Hamburg. Bündnis der Kammerrebellen vor dem Bruch, Aufruhr über Killingers erneute Bewerbung. “Persönliche Egospielchen.“
Der Streit in der Handelskammer ist noch einmal eskaliert. Nach der gescheiterten Präses-Wahl am Donnerstag vorvergangener Woche droht eine erneute Kampfkandidatur um den Spitzenposten in der Kammer. Interims-Präses André Mücke ist nun offenbar doch bereit, bei der Wahl zum Präses zu kandidieren. Die soll voraussichtlich Anfang März stattfinden. Zuvor hatte bereits der Hafenunternehmer Johann Killinger im Abendblatt exklusiv seine Kandidatur angekündigt.
Mücke schrieb daraufhin am Wochenende an die Mitglieder des Bündnisses „Die Kammer sind Wir!“, er sei bereit, „... das Präsidium bis zur Neuwahl zu leiten, als Interims-Präses oder als gewählter Präses. Die Entscheidung liegt beim Bündnis und beim Plenum.“ Zugleich forderte Mücke die Mitglieder des Bündnisses auf, sich auf einen Kandidaten zu verständigen und fügte hinzu, durch Killingers Ankündigung sei dies nicht leichter geworden.
Mücke kritisierte Killinger, dieser sei mit seiner erneuten Kandidatur vorgeprescht. „Ich habe eines bestätigt bekommen: Ein Wort von Johann ist nur solange etwas wert, wie es den persönlichen Egospielchen nützt“, schrieb er, und drohte mit einem offenen Bruch: „Johann und alle, die im Augenblick eng mit ihm zusammenarbeiten, riskieren damit den offenen Bruch des Bündnisses“, so Mücke.
Handelskammer: Das sind die Gruppierungen
Damit bekommt die seit Monaten tobende Auseinandersetzung zweier Lager im Präsidium und Plenum der Handelskammer neue Nahrung. Auf der einen Seite stehen die Unterstützer des geschäftsführenden Gesellschafters der Buss-Gruppe, Johann Killinger, der im Präsidium an der Seite des ehemaligen Präses Tobias Bergmann kämpfte und nach dessen Rücktritt Anfang Dezember seine Nachfolge anstrebt. Mücke gehört wiederum auf der anderen Seite zum Lager des Ex-Vorstandschefs der Lloyd Fonds AG und Finanzberaters Torsten Teichert. Teichert und Killinger verbindet tiefe gegenseitige Abneigung.
Beide hatten bei der Nachwahl zum Präses am 24. Januar kandidiert, aber nicht die absolute Mehrheit erhalten. Killinger kam auf 30 Stimmen und erzielt damit vier mehr als Teichert, notwendig wären aber 33 Stimmen gewesen. Teichert hatte daraufhin von einem „unschönen Wahlkampf“ und „bleihaltiger Luft in der Handelskammer“ gesprochen und angekündigt, nicht erneut kandidieren zu wollen.
Von einer Befriedung "weiter entfernt denn je"
Bei den anschließenden Wahlen der Vizepräses entstand erneut eine Patt-Situation zwischen den beiden Lagern. Im Präsidium der Kammer sitzen Peter Jensen, Diana Rickwardt und eben André Mücke, die Teichert zugerechnet werden, sowie Kai Elmendorf, Christine Stumpf und Axel Kröger auf der Seite von Killinger.
Dieser hatte Freitag dem Abendblatt gesagt, dass er bemüht sei, die Lager zu einen. Dazu habe er lange Gespräche mit Mücke geführt. „Ich trete noch einmal zur Wahl an. Und ich möchte mit dem Vizepräses André Mücke künftig so eng wie möglich zusammen die Kammer führen“, machte der in der Rebellengruppe als gemäßigt geltende Killinger deutlich. Doch Mücke ist nach Killingers Ankündigung unversöhnlich. Von einer Befriedung des Theaters im Bündnis sei man „leider weiter entfernt den je“.
Ausschussvorsitzende zurückgetreten
Zur gleichen Zeit machte Teichert auf dem kammerinternen Informationskanal HK Connect deutlich, dass er sich mitnichten von allen Ämtern zurückziehen werde und weiter Vorsitzender des einflussreichen Innenausschusses bleiben wolle. Killinger hatte zuvor gesagt, dass man wohl die Position neu besetzen müsse. Er bezog sich dabei auf einen Medienbericht, wonach sich Teichert diesbezüglich geäußert habe. Teichert bestreitet das. Er habe auch dem Hauptamt der Handelskammer mitgeteilt, dass er sein Amt nicht aufgebe. Killingers Parteigänger Elmendorf hatte daraufhin im Präsidium den Antrag gestellt, über den Vorsitz des Ausschusses reden zu wollen.
Dazu schrieb Teichert nun: „Niemand hat mit mir geredet. Ich habe nirgends angekündigt, vom Amt des Vorsitzenden des Innenausschusses zurückzutreten.“ Er habe den im neuen Präsidium zuständigen Vizepräses Peter Jensen gefragt, ob er das Amt übernehmen möchte. Dieser habe abgelehnt. „Also bleibe ich Vorsitzender des Innenausschusses“, schreibt Teichert. Dieser Ausschuss regelt die Finanzen der Kammer und damit die gesamte Verwaltung. Er ist also das entscheidende Gremium für den Reformprozess der Handelskammer, den Killinger fortführen will. Teichert will die Reform hingegen überarbeiten.
Chaos in der Kammer lähmt wichtige Ausschüsse
Die kammerinternen Auseinandersetzungen, die schon Monate vor dem Bergmann-Rücktritt schwelten, haben indessen zu einer Lähmung der eigentlichen Arbeit geführt, zu der die Hamburger Wirtschaftsvertretung eigentlich verpflichtet ist. So hatte der Vorsitzende des für Hamburgs Handel wichtigen Außenwirtschaftsausschusses, der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands AGA, Hans Fabian Kruse, sein Amt niedergelegt. Sein Vorwurf: Stellungnahmen des Aussschusses seien mehrfach vom Plenum übergangen worden.
„Die inhaltliche Arbeit in der Kammer wird gelähmt, weil Plenum und Präsidium zu sehr mit internen Machtstreitigkeiten befasst sind“, hatte Kruse zu seinem Rückzug gesagt. Auch der Vorsitzende des Asien-Ausschusses, Stefan W. Dircks, hatte der Handelskammer seinen Rücktritt vom Amt erklärt.