglich von den 220 Küchenmitarbeitern zubereitet werden, pro Schicht sind 150 Köche und 85 Tellerwäscher im Einsatz. Was in Hamburg per Kran in die Kühlhäuser gehievt wurde, thront Stunden oder Tage später als kulinarische Köstlichkeit auf dem Teller. Im „Britannia Restaurant“ der 345 Meter langen „Queen Mary 2“ speisen unter den beiden geschwungenen Freitreppen bis zu 1458 Gäste gleichzeitig. Zum Beispiel Cremesuppe der Romana-Tomate mit Basilikum und Crème fraîche. Oder Chauteaubriand mit Anna-Kartoffel, Baby-Gemüse und Sauce béarnaise.

Fast 40 Mann stehen zum Be- und Entladen bereit

Auch für Getränke ist gesorgt. Eine Kreuzfahrt macht schließlich durstig, und viel Bier und Wein fließt an Bord die Kehlen hinunter.
Auch für Getränke ist gesorgt. Eine Kreuzfahrt macht schließlich durstig, und viel Bier und Wein fließt an Bord die Kehlen hinunter. © Andreas Laible

Nach der Ankunft der „AidaLuna“ in Steinwerder sind es diesmal Obst und Gemüse, Getränke und Non-Food-Artikel, die innerhalb weniger Stunden in die Kühlhäuser und Lagerräume transportiert werden müssen. Acht Mann aus Iflands Team, 20 Leute aus anderen Abteilungen des Schiffes und zehn Helfer an Land stehen bereit. Sie heben, schieben, stapeln und legen die Ladung, bis sie sich griffbereit an ihrem Ziel befindet, in einem Kühlhaus oder Lagerraum.

Viel Zeit bleibt dafür nicht. Denn das Schiff soll pünktlich um 18 Uhr den Hamburger Hafen für eine viertägige Kurzreise nach IJmuiden (Amsterdam) und Dover verlassen. Einstiegspreis für die Gäste: 349 Euro, inklusive Frühstück, Mittag- und Abendessen.

Während abreisende Gäste im Terminalgebäude ihre Koffer in Empfang nehmen, warten draußen palettenweise Tomaten aus Agadir (Marokko), Äpfel aus Tirol, krumme Gurken aus den Niederlanden am eiskalten Maienmorgen auf ihre finale Kreuzfahrt in die Kombüse.

Zwei Lastkraftwagen, die gerade neben dem Bierlaster zu ihrer Rückfahrt starten, hatten unter anderem 2,5 Tonnen Melonen, eine Tonne Tomaten, drei Tonnen Kartoffeln, drei Tonnen Ananas und anderes mehr geliefert. Dass die begehrte Ware jetzt ins Kühlhaus kommt, liegt nicht nur an den Bestellungen des Proviantmeisters, sondern landseitig an der Hamburger Firma Basté & Lange, die zur Kloska Group gehört. Als Generalschiffsausrüster für die Kreuz-, Fähr- und Handelsschifffahrt arbeitet sie unter anderem für Aida Cruises. Das Unternehmen in verkehrsgünstiger Lage an der A 7 (Waltershof) verfügt mit Proviant, Technik und weiteren Waren über ein umfangreiches maritimes Portfolio. Mitarbeiter kontrollieren die Qualität der angelieferten Produkte, die für kurze Zeit im Hamburger Hafen und auf einer 677 Quadratmeter großen Fläche auf dem Großmarkt gelagert werden. Ein „Head-Driver“ der Lkw-Flotte achtet an der Pier in Steinwerder auf die vorher festgelegte Reihenfolge der Lkws. Gabelstapler surren pausenlos über den Asphalt und greifen zielgenau nach den Holzpaletten; im Idealfall haben sie die Euronorm.

Für 2019 sind 220 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen geplant

Ein gelber Kran der Firma Knaack hievt die Fracht an Bord. „Den Kran brauchen wir, um den Tidenhub der Elbe auszugleichen“, sagt ein Logistik-Mitarbeiter. Danach geht’s per Aufzug in den Bauch des Schiffes, wo die Ware schließlich per Hand und Elektroheber verstaut wird.

