Hamburg. Jahresbilanz der Wirtschaftsförderer fällt schlechter aus als 2017. Vom Brexit kann die Hansestadt bislang kaum profitieren.

Die nackten Zahlen sind eher durchwachsen. Nicht schlecht, aber auch kein Anlass zur Euphorie: Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft HamburgInvest hat im vergangenen Jahr 68 Unternehmen neu in die Stadt geholt und 55 Firmen bei der Expansion in Hamburg unterstützt. Dadurch konnten 1669 Arbeitsplätze ganz neu in die Hansestadt geholt werden, 4750 wurden abgesichert. Sie wären möglicherweise verloren gegangen, wenn die Wirtschaftsförderer nicht eingegriffen hätte.

Diese Zahlen nannten HamburgInvest-Chef Rolf Strittmatter und Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) bei der Jahresbilanz von HamburgInvest. „Es ist ein gutes Ergebnis“, sagte Strittmatter. Er sprach aber auch von einem „harten Standortwettbewerb“ mit anderen Bundesländern und verwies darauf, dass HamburgInvest mit 16 Vollzeitstellen nur so viel Personal habe, wie die Wirtschaftsförderung von Nordrhein-Westfalen allein in ihrer China-Abteilung aufbiete.

Gegenüber den Zahlen von 2017 stagnierte damit das Jahresergebnis der Wirtschaftsförderer. Zwar konnten acht Firmen mehr ganz neu angesiedelt werden als im Vorjahr (60), dafür ging die Zahl der bei einer Expansion in der Hansestadt unterstützten Firmen ebenfalls um acht zurück. Die Zahl neuer Jobs sank von 2150 um annähernd 500, die der abgesicherten Arbeitsplätze von 6840 um fast 2100.

Hamburger Delegation besucht Firmen – in Hamburg

Wirtschaftssenator Westhagemann betonte, es sei gut, dass sich HamburgInvest zu einer Ansprechstelle gewandelt habe, an die sich Unternehmen mit allen denkbaren Anliegen und Problemen wenden könnten. „Wir müssen insbesondere Innovationen treiben und um junge, zukunftsträchtige Firmen werben“, sagte er. Bei der Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft stehe Hamburg gut da. „Auf den wegweisenden Themenfeldern sind wir auf der Höhe der Zeit.“ Der Senator kündigte an, er werde in absehbarer Zeit eine Reise mit einer Hamburger Wirtschaftsdelegation unternehmen. Diese werde allerdings nicht nach Asien oder in die Start-up-Hochburg Tel Aviv führen – sondern innerhalb der Hansestadt stattfinden. Vertreter großer, etablierter Firmen sollen mit jungen, innovativen Unternehmen zusammengeführt werden.

Aus diesem Grund fand die Jahresbilanz im sogenannten Virtual Reality Headquarter in der HafenCity statt. Die Hamburg Kreativ Gesellschaft hat am Sandtorkai einen alten Kaffee- und Teppichspeicher unter anderem Firmen aus dem Bereich Virtual Reality (VR) angesiedelt. Auch ein VR-Forschungszentrum der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) hat dort seinen Sitz.

Vom Brexit hat die Stadt bislang nur wenig profitiert

Bislang nur geringen zählbaren Erfolg haben die Bemühungen von HamburgInvest, den bevorstehenden Brexit für die Hansestadt zu nutzen. Es gebe derzeit sechs Projekte im Zusammenhang mit dem Brexit, sagte Strittmatter. Details dazu nennt HamburgInvest jedoch nur mit dem Einverständnis der Unternehmen. Ein Unternehmen aus Großbritannien nach Hamburg zu holen, gelang dem Vernehmen nach nicht. Einen Zusammenhang mit dem Brexit sehen die Wirtschaftsförderer beispielsweise aber auch, wenn ein Unternehmen in Hamburg expandiert, statt in Großbritannien zu investieren. Oder, wenn eine asiatische Firma sich bei der Wahl eines Europastandorts für die Hansestadt und gegen das Vereinigte Königreich entscheidet.

Michael Kruse, der FDP-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, kritisierte insbesondere die Brexit-Bilanz der Wirtschaftsförderer. „Die Ansiedlungspolitik des rot-grünen Senats enttäuscht auf ganzer Linie. Während andere große deutsche Städte enorme Zuwächse bei Ansiedlungen aus Großbritannien verzeichnen, hat der Senat dieses Thema völlig verschlafen. Dass der Senat einen großen Ansiedlungseffekt nach einem ungeordneten Brexit erwartet, zeigt die ganze Misere“, sagte Kruse.

HamburgInvest-Chef Strittmatter verwies darauf, man habe 2018 intensiv in Großbritannien für den Standort Hamburg geworben. „Dieses Engagement wird, je nachdem ob der Brexit ohne Vertrag oder geregelt erfolgt, kurz oder mittelfristig zu Ansiedelungserfolgen führen.“