Hamburg. Das Containerschiff von Hapag-Lloyd liegt nun im Hafen der Bahamas. 198 Container drohen zum Totalverlust zu werden.

Fest vertäut liegt die „Yantian Express“ an einer Pier im Hafen von Freeport auf den Bahamas. Weit weg vom Containerterminal, an dem gerade die „Conti Lyon“ der französischen Reederei CMA CGM und die dänische „Maersk Gironde “ zur Weiterfahrt nach New York (USA) beziehungsweise Le Havre (Frankreich) beladen werden. Weit weg vom Fährhafen am gegenüberliegenden Ufer, von dem aus gerade das Kreuzfahrtschiff „Empress of the Seas“ in See sticht. Sicherheitszone. Abgesperrt. Noch immer befindet sich Gefahrgut an Bord. Und es ist nicht auszuschließen, dass es in einzelnen Containern noch Glutnester gibt.

Anfang Januar hat der im Atlantik treibende, brennende Containerfrachter für Aufsehen gesorgt. Jetzt kann im Schutz des Hafens der Schaden betrachtet und die Ursache ermittelt werden. „Zurzeit wird das Schiff begutachtet. Auf dieser Basis werden dann die weiteren Schritte für Schiff und Ladung beschlossen“, sagte ein Sprecher der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd, der die „Yantian Express“ gehört. Inzwischen hat das von Hapag-Lloyd mit der Schadensregulierung beauftragte Unternehmen Richards Hogg Lindley eine erste Einschätzung abgegeben: Demnach könnten 198 Container sehr schwere Beschädigungen aufweisen und einen Totalverlust darstellen. Zusätzlich sollen weitere 460 Container auf Schäden inspiziert werden, die im betroffenen vorderen Bereich des Schiffes stehen. Für ein Schiff, das bis zu 7500 Standardcontainer (TEU) aufnehmen kann, wäre der Schaden demnach überschaubar.

Experten suchen nach Ursachen für Brand

Seit dem 4. Februar liegt der Frachter auf den Bahamas. Eigentlich hat Hapag-Lloyd ihn nach Halifax in Neufundland schicken wollen. Doch das Notfallteam entschied sich anders. Ein kluger Entschluss: Auf Kanada rollte gerade die gefürchtete Kältewelle zu. Das Schiff war aber noch mit tonnenweise Löschwasser gefüllt und lag schwer im Wasser. „Das Eis hätte man bei der Ankunft aus dem Laderaum herausschneiden müssen“, sagt ein Experte.

Mittlerweile waren Mitarbeiter der lokalen Hafenbehörde, von Versicherungen, Reedern und anderen interessierten Parteien an Bord, die sich ein Bild von der Situation gemacht haben. Da die „Yantian Express“ unter deutscher Flagge fährt, ist auch die staat­liche Bundesstelle für Seeunfallunter­suchung (BSU) mit Sitz in Hamburg eingeschaltet­. Sie wird den Unfall federführend untersuchen. „Wir hatten bereits einen Mitarbeiter an Bord, der Beweismaterial gesichert hat“, sagt BSU-Direktor Ulf Kaspera dem Abendblatt. Wenn das Schiff entladen sei, werde erneut­ ein Untersuchungsteam auf die Bahamas fliegen, um die dann leeren Ladebuchten zu untersuchen. Das Ziel der BSU ist klar: Sie will herausfinden, was auf der „Yantian Express“ eigentlich passiert ist.

Container war plötzlich in Brand geraten

So viel ist bekannt: Ein Container im vorderen Bereich des Schiffes war nach tagelanger ereignisloser Fahrt vom Suezkanal in Richtung kanadischer Küste plötzlich am frühen Morgen des 3. Januar in Brand geraten. Schnell schlugen die Flammen auf andere Stahlboxen über. Löschversuche der Mannschaft mussten wegen des starken Sturms abgebrochen werden. Stattdessen hieß es aus Sicherheitsgründen: „Alle Mann von Bord.“ Ein Bergungsschiff, das schnell zur Stelle war, nahm die 22 Besatzungsmitglieder auf. Zwei Schiffe bekämpften mit ihren Löschkanonen den Brandherd sechs Tage lang. Dann meldete Hapag-Lloyd, dass das Feuer eingedämmt sei. Die Besatzung konnte zusammen mit Bergungsexperten an Bord zurückkehren. Anschließend setzte das Schiff mit der Unterstützung zweier Schleppschiffe Kurs auf die Bahamas.

Die Maschine war noch intakt, ebenso die Stromversorgung. So konnte selbst für die Branddauer ein Großteil der Kühlladung kontinuierlich mit Strom versorgt werden, wie Hapag-Lloyd inzwischen ihren Kunden mitgeteilt hat. Demnach ist mit den Ladeschächten 1 bis 12 nur ein kleiner Teil vom Feuer betroffen. Zudem traf es den ersten Laderaum unter Deck. Im zweiten Laderaum sind voraussichtlich Container von Rauch und Löschwasser geschädigt worden. Aus Kreisen der Hamburger Reederei war zu hören, dass der Schaden am Schiff reparabel sei, sodass es nach einem Werftaufenthalt in einigen Monaten hoffentlich schon wieder seinen Dienst aufnehmen könne. Offiziell sagt die Reederei dazu nichts.

Entladung kann Monate dauern

Bis das Schiff für die Werft bereit ist, wird es aber noch dauern. Bislang konnte noch kein Container von Bord genommen werden, so ein Sprecher von Hapag-Lloyd. „Dieser Prozess kann langwierig sein, da er technisch sehr anspruchsvoll ist und Wochen, wenn nicht gar Monate dauern kann.“ Da die „Yantian Express“ nicht an einem normalen Containerterminal liegt, musste zunächst einmal ein Schwimmkran zum Entladen des Schiffes herbeigeschafft werden, heißt es. Zudem hat Hapag-Lloyd, wie berichtet, den Unfall zur „Havarie grosse“ erklärt. Damit werden alle Eigentümer des Schiffs und der Ladung zur Begleichung der Unfallkosten herangezogen. Das dauert – und erst im Anschluss kann das Schiff in die Werft.