Tornesch. Serie „Wo in aller Welt“: Die Firma Loll Feinmechanik leistet Präzisionsarbeit auch für die Erdölförderungs- und Medizinbranche.

Wer in den Urlaub fliegt, sieht das Produkt aus Tornesch wahrscheinlich nicht nur, sondern nutzt es auch: Die Firma Loll Feinmechanik stellt für die Flugzeugindustrie USB-Steckdosen mit Smartphone-Aufladefunktion her, erklärt Firmenchef Jens Loll. Vor allem die Modelle A320 und der A380 von Airbus werden damit bestückt. Aber auch in brasilianischen Embraer- und den US-amerikanischen Boeing-Maschinen findet sich mitunter diese Technologie, die das rund 70 Jahre alte Unternehmen in Familienhand in seinen sechs großen Werkshallen am Borstelweg konzipiert und fabriziert.

Die USB-Steckdose im Flugzeug ist bereits eine Weiterentwicklung für die mobile Internetgeneration. Zuvor hat der Betrieb, der mit 270 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern in Tornesch gehört, alle international gängigen Steckverbindungen in einer Steckdose vereint. „Von unserem Schuko-System in Deutschland bis zum UK-Plug für Großbritannien haben wir alle elf möglichen Varianten entwickelt“, sagt Loll, „wir haben das für die Flugzeugindustrie in Serie entwickelt.“

20.000 Steckdosen schon geliefert

Mehr als 20.000 dieser Universalsteckdosen hat das Unternehmen bereits gefertigt und ausgeliefert. Jede einzelne sei genau kontrolliert und auf mögliche Fehler hin überprüft worden, sodass sie eine Lebensdauer von 100.000 Steckverbindungen erreiche, führt Loll aus. Damit dürften die Steckdosen mindestens so lange halten wie Flugzeuge, nämlich etwa 50 Jahre.

Ein Blick in eine der Fertigungshallen, in denen 60 hochwertige Maschinen für größtmögliche Präzision sorgen.
Ein Blick in eine der Fertigungshallen, in denen 60 hochwertige Maschinen für größtmögliche Präzision sorgen. © Fabian Schindler | Fabian Schindler

Die Firma Loll ist mit ihren hypergenauen und qualitativ hochwertigen mechanischen Lösungen breit aufgestellt. Für die Airbus-Flugzeuge A320 und A380 fertigt sie die Aluminium-Spanten, die tragenden Teile des Rumpfes, sowie die Beschläge für die Gepäckfächer. In der Medizintechnik stellt sie hochpräzise Sägelehren her, die dafür sorgen, dass künstliche Knie- und Hüftgelenke passgenau eingesetzt werden können.

Auch für Computerindustrie wird produziert

Loll ist auch in der Erdöl- und Erdgas-Förderindustrie unterwegs. Für die stellt die Firma starke Bohrköpfe her, die tief unter der Erde durch alle möglichen Gesteinsformationen in alle Richtungen – auch horizontal – nach Öl und Gas bohren können. Sie werden vor allem im Nahen Osten, in den USA, in Afrika und in der Nordsee vor Norwegen eingesetzt.

Neu im Geschäft ist Loll in der Halbleiterindustrie. „Das haben wir voriges Jahr aufgebaut“, sagt Jens Loll, der den Betrieb vor 18 Jahren von seinem Vater übernommen hat. Für die Computerindustrie, bei der es erst recht auf absolute Präzision ankomme, sind es Ventile und Komponenten, die die Speicherkapazität in neue Dimensionen bringen können. „Wir arbeiten dabei inzwischen im Nano-, nicht mehr im My-Bereich“, sagt Loll stolz. Die Computerchips könnten also nicht nur auf den Tausendstel-, sondern den Millionstel-Millimeter genau angepasst werden.

Die Feinmechanik-Teile made by Loll werden in den sechs Produktionshallen nicht mehr nur von Hand gefertigt. 60 hochmoderne CNC-Maschinen aus Deutschland und Japan sorgen für die absolute Präzision.