Bei Einkauf und Lieferung der frischen Waren hilft in Hamburg landseitig die Firma Basté & Lange, die zur Kloska Group gehört.
Bei Einkauf und Lieferung der frischen Waren hilft in Hamburg landseitig die Firma Basté & Lange, die zur Kloska Group gehört. © Andreas Laible

Das Cruise Terminal Steinwerder bietet für die Proviantaufnahme ideale Bedingungen. Die Autobahn ist nicht weit entfernt, und die Zubringerstraßen führen unmittelbar an das gläserne Terminal. Das Straßen- und Kreuzungsnetz wurde modernisiert, es gibt neue Ampelanlagen und 1500 Lang- und Kurzzeitparkplätze. Pro Tag können hier bis zu 8000 Gäste abgefertigt werden.

Seit dem Boom der Kreuzfahrtbranche Anfang der 2000er-Jahre hat die Hansestadt viel Geld in die Infrastruktur investiert. Weil die Passagierzahlen permanent steigen, muss die Versorgung der Kreuzfahrer wie am Schnürchen klappen. In diesem Jahr dürften es mehr als 220 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen sein. Sie werden am Grasbrook, in Altona und auf Steinwerder festmachen. Sie nehmen in Hamburg Proviant auf und natürlich auch Treibstoff.

Längst ist der Hafen zur Kulisse für die Taufe von Kreuzfahrtschiffen geworden – wie bei der alten und neuen „Mein Schiff 1“ (2009/2018) von TUI Cruises. Für den 2. November plant MSC Kreuzfahrten die Taufe der „MSC Grandiosa“ vor den Landungsbrücken. Taufpatin ist Sophia Loren. Mit dabei sind Künstler des Cirque du Soleil at Sea. Besonders eng im Hafenbecken der Kreuzfahrer wird es Mitte September. Die Cruise Days vom 13. bis 14. September mit dem romantischen Blue Port, einer Lichtin­stallation des Künstlers Michael Batz, sind für die Schiffsversorger eine weitere logistische Herausforderung. Denn zwölf Kreuzfahrtschiffe werden an den drei Tagen im Hamburger Hafen zu Gast sein – so viele wie nie.

Im Durchschnitt sind die Schiffe neun Tage unterwegs

Die „AidaPerla“ wird die Schiffsparade anführen. Illuminiert mit blauem Licht sollen die schwimmenden Hotels über die Elbe gleiten, Fernweh wecken und das Kreuzfahrtgeschäft weiter ankurbeln – auch wenn die ökologische Kritik an den Schadstoffemissionen weiter anhält und die Reedereien inzwischen teilweise auf umweltfreundliche Alternativen wie Landstrom und Flüssiggas setzen. Vor den Cruise Days findet in Hamburg noch Europas führende Kongressmesse der Kreuzfahrtindustrie statt, die Seatrade Europe (11. bis 13. September).

Mit großen mobilen Lastkränen werden die Paletten an Bord gehievt. Die Kräne sind auch nötig, um den Tidenhub auszugleichen.
Mit großen mobilen Lastkränen werden die Paletten an Bord gehievt. Die Kräne sind auch nötig, um den Tidenhub auszugleichen. © HA | Andreas Laible

Ob Aida Cruises, Hapag-Lloyd Cruises oder TUI Cruises – der deutsche Hochsee-Kreuzfahrtmarkt schwimmt nach wie vor auf einer Erfolgswelle. Rund 2,3 Millionen deutsche Gäste machten laut Schätzungen der Cruise Lines International Association (CLIA) im vergangenen Jahr Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff. „Bei den meisten Passagieren bleibt es nicht bei einer Kreuzfahrt, viele von ihnen verbringen weitere Urlaube auf hoher See“, sagt Karl J. Pojer, Chairman des Leadership Council von CLIA Deutschland.

Die Reiselänge beträgt nach aktuellen Schätzungen im Durchschnitt neun Tage. Dafür brauchen die Schiffe ständig Nachschub. Denn der zahlende Gast erwartet kulinarische Köstlichkeiten am liebsten rund um die Uhr. Auf der „AidaPerla“ (4400 Passagiere) werden pro Woche schon mal 5000 Hummer verspeist. Noch höher sind die Erwartungen auf den kleinen Luxusschiffen wie der „Sea Cloud II“, 2001 von der Hamburger TV-Journalistin Sabine Christiansen getauft. Eigner des Fünf-Sterne-Schiffs ist der Hamburger Reeder Peter Ebel, der seine Flotte demnächst mit einem dritten Segelschiff ergänzen will.

