Hamburg. Den ersten Start plant der Flugzeugbauer in einigen Tagen – doch bis zur Serienreife dauert es noch. Überholen Konkurrenten Airbus?

Im Filmklassiker „Das fünfte Element“ bewegen sich die Einwohner einer Megacity in autoähnlichen Fahrzeugen voran – allerdings nicht auf den Straßen, sondern in luftiger Höhe zwischen Wolkenkratzern. Während der Blockbuster im fernen 23. Jahrhundert spielt, könnten Lufttaxis in naher Zukunft zur Realität gehören. „Schon 2025 werden Flugtaxis in großen Städten auf ersten, festgelegten Routen Passagiere transportieren“, sagte Daniel Guffarth von der Managementberatung Horváth & Partners bei der Vorstellung einer Studie zum urbanen Luftverkehr.

Mitmischen im Markt will auch Airbus. Im vergangenen Frühjahr stellte der Flugzeugbauer auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin erstmals ein 1:10-Modell seines Cityairbusses vor. Seitdem hat die Entwicklung des ersten flugfähigen Geräts in Originalgröße – einem sogenannten Demonstrator – Fortschritte gemacht. „Das erste Abheben des Demonstrators ist in den nächsten Tagen geplant“, sagte Airbus-Sprecher Gregor von Kursell dem Abendblatt.

Der Cityairbus soll drei Passagiere mit Tempo 120 fliegen

Der Cityairbus soll senkrecht starten und landen. Seine Reisegeschwindigkeit wird mit 120 Kilometer pro Stunde angegeben, die Reichweite mit 60 Kilometern. Ein Pilot und drei Passagiere passen in den acht mal acht Meter großen Cityairbus, der von Elek­tromotoren angetrieben wird. Später soll auf den Piloten verzichtet werden und ein vierter Gast Platz nehmen können. Das Gerät fliegt dann autonom. Der Demonstrator steht derzeit in Donauwörth.

In dem Werk fertigen die Airbus-Mitarbeiter normalerweise Hubschrauber und die Türen für die Flugzeuge. Das Projekt ist in der Sparte Helicopters angesiedelt. Vor Kurzem sei der zweite Bodentest des Cityairbusses erfolgreich verlaufen, so von Kursell. Eigentlich war das erste Abheben zwar schon für Dezember 2018 geplant. Aber man gehe beim Testen sehr sorgfältig vor. Ein öffentlicher Erstflug mit Publikum sei im zweiten Quartal in Manching geplant. Ein Prototyp, der sehr nah an einer Serienfertigung sei, könne um das Jahr 2025 fertig sein – aber reicht das?

Der Prototyp von Airbus könnte zu spät kommen

Der Airbus-Prototyp könnte zu spät kommen, heißt es in der Studie von Horváth & Partners. Die Dynamik in dem Markt sei extrem hoch, der Kampf um die Vormachtstellung in vollem Gang. Mehrere Unternehmen meldeten bereits erfolgreiche Jungfernflüge. Bei Airbus gibt man sich gelassen. Man sehe sich im Zeitplan, sagte von Kursell. Eine kommerzielle Nutzung vor der zweiten Hälfte der 20er-Jahre sei unwahrscheinlich. Und dann will man bereits nahe an der Serienfertigung sein.

Laut der Studie wird autonomes Fliegen und autonomes Fahren künftig den Endkunden parallel als Fortbewegungsarten zur Verfügung stehen – auch in Deutschland. Zwar gebe es für den Luftraum hierzulande strenge Sicherheitsauflagen. Allerdings sei der Luftverkehr einfacher zu kontrollieren, weil es im Gegensatz zur Straße keinen Individualverkehr gebe.

Autonomes Fliegen wird eher akzeptiert als autonomes Fahren

Das autonome Fliegen habe in der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz als autonom fahrende Autos, so die Autoren. Das führen sie auf eine Reihe von negativen Berichten zum Beispiel über Unfälle und daraus resultierenden Haftungsfragen bei autonom fahrenden Autos zurück. Bleibt die Frage: Was passiert bei schweren Unfällen mit ferngesteuerten Fluggeräten? Studienautor Guffarth ist sich aber sicher: „In zahlreichen Städten weltweit werden Teststrecken für Flugtaxis eingerichtet. Sobald die ersten Pilotprojekte erfolgreich sind, wird sich auch in Deutschland die Politik für Versuchsstrecken und Betriebsrouten öffnen.“ Restriktionen würden gelockert.

Einen ersten Schritt als Standort von Flugtaxis unternimmt der Frankfurter Flughafen. Zusammen mit der Daimler-Beteiligung Volocopter wird nun getestet, wie drohnenähnliche Flugobjekte in den Betrieb des größten deutschen Airports zu integrieren sind. Mit dem Volocopter sollen schnelle Verbindungen vom Flughafen zu zentralen Punkten des Rhein-Main-Gebietes ermöglicht werden. Bis zur Aufnahme des Regelverkehrs würden noch fünf bis zehn Jahre vergehen, sagte eine Fraport-Sprecherin. Sicherheitsfragen und technische Voraussetzungen müssten zunächst abgeklärt werden.

Wann kommen die Flugtaxis nach Hamburg?

Die Studie geht davon aus, dass sich Flugtaxis ab 2025 in Metropolregionen ab zehn Millionen Einwohnern durchsetzen. In der Bundesrepublik könnten sich dann Pilotverbindungen auf stark strapazierten Pendlerstrecken lohnen. Dazu gehören das Rhein-Ruhr-Gebiet, aber auch Berlin oder Hamburg.

In der zweiten Phase ab 2035 soll es Regelstrecken für den Transport mehrerer Personen pro Flugkapsel in nahezu jeder Me­tropole geben. Spätestens 2050 soll der öffentliche Personennahverkehr mit Flugtaxis auch in Städten mit bis zu 600.000 Einwohnern Normalität sein. Die Zahl der Flugstunden mit Lufttaxis steigt laut Studie auf neun Milliarden – das Szenario aus „Das fünfte Element“ würde also schon bald erreicht werden.