Hamburg. Politiker und Manager geben offiziellen Startschuss für umstrittene Fahrrinnenanpassung. Proteste von Umweltschützern in Wedel.

Das Wetter war für den Anlass perfekt. Als die „MS Hammonia“ am Dienstagmittag vom Fähranleger Schulau aus zu ihrer bedeutsamen Rundfahrt aufbrach, strahlte die Sonne mit den Fahrgästen an Bord um die Wette. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte zu der kurzen Kreuzfahrt auf der Elbe eingeladen, um den feierlichen Startschuss für die Elbvertiefung zu geben, und zahlreiche Vertreter der Politik und der Wirtschaft waren der Einladung gefolgt. Auch HHLA-Chefin Angela Titzrath ließ sich den Termin nicht entgehen, ebensowenig der neue operative Vorstand von Hapag-Lloyd, Maximilian Rothkopf.

Schließlich geht es bei der Elbvertiefung nicht nur um irgendeine Baumaßnahme, wie der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes, Hans-Heinrich Witte, gleich allen klar machte: „Wir reden hier von einem Megaprojekt. 17 Jahre hat die Planung bis zur Genehmigung gedauert. Aber nur wenig mehr als 17 Monate wird die Umsetzung benötigen.“ Und Wittes Dienstherr, Verkehrsminister Scheuer, fügte an, dass sich immerhin drei Bundesländer untereinander abstimmen mussten, zudem der Bund – und sogar die EU-Kommission habe sich damit befasst. „Die Elbvertiefung ist das bestgeprüfte und bestgeplante Infrastrukturvorhaben und wurde höchstrichterlich genehmigt“, sagte Scheuer. Er spielte damit auf die 13 Klagen von Umweltverbänden, Fischern und anliegenden Gemeinden vor dem Bundesverwaltungsgericht an, die in den vergangenen Jahren verhandelt worden sind.

Elbvertiefung: Ein 800 Millionen Euro-Projekt

Seit Oktober 2018 besteht nach etlichen Nachbesserungen Baurecht für die Elbvertiefung. Voraussichtlich 800 Millionen Euro wird das Projekt verschlingen, davon gehen 15 Prozent in Maßnahmen des Umweltschutzes betonte Witte. Schließlich würden 18 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete und neun Vogelschutzgebiete von den Baggerarbeiten berührt, sagte Witte.

Die Gegner der Elbvertiefung besänftigt das nicht, wie gleich am Anfang der Ausfahrt deutlich wurde. Mit kleinen und großen Booten, auf denen Transparente gespannt waren, begleiteten Gegner der Elbvertiefung das Schiff des Ministers und behinderten die feierliche Zeremonie. Die Wasserschutzpolizei, die einem mit mehreren schnellen Schlauchbooten unterwegs war, hatte durchaus ihre Mühe, den Weg für Scheuer und seine Gäste frei zu halten. Die Umweltschützer befürchten verheerende Auswirkungen der Elbvertiefung für die Naturlandschaft Unterelbe und ihre Pflanzen- und Tierwelt.

„Ein glücklicher Tag für Hamburg“

Der Minister zeigte sich unbeirrt und machte in seiner Rede deutlich, warum er und nicht die Stadt Hamburg zu der Ausfahrt eingeladen hat: „Wir sind als Exportnation auf wettbewerbsfähige Häfen angewiesen. Nicht nur Hamburg benötigt die Fahrrinnenanpassung, sondern ganz Deutschland.“ Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, fügte der bayerische Politiker hinzu, dass zwei Drittel der Exporte seines Bundeslandes im Auto- und Maschinenbau über die deutschen Seehäfen abgewickelt werden. Dann schritt Scheuer zur Tat und erklomm das Oberdeck des Fahrgastschiffes. Ungeachtet der Proteste von außen, zu denen inzwischen einige Fischerboote gehörten, hatte die „MS Hammonia“ nämlich ihr Ziel erreicht: Mitten in der Fahrrinne der Elbe, etwas oberhalb von Wedel, schwamm das Baggerschiff „Scheldt River“ aus Antwerpen. Mit einem symbolischen Knopfdruck wies der Minister – zusammen mit seinen Ehrengästen – den so genannten Hopperbagger an, seine Arbeit aufzunehmen.

„Das ist ein glücklicher Tag für Hamburg“, sagte der Chef der Hamburger Senatskanzlei, Jan Pörksen, der den im Urlaub weilenden Bürgermeister Peter Tschentscher vertrat. Und Wirtschaftssenator Michael Westhagemann äußerte die Hoffnung, dass Hamburgs Wettbewerbsfähigkeit damit wieder gestärkt werde. Denn bei der Umschlagsleistung, die einstmals bei annähernd zehn Millionen Standardcontainern lag, hat Hamburg in den vergangenen Jahren eingebüßt. 2018 wurden 8,9 Millionen Container umgeschlagen. Gleichzeitig gewannen die Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen Marktanteile hinzu und hängten Hamburg ab. Der Rückgang an der Elbe wurde nicht zuletzt darauf zurückgeführt, dass viele Schiffe aufgrund von Tiefgangsbeschränkungen nur mit einer geringeren Ladungsmenge nach Hamburg fahren konnten. Das soll sich aber jetzt ändern. Künftig sollen Schiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Meter unabhängig von Ebbe und Flut den Hamburger Hafen erreichen oder verlassen können. Auf der Flutwelle darf der zulässige Tiefgang sogar exakt 14,50 Meter betragen.

Begrenzung der Schiffsgrößen angestrebt

Gunther Bonz, der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, mahnte aber: Die Elbvertiefung sei geplant für Schiffe mit 350 Metern Länge, 47 Meter Breite und 14,50 Meter Tiefe. Ein großes Containerschiff messe aber heute schon 400 Meter Länge, 60 Meter Breite und erreiche einen Tiefgang von 16 Metern. „Eigentlich müssten wir den Startschuss für das nächste Projekt geben“, sagte Bonz. Das fordere die Hafenwirtschaft aber nicht. Sie strebe stattdessen eine Begrenzung der Schiffsgrößen an, weil die volkswirtschaftlichen Kosten für den Infrastrukturausbau für die besonders großen Schiffe mittlerweile zu hoch seien.