Die Anforderungen an die Kreuzfahrt-Versorger sind hier besonders hoch: Die feine Küche ist geprägt von der Nouvelle Cuisine (neue Küche) – jener Strömung in der französischen Haute Cuisine, die sich darum bemüht, den Eigengeschmack der verwendeten Speisen in den Vordergrund zu stellen. Um das zu erreichen, werden kürzere Garzeiten, ausschließlich frische Zutaten und keine kräftigen Marinaden eingesetzt.

Jeder Proviantmeister hat seine speziellen Wünsche

Manchmal sind die Gäste aber auch nur mit Wenigem zufrieden. Dann reicht eine heiße Bouillon. Sie wird gern bei polaren Expeditionsfahrten nach einer Zodiac-Tour durch das Eis der Arktis und Antarktis serviert. Solch extreme Touren bietet beispielsweise die französische Reederei Compagnie du Ponant mit Sitz in Marseille auf ihren Schiffen „Le Solèal“ und „L’Austral“ an, die schon häufiger in Hamburg anlegten.

Restaurant­küchen und Büfetts der Kreuzfahrt­riesen brauchen stetig Nachschub. Gutes Essen zählt zu den wichtigsten Punkten auf See.
Restaurant­küchen und Büfetts der Kreuzfahrt­riesen brauchen stetig Nachschub. Gutes Essen zählt zu den wichtigsten Punkten auf See. © Aida Cruises

Die fröstelnden Gäste steigen aus den hochseetauglichen Booten und wärmen Körper und Seele mit einer heißen, frisch zubereiteten klaren Suppe. Dazu erklingt live Klavier- oder Harfenmusik. Nach der kalorienarmen Stärkung haben die Gäste der 142 Meter langen „Le Solèal“ (266 Passagiere) die Wahl zwischen zwei Restaurants. Im feinen „L’Eclipse“ werden die Menüs am Tisch serviert, währen im „Le Pythéas“ auf Deck 6 bei täglicher Vorbestellung ein Büfett aufgebaut ist. Französischer Käse und vor allem die Variationen der Mousse au Chocolat vollenden das kulinarische Erlebnis, während die Luxusyacht an einer 400 Kilometer langen Gletschergebirgskette mit dem 5400 Meter hohen Mont Saint Elias (Alaska) vorbeigleitet.

Hamburger Drei-Sterne-Koch geht an Bord

Höchste Ansprüche stellen ebenfalls die Gäste der „MS Europa“, dem laut „Berlitz Cruise Guide“ weltweit bestem Kreuzfahrtschiff. Die Qualität des Essens, aber auch die angebotene Speisenvielfalt haben einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Passagiere, heißt es in der Geschäftsführung von Hapag-Lloyd Cruises. Gästebefragungen und Gespräche mit jenen solventen Passagieren, die bislang insgesamt gut 1500 Tage an Bord verbrachten, hatten ergeben: Legere Kleiderordnung, freie Platzwahl an den Tischen und ein vielfältiges kulinarisches Angebot stehen auf der Wunschliste ganz oben.

Deshalb bekommt die „Europa“ im Herbst ein neues Restaurant. Der Hamburger Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling (Restaurant „The Table“ in der Hafen­city) wird das Restaurant von Dieter Müller ersetzen und unter dem Namen „The Globe“ eröffnen. Der Umbau erfolgt in Hamburg bei Blohm + Voss, wo bereits eine Vielzahl von Schiffen überholt und umgebaut wurden, darunter kürzlich auch die „AidaLuna“.

Fehlings Engagement auf See hat eine Vorgeschichte: „Bereits 2001 und 2003 verbrachte ich eine unvergessliche Zeit als Smutje auf der ,MS Europa‘. Seitdem hat mich das Schiff und die Seefahrt nicht mehr losgelassen“, sagt der frühere „Europa“-Küchenchef. Seine Speisen an Bord werden kulinarische Klassiker modern interpretieren – „mit der Vielfalt unterschiedlicher Länder voller Aromen, Farben und Düfte“. Rund 20 Tage pro Jahr wird Fehling an Bord sein.

