Hamburg. Völlig überraschend wurde Jürgen Schachler entlassen – drei Wochen später wäre der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden ausgelaufen.

Paukenschlag beim Hamburger Kupferkonzern Aurubis: Der Aufsichtsrat von Europas größter Kupferhütte hat sich am Mittwochabend überraschend vom Vorstandschef Jürgen Schachler getrennt – knapp drei Wochen bevor der 64-Jährige das Unternehmen nach Ablauf seines Vertrags Ende Juni ohnehin verlassen hätte. „Der Aufsichtsrat hat in seiner heutigen ordentlichen Sitzung einstimmig den Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schachler mit sofortiger Wirkung freigestellt“, teilte das Unternehmen am Abend mit.

Zudem beendete der Aufsichtsrat das von Schachler nach seinem Amtsantritt Mitte 2016 angeschobene interne Wachstumsprojekt FCM. Vorstand und Aufsichtsrat hätten beschlossen, das Projekt Future Complex Metallurgy zu stoppen. Ursprünglich war geplant gewesen, gut 320 Millionen Euro zu investieren und künftig verstärkt andere und zukunftsträchtige Metalle, etwa für die Fertigung von Batterien, zu gewinnen. Nun hätten sich jedoch deutlich höhere Investitionskosten ergeben. "Damit ist die ursprüngliche Wirtschaftlichkeit des Projektes nicht mehr gegeben", teilte Aurubis mit.

Werner Marnette hält Schachler für "ein Bauernopfer"

„FCM ist das zentrale Projekt für Aurubis gewesen. Wenn dieses Vorhaben nun gestoppt wird, dann sehe ich den Standort Hamburg in seiner Existenz gefährdet“, sagte der frühere Vorstandsvorsitzende der Kupferhütte, Werner Marnette, dem Abendblatt. „Schachler ist ein Bauernopfer.“

Die schon in das FCM-Projekt investierten 30 Millionen Euro würden das Konzernergebnis im dritten Quartal belasten, so das Unternehmen. Ohnehin dürfte das konjunkturelle Umfeld sich negativ auf das Ergebnis niederschlagen. Nun würden interne Wachstumsoptionen „mit der Zielsetzung eines zukünftigen integrierten Hüttennetzwerkes“ geprüft, hieß es.

Schachlers Nachfolger: "Konsequente Entscheidung ist das Beste"

Dass Schachler das Unternehmen nach drei Jahren wieder verlassen soll, war Mitte Dezember 2018 bekannt geworden. Nachfolger Roland Harings sollte ursprünglich zum 1. Juli folgen, kam aber vorzeitig und gehört dem Vorstand seit dem 20. Mai als stellvertretender Vorstandschef an. Er werde die Topposition wie geplant zum 1. Juli übernehmen, hieß es.

Harings erklärte: "Aurubis hat an das Projekt FCM große Erwartungen geknüpft. Es ist schmerzhaft zu erkennen, dass sich die externen und internen Voraussetzungen so verändert haben, dass eine wirtschaftliche Umsetzung des Projektes nicht mehr möglich ist. Zu einem Projektzeitpunkt, an dem die wesentlichen Bestellungen hätten ausgelöst werden müssen, aber eben noch nicht in die Wege geleitet waren, ist eine konsequente Entscheidung dann das Beste.“

Aurubis will weiter zum Multimetall-Anbieter werden

Aurubis halte jedoch weiter an seiner Strategie fest, sich zu einem Multimetall-Anbieter weiter zu entwickeln. Der Erwerb der belgisch-spanischen Metallo-Gruppe für 380 Millionen Euro, für den Ende Mai der Kaufvertrag unterzeichnet wurde, sei ein wichtiger Baustein in der Umsetzung dieser Strategie. Metallo stärke das Portfolio von Aurubis, insbesondere die Herstellung der Schlüsselmetalle Kupfer, Nickel, Zinn, Zink und Blei.