Hamburg. Branchenverband beklagt mangelhafte Planung. Spediteure lenken Transporte bereits in andere Städte um.
Hamburgs Hafenwirtschaft schaut nach der Genehmigung der Elbvertiefung etwas sorgenfreier in die Zukunft, doch mit der Verkehrslage vor den Umschlagterminals ist sie weiter unzufrieden. Hauptgründe sind der Zustand der Straßen und die hohe Baustellendichte. „Der Zustand der Infrastruktur und die Vielzahl von Baustellen beeinträchtigen die Logistik in zunehmendem Maße“, sagte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz, am Montag vor der Mitgliederversammlung. Er habe gerade vom Eurogate-Terminal bis in die Innenstadt mit dem Pkw eineinhalb Stunden benötigt. „Solche Wartezeiten im Stau machen Transporte in den Hamburger Hafen teurer. Die Folge sind Umroutungen von Ladung in andere Häfen.“
Bereits bei der Mitgliederversammlung vor einem Jahr habe der Hafenverband hier Abhilfe gefordert. „Passiert ist nichts, außer dass jetzt die Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft eine bessere Baustellenkoordinierung durchsetzen wollen. Das zeigt, dass sie das Problem zumindest erkannt haben“, so Bonz.
Wie wichtig das Thema Baustellenmanagement seinen Mitgliedsbetrieben ist, zeigt sich daran, dass der UVHH gleich ein ganzes Bündel an Maßnahmen fordert, um die Verkehrssituation auf Hamburgs Straßen zu verbessern: Eine bessere Abstimmung zwischen der Verkehrsbehörde, dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) sowie den Bezirken und der Polizei ist nur ein Punkt, der den Hafenfirmen wichtig ist. Baustellen sollen in der Planung, Durchführung und Überwachung beschleunigt werden, etwa durch mehr Nacht- und Wochenendarbeit.
Hafenwirtschaft rechnet mit Umschlagrückgang
Private Baustellen auf Grundstücken sollen nur noch in Ausnahmefällen in den Straßenraum hineinragen dürfen. Schließlich fordert die Hafenwirtschaft mehr Geld und Personal für den Landesbetrieb Straßen und die Polizei, damit diese ihre zusätzlichen Aufgaben im Verkehrssektor wahrnehmen können. „Hier muss reagiert werden, damit der Hafen keine weiteren Standortnachteile hat“, so Bonz.
Insgesamt schauen der Geschäftsführer des Eurogate-Terminals Hamburg und seine Kollegen ansonsten gedämpft optimistisch in die Zukunft. Für dieses Jahr rechnet die Hafenwirtschaft noch mit einem Umschlagrückgang. Aber schon im kommenden Jahr soll es wieder aufwärtsgehen. „Der tiefe Fall ist gestoppt“, sagte der Verbandspräsident. „Wir werden 2019 sicher nicht hinter das Umschlagvolumen dieses Jahres zurückfallen.“ Nach der Genehmigung der Elbvertiefung beginne jetzt die Aufholjagd. „Das wird aber noch Zeit in Anspruch nehmen, da die Fahrrinnenanpassung erst 2021 fertig ist.“
Wie stark die infrastrukturellen Nachteile Hamburgs Hafen in der Vergangenheit geschadet hätten, zeige der langfristige Vergleich mit den anderen Wettbewerbshäfen im nordeuropäischen Raum. „Rotterdam und Antwerpen sind in den vergangenen zehn Jahren jeweils um 27 Prozent gewachsen“, sagte Bonz. „Bremerhaven hat um 13 Prozent zugelegt, Le Havre um neun. Und Hamburg hat im gleichen Zeitraum 10,8 Prozent seines Umschlags verloren.“ Die Genehmigung der Elbvertiefung sei deshalb ein wichtiges Signal an die internationalen Kunden. „Die großen Linienreedereien werden Hamburg nicht von ihrer Liste der großen Häfen streichen. Das heißt aber noch nicht automatisch, dass Hamburg wieder als erster Hafen angefahren wird“, so Bonz.
Stärkere Nutzung der Bahn und Wasserwege
Kritik übte der Verbandspräsident in diesem Zusammenhang an der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Diese hätte mit den Ausschreibungen für die Baumaßnahmen in der Elbfahrrinne eher starten können. „So geht uns ein weiteres halbes Jahr verloren.“ Die Elbvertiefung soll Mitte 2021 abgeschlossen sein.
Zur weiteren Entlastung der Hamburger Straßen spricht sich die Hafenwirtschaft für eine stärkere Nutzung der Bahn und der Wasserwege aus. Dazu müssten aber die Rahmenbedingungen verbessert werden, damit Eisenbahn und Binnenschiff zum Lkw konkurrenzfähig werden, meinen die Firmen. So fordern sie, dass die Hafenbahn der öffentlichen Infrastruktur angegliedert und damit aus Steuergeldern finanziert wird. Die Zuordnung der Hafenbahn zum privat zu finanzierenden Bereich der Hamburg Port Authority sei kontraproduktiv, da sich dadurch die Schienentransporte im Hafen verteuern würden.
Gleiches gelte für das Hafengeld für Hafen- und Binnenschiffe. „Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung die Abgaben für die Binnenschifffahrt ganz abschaffen will, ist eine weitere finanzielle Belastung der Hafen- und Binnenschifffahrt in Hamburg nicht akzeptabel“, so Bonz.