Zwei Tonnen Fleisch für rund 400 Passagiere und die Crew

Bei einer zehntägigen Seereise auf der „Europa“ (400 Passagiere) werden unter anderem knapp zwei Tonnen Fleisch, 1,3 Tonnen Fisch, 380 Kilogramm Hummer und gut sieben Tonnen Obst gebraucht. Dazu kommen mehr als fünf Tonnen Gemüse und Kräuter, 1200 Liter Milch, 7550 Eier, 2360 Flaschen Bier, 8380 Flaschen Wasser und 120 Kilogramm Kaffee. „Für uns ist Hamburg ein zentraler Großbeladungshafen“, sagt Janina Baldin von Hapag-Lloyd Cruises mit Sitz in der Hansestadt. In diesem Jahr gebe es noch zwölf Hafenanläufe in Hamburg („Europa“, „Bremen“, „Hanseatic nature“, „Europa 2“). Die Reederei arbeitet dabei mit der Hafenagentur Peter W. Lampke und deren Tochtergesellschaft PCS Promar Cruiseship Services zusammen.

In der Nähe des Hamburger Rathauses hat die Firma Sea Chefs Cruise Services GmbH ihren Sitz. Dort steuert Stefan Femerling die Logistik für die „Europa“. Fast der gesamte kulinarische Luxus auf dem 198 Meter langen Schiff mit maximal 400 Gästen kommt via Hamburg an Bord – selbstverständlich weltweit auch per Luftfracht. „So können wir beste Qualität und einen einheitlichen Standard gewähren“, sagt Stefan Femerling. Regionale Einkäufe im Ausland gebe es lediglich bei ausgewähltem Obst und Gemüse wie Karotten und Zwiebeln oder Fisch. Hygienische Standards seien entscheidend.

Während abreisende Gäste im Terminalgebäude ihre Koffer in Empfang nehmen, warten draußen palettenweise Tomaten, Pilze, Äpfel, Gurken und anderes Obst und Gemüse auf ihre finale Kreuzfahrt in die Kombüse.
Während abreisende Gäste im Terminalgebäude ihre Koffer in Empfang nehmen, warten draußen palettenweise Tomaten, Pilze, Äpfel, Gurken und anderes Obst und Gemüse auf ihre finale Kreuzfahrt in die Kombüse. © Andreas Laible

Der Hamburger Logistiker ist der Dirigent im Hintergrund. Es dauert nicht mehr lange, da beginnt Femerling mit den Vorbereitungen für das Weihnachtsfest 2019. Bestimmte Weihnachtsartikel wie Schokolade und Lebkuchen werden traditionell bereits im August an Bord des Schiffes verstaut. Bislang ließ Femerling in Deutschland oder Österreich große Nordmann-Tannen schlagen, und zwar bei Mondschein. Die Exemplare wurden dann in ein Flugzeug verladen und am vorgesehenen Hafen an Bord gebracht.

Auswahl der Speisen und Getränke hängt von Route ab

Doch inzwischen gelten in einigen Ländern strenge Regeln für die Einfuhr von Pflanzen, heißt es bei der Reederei. So stoppten vor einigen Jahren die brasilianischen Behörden den Weitertransport einer Weihnachtstanne zur „Europa“. Der Grund: möglicher Käferbefall. Nach langen Verhandlungen wurde ein Kompromiss gefunden. Die Tanne musste in einem speziellen Gestell ins Flugzeug verfrachtet werden, sodass die Zweige nicht einknicken konnten. Am Hamburger Flughafen ging der Baum in einem Kühlcontainer auf Reisen.

Gregor Ifland in seinem Büro
Gregor Ifland in seinem Büro © Andreas Laible

Auch bei TUI Cruises mit der „Mein Schiff“-Flotte übernimmt die Anlieferung der Waren die Firma Sea Chefs. „In Hamburg machen wir in der Regel Full Loading mit sämtlichen Lebensmitteln und Verbrauchsgütern“, sagt Friederike Grönemeyer von TUI Cruises. Die Lebensmittel werden als Frischwaren oder tiefgekühlt angeliefert. Eine große Ladung für ein Schiff umfasse zwischen 120 und 200 Tonnen. Zudem wird in Hamburg Treibstoff gebunkert. Die „Mein Schiff“-Flotte steuert in diesem Jahr Hamburg noch zehnmal an. Mehr als 50.000 TUI-Cruises-Gäste werden 2019 ihre Reise in Hamburg starten bzw. beenden.

Besonders beliebt bei den Gästen ist das Büfett-Restaurant „Anckelmanns­platz“. Es ist nach dem früheren Sitz der Reederei am Berliner Tor in Hamburg benannt.