Arne Peperkorn fertigt hier eine sehr wichtige Kupferschiene für die Zigarettenindustrie.
Arne Peperkorn fertigt hier eine sehr wichtige Kupferschiene für die Zigarettenindustrie. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Mit dieser breiten Produktpalette und Lösungen für verschiedene Industriezweige sei sein Unternehmen gut gegen Krisen in bestimmten Branchen geschützt, erklärt Loll. So habe die Firma jahrzehntelang auch hochpräzise Teile für die Druckindustrie hergestellt, doch die sind heute nicht mehr so gefragt wie einst. Loll fertigt auch seit vielen Jahren feinste Kupferbleche für die Zigarettenindustrie, die so haltbar und präzise arbeiten, dass mit ihrer Hilfe 20.000 Zigaretten in der Minute hergestellt werden können.

Firma wirbt mit Zuschüssen um Fachkräfte

„Ich sehe eine absolut sichere Zukunft für unser Unternehmen“, sagt Inhaber Loll. „Wir sind in allen Zukunftsbranchen unterwegs.“ In den vergangenen Jahren sei der Betrieb, der 2018 rund 29 Millionen Euro umgesetzt hat, allein um 50 Arbeitskräfte gewachsen. Fachkräfte-Mangel sei für ihn ein Fremdwort. „Das ist eine Herausforderung, ja“, sagt er. „Aber ein attraktiver Arbeitgeber findet immer gute Mitarbeiter.“

Natürlich müsse er sich um diese bemühen, auf sie eingehen und ihnen verlockende Angebote machen. So gibt es für seine Belegschaft Zuschüsse für den Fitnessclub oder Leasingangebote für schicke Fahrräder, berichtet der Firmenchef. Voriges Jahr habe er eine große Umfrage im Betrieb gemacht, um herauszufinden, was noch besser oder mitarbeiterfreundlicher gestaltet werden könnte. „Davon haben wir bereits alles umgesetzt.“ Da seien zum Beispiel eine hellere Beleuchtung oder andere Arbeitszeitmodelle angefragt worden.

Die Geschichte des Unternehmens

1946: Das Unternehmen wird von Siegfried Reinhardt in Elmshorn gegründet.

1977: Der Meister Klaus Jürgen Loll übernimmt die Firma, die ihren Sitz mittlerweile in Pinneberg hat. Heute würde man das ein klassischen Management-Buy-out nennen.

1982: Loll senior verlegt die Firma in einen Neubau nach Tornesch.

1996: Sohn Jens Loll tritt in die Geschäftsführung ein, seit 2001 leitet er die Firma allein.

Seitdem ist der Betrieb auf der 1,7 Hektar großen Fläche am Borstelweg immer wieder erweitert worden. Er umfasst heute eine Nutzfläche von 10.000 Quadratmetern in einem Verwaltungsgebäude und sechs Fabrikationshallen.

Die Zahl der Mitarbeiter hat sich stetig vergrößert, in den vergangenen zehn Jahren hat sie sich auf jetzt 270 mehr als verdoppelt. Allein in den vergangenen drei Jahren sind 50 Beschäftigte hinzugekommen. Der Betrieb solle weiter wachsen, kündigt Firmenchef Loll an. Zunächst aber mit der jetzt vorhandenen Belegschaft.

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Bei Loll arbeiten außer vier Auszubildenden, die im Büro den Beruf Industriekaufmann und -frau erlernen, 26 angehende Feinmechaniker. Die Ausbildung soll dem Unternehmen den beruflichen Nachwuchs für die Zukunft sichern, erklärt Jens Loll die sehr hohe Ausbildungsquote.

Damit die Auszubildenden früh Verantwortung übernähmen und Spaß bei der Arbeit bekämen, legen die Nachwuchs-Mechaniker gleich am Ende ihres zweiten Lehrjahres eine Projektarbeit vor. Zuletzt ist dies eine Brotschneidemaschine gewesen, die die Auszubildenden mit einem 3-D-Drucker angefertigt haben.

Serie „Wo in aller Welt“: Unter diesem Motto stellt das Abendblatt in Pinneberg immer montags Unternehmen aus der Region vor, die weit über den Standort hinaus wirken. In der nächsten Folge geht es am Montag, 18. Februar, um die Euroduna Rohstoffe GmbH in Barmstedt, die weltweit Rohstoffe für Futtermittel liefert.