Hamburg. Der Terminalbetreiber HHLA plant kostspielige Maßnahmen, um dem Verkehrschaos auf den Straßen zu entgehen.

Wer mit dem Auto in den Hamburger Hafen fährt, muss aktuell viel Zeit einplanen. Baustellen behindern den Verkehr auf der Autobahn A7 und am Finkenwerder Knoten. Hinzu kommen die Verkehrsbeschränkungen an der maroden Köhlbrandbrücke. Während der Sommerferien sind drei weitere Baustellen geplant. Kurz: Wo man auch fährt, steht man im Stau. Nicht nur ein paar Minuten. Die Mega-Schlangen an Lkw bringen die Abläufe um Stunden durcheinander. Die Lage ist so angespannt, dass der Terminalbetreiber HHLA nun drastische Maßnahmenvorbereitet, um der Verkehrslage Herr zu werden. Dazu gehört auch die Idee, Containerschiffe im Hafen umzuparken.

Schiffe sollen an unterschiedlichen Terminals entladen und beladen werden

Vor allem am Containerterminal Altenwerder läuft nichts so, wie es sollte. Lastwagen, die Ladung bringen oder abholen sollen, verspäten sich erheblich. Und die Fahrzeuge, die ihre Container erhalten haben, kommen nicht weiter, weil sich auf der Straße vor ihnen der Verkehr staut. „Wir überlegen nun, Containerschiffe zur Entzerrung des Lieferverkehrs zu verlegen“, sagte der Betriebs- und Technik-Vorstand Jens Hansen im Gespräch mit dem Abendblatt. So gebe es die Möglichkeit, dass Schiffe zum Entladen zunächst die Containerterminals Burchardkai und Tollerort anlaufen. Zum Beladen würden sie dann nach Altenwerder verholt, wo die neue Ladung schon auf sie wartet. „So etwas ist natürlich mit Kosten verbunden und kann deshalb nur eine temporäre Maßnahme sein“, sagt Hansen. Dem Verkehrsfluss würde diese Maßnahme aber gut tun, weil der Abholverkehr am Terminal Altenwerder wegfiele. „Am Burchardkai ist die Verkehrslage derzeit besser.“

Jens Hansen, Betriebs- und Technik-Vorstand der HHLA
Jens Hansen, Betriebs- und Technik-Vorstand der HHLA © 2. Rechte Standard: intern + HHL | Nele Martensen

Mehr Umfuhren in der Nacht

Bereits jetzt werden sogenannte Containerumfuhren vorgenommen. Rund ein Viertel aller Container werden dabei nicht gleich zum Bestimmungsort weitertransportiert, sondern müssen innerhalb des Hafens von einem Containerterminal zu einem anderen gebracht werden. „Tagsüber wollen wir mehr Fuhren aufs Binnenschiff verlagern. Insgesamt sollen aber die stauarmen Nächte besser genutzt werden.“ Die HHLA sei dazu im Gespräch mit der Logistikinitiative, so Hansen. „Viele Containerlager oder Packbetriebe arbeiten nämlich nachts gar nicht. Da ist noch Potenzial.“

Eine weitere Maßnahme der HHLA ist die Ausweitung des Slotbuchungssystems. Dieses dient der Steigerung der Effizienz auf den Terminals. Es sieht vor, dass die Lkw-Fahrer mit festen Terminen zum Bringen und Abholen der Ladung versehen werden, damit sich nicht alle zur gleichen Zeit vor der Terminaleinfahrt drängeln. Jetzt soll dieses System auch dazu genutzt werden, den Verkehrsfluss um die Hafenterminals herum auf den Straßen besser zu steuern. „Denn was nützt es, einem Lkw-Fahrer ein Zeitfenster zur Abholung eines Containers zuzuweisen, wenn er im Stau steht und den Termin sowieso nicht einhalten kann“, so Hansen.

Terminal Altenwerder kann nicht mehr volle Kapazität abrufen

„Wegen der Lkw-Stillstände kann der Terminal Altenwerder nicht mehr seine volle Kapazität abrufen. Es gibt Schichten, in denen wir zehn bis 15 Prozent weniger schaffen als vorgesehen, weil die Lastwagen fehlen“, sagt Hansen. „Wir verstehen ja, dass die Baumaßnahmen notwendig sind, ja, wir begrüßen sie ausdrücklich, weil sie langfristig die Anbindung der Terminals verbessern. Doch bis dahin leiden wir unter einer schwierigen Situation.“

Verein Hamburger Spediteure schaltet sich ein

Diese ist inzwischen so angespannt, dass sich auch der Verein Hamburger Spediteure eingeschaltet hat. „Wir sind im Gespräch mit dem Baustellenkoordinator der Stadt, um die Situation zu verbessern“, sagt Vereins-Geschäftsführer Stefan Saß. Eine Verbesserung habe man schon kurzfristig mit der Neumarkierung und Verlängerung der Einfädelungsspur der Auffahrt Waltershof auf die A7 erreicht. „Dafür sind wir den Verkehrsbehörden dankbar.“

Das reiche aber nicht, meint Frank Wylezol vom Landesverband der Straßenverkehrsbetriebe, der die Fuhrunternehmer vertritt. Denn die nächsten Baustellen würden schon vorbereitet. „Mit jeder Minute, in der die Lkw im Stau stehen, verlieren unsere Betriebe Geld. Die Baustellen müssen deshalb noch besser koordiniert werden“, so Wylezol.

Der Hamburger Verkehrskoordinator, spricht von „extremen Staulagen“, bezeichnet die Bauarbeiten aber auch als „Notmaßnahmen“. Neben der Hafenbehörde HPA, die für die Straßen im Hafen zuständig ist, trägt die Stadt die Verantwortung für die Autobahn.

Staus gefährden Hafenstandort im Wettbewerb

Scharfe Kritik kommt auch vom Unternehmensverband Hafen Hamburg. Dessen Präsident, Gunther Bonz, erhebt den Vorwurf, dass das Zusammenspiel der Behörden bei der Planung der Baustellen noch nicht stimmt: „Da unverändert ungeplant an zu vielen Stellen gleichzeitig gebaut wird, ist der Stau programmiert. Bei der geringsten Störung bricht das System dann zusammen.“ Die zusätzliche Baustelle am Finkenwerder Knoten, führe zu einem Zeitverlust von derzeit einer Stunde. Bonz: „Zeitverlust verursacht Kosten. Kosten gefährden Ladung – und das bringt wiederum den Standort im Wettbewerb in Gefahr.“