Bei Nordlandreisen ist Glühwein beliebt

Während für die „AidaLuna“ am Cruise Terminal Steinwerder weitere Lastwagen eintreffen, steht Proviantmeister Ifland am Radeberger Biertransporter. Er muss noch einige Papiere unterzeichnen, bevor der Fahrer die Rückfahrt antreten kann. Bürokratie gehöre eben zu seinem Traumjob dazu, sagt er. Er habe ganze Ordner voll mit Unterlagen. An der Wand in seinem Büro hängen Listen für kommende Häfen. Denn zu den Aufgaben eines Proviantmeisters gehört, wochenlang vorauszuplanen. „Zurzeit arbeite ich an der nächsten Order für den Stopp in Bergen.“ Die Gäste, das weiß er, mögen bei der beliebten Nordlandreise Glühwein und das Weizenbier aus Spitzbergen. „Davon werde ich 700 Dosen bestellen.“ Es kann aber auch schon mal vorkommen, dass keine oder die falsche Ware geliefert wird. Proviantmeister müssen dann rasch Probleme lösen. „Bei einem Loading in New York hatten wir einmal einen Lieferungsausfall. Wir mussten daher die Mehlmischungen mit dem Flugzeug einfliegen lassen.“ Schließlich erwarten die Kreuzfahrtgäste deutsches Brot auf einem deutschen Schiff.

Es ist 18 Uhr, alle Mann sind an Bord der „AidaLuna“. Und 120 Tonnen Ladung auch. Das Schiff legt ab und nimmt Kurs auf Holland. Am nächsten Morgen kommt ein neues Kreuzfahrtschiff, das wieder beladen werden muss. Zurück in Hamburg bleibt der Müll – gemischte Siedlungsabfälle, so heißt es im Fachjargon. „Die Hamburger Stadtreinigung hat 2018 in 180 Anläufen rund 1000 MG (Gewichtstonnen) Abfall von Fracht- und Kreuzfahrtschiffen entsorgt, davon sind 58 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen gewesen“, sagt Reinhard Fiedler, Sprecher der Hamburger Stadtreinigung.

Kreuzfahrten, die in Hamburg starten

Nicht bei jedem Schiff, das in Hamburg Station macht, wechseln die Passagiere, deshalb kann man nicht immer als neuer Gast an Bord gehen. Doch es gibt durchaus einige Routen, bei denen Hamburg offizieller Starthafen – aber nicht zugleich auch Zielhafen – ist. Eine kleine Auswahl, bei denen aktuell noch Kabinen buchbar sind:

  • Cunard: Mit der „Queen Mary 2“ nach Southampton (21. Juni/ 1. November), Québec (24. September) oder New York (1. November) bzw. mit der „Queen Victoria“ nach St. Petersburg, Tallinn und zurück nach Kiel (16. Juli).
  • Aida: Mit der „AidaPerla“ eine Woche Westeuropa (Southampton, Le Havre, Zeebrugge, Rotterdam) mit Rückkehr nach Hamburg (bis Oktober) bzw. von Hamburg aus in die Dominikanische Republik (20. Oktober, 26 Tage). Oder mit der „AidaSol“ nach Norwegen (viele Termine bis Oktober).
  • TUICruises: Mit der „Mein Schiff 5“ nach Nordeuropa (20. Juni), der „Mein Schiff 4“ nach Großbritannien (4. September) oder mit der „Mein Schiff 1“ nach New York (auch am 4. September).
  • Costa: Mit der „Costa Smeralda“ von Hamburg über Rotterdam Barcelona nach Savona.
  • MSC: Viele Abfahrten, z. B. mit der „Preziosa“ nach Norwegen (1. oder 12. Juli) oder Island (23. Juli), mit der „Orchestra“ nach Irland oder Island (27. Juni bzw. 7. Juli). Premierenfahrt der „Grandiosa“ (10. November) ins Mittelmeer.
  • Phoenix: Mit der „Deutschland“ bis zu den Lofoten (16. Juni), mit der „Amadea“ Richtung USA und Karibik (24. September), mit der „Artania“ Richtung Westeuropa (12. Dezember).
  • Sea Cloud: Mit der „Sea Cloud II“ von Hamburg nach Bilbao (13. August).
  • Transocean: Mit der „Astor“ zu den Azoren (20. Oktober) oder zum Nordkap (8. November).
  • Hapag-Lloyd: Diverse Abfahrten von „Europa“ und „Europa 2“, unterschiedliche Ziele.