Hamburg. Alsterhaus, Alsterarkaden und Gänsemarkt-Passage gehören dem Österreicher. Wie er aufgestiegen ist – und was er vorhat.
Es ist nicht so, dass René Benko sich verstecken würde: Es gibt reichlich Fotos von ihm, etliche zeigen den Immobilien-Milliardär mit seiner Ehefrau Nathalie, einem Ex-Model. Benko begleitet Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz als Mitglied der Wirtschaftsdelegation auf Auslandsreisen und zeigt sich gerne mit Geschäftspartnern wie Niki Lauda.
Und doch ist der 41-jährige Unternehmer wenig greifbar. Interviews gibt er äußerst selten, seine Weggefährten plaudern nicht über ihn. Und Zahlen, an denen sich ablesen ließe, wie ertragreich sein Imperium tatsächlich ist, liegen erst recht nicht vor.
Bekannt ist allerdings der Betrag, den er seit Ende 2017 in Hamburger Objekte investiert – und der ihn zu einem der führenden Immobilienbesitzer der Hansestadt macht: Mehr als 1,5 Milliarden Euro sind es nach Angaben seiner Wiener Holdingfirma Signa.
Benko hat auch den „Elbtower“ zu verantworten
Das „einzigartige Portfolio“, wie Signa es nennt, bestand zum Jahresende 2018 aus dem Alsterhaus, den Alsterarkaden, dem Kaufmannshaus an den Großen Bleichen sowie dem projektierten „Elbtower“, der nach seiner Fertigstellung 2025/2026 direkt an den Elbbrücken 244 Meter hoch aufragen und ein weiteres Wahrzeichen für Hamburg werden soll. Vor wenigen Tagen kam noch die Gänsemarkt-Passage hinzu, für die Signa nach Marktinformationen rund 115 Millionen Euro gezahlt hat.
Wer aber ist der Mann, dem diese jedem Hamburger bekannten Objekte gehören und der nach Karstadt nun auch Kaufhof aus den roten Zahlen führen will? Erste Erfahrungen in der Immobilienbranche sammelte Benko, der als Sohn eines Gemeindebeamten und einer Kindergärtnerin in Innsbruck geboren wurde, zusammen mit einem Geschäftsmann bereits mit 17 Jahren.
„Seine ersten Projekte waren zwei Dachböden in Wien, die er zu Wohnungen ausbaute und weiterverkaufte“, heißt es in der Kurzbiografie Benkos auf den Signa-Internetseiten. Und weiter: „Sein Fokus lag schon damals auf den besten Innenstadtlagen.“
Mit Anfang 20 vom Chauffeur vorgefahren
Weil diese Geschäfte so viel Zeit beanspruchten, verließ Benko die Schule vor dem Abitur („Matura“ in Österreich). Schon mit Anfang 20 ließ er sich von einem Chauffeur zu seinen Terminen fahren, manchmal sah man ihn aber auch in einem geliehenen Ferrari.
Den Annehmlichkeiten, die ein Privatvermögen von inzwischen – nach Schätzung des österreichischen Wirtschaftsmagazins „Trend“ – rund 3,8 Milliarden Euro ermöglicht, ist Benko keineswegs abgeneigt. Er reist mit Privatjet und Hubschrauber, schätzt gute Zigarren sowie kostspielige Kleidung und besitzt ein Anwesen am Gardasee.
Darüber hinaus lässt der vierfache Vater das Schlosshotel Igls in Innsbruck zum privaten Wohnsitz umbauen. Doch andererseits beschreiben ihn Weggefährten als Arbeitstier mit einem außergewöhnlichen Gedächtnis für geschäftliche Details. Er steht nach eigenen Aussagen gewöhnlich um 4:30 Uhr auf und feilt meist bis kurz vor Mitternacht an den Plänen für die nächsten Transaktionen.
Benko gilt als talentierter Netzwerker
Eines bescheinigen ihm alle, die ihn kennen: Benko fällt es leicht, Investoren für seine Vorhaben zu begeistern. In der frühen Phase seiner Karriere scheute er allerdings nicht vor Allianzen mit illustren Partnern zurück, von denen einige durch zumindest zweifelhaftes Geschäftsgebaren in die Schlagzeilen gerieten. Später zahlte Benko solche Geldgeber wieder aus.
2013 zog er sich aus der operativen Führung von Signa zurück. Seitdem fungiert er als Vorsitzender des Beirats. In diesem aus 13 Personen bestehenden Gremium sitzen unter anderem der Unternehmensberater Roland Berger, der Fressnapf-Gründer Torsten Toeller, der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und die ehemalige Vizekanzlerin des Alpenlandes, Susanne Riess.
Ohnehin gilt Benko als talentierter Netzwerker mit besten Kontakten zu einflussreichen Politikern, etwa zum aktuellen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Dieser ist zwar nicht als Signa-Investor bekannt, dafür aber – neben Toeller, Lauda und Berger – unter anderem der Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner (Strabag-Großaktionär), die Essener RAG-Stiftung und der Versicherungskonzern LVM aus Münster.
Immobilien im Wert von mehr als 14 Milliarden Euro
Miteigentümer wie die beiden zuletzt genannten dürften in den Augen von René Benko besonders geeignet sein, die Signa-Gruppe auch in Deutschland als respektablen Marktteilnehmer zu positionieren. So sagte er in einem seiner raren Interviews dem „Handelsblatt“, in Hamburg habe Signa den Zuschlag für das Elbtower-Projekt nicht etwa erhalten, weil man den höchsten Preis geboten habe, „sondern weil wir der Hansestadt am Ende als verlässlichster Partner galten“.
Mit einem Immobilienvermögen von mehr als 14 Milliarden Euro ist die von Benko kontrollierte Gruppe zweifellos ein Schwergewicht. Ihr gehören zum Beispiel das KaDeWe in Berlin, das Luxushotel Park Hyatt Vienna oder das „Chalet N“ in Lech am Arlberg, das für rund 300.000 Euro pro Woche gemietet werden kann.
Signa will solche „prominenten Objekte“ nach eigenen Angaben über Generationen besitzen und weiterentwickeln. Renditen von bis zu 20 Prozent pro Jahr seien damit erzielbar, heißt es aus dem Anteilseignerkreis.
Doch das wichtigste Ziel von Benko scheint zu sein, endlich nicht nur als geschickter Immobilieninvestor, sondern auch ganz allgemein als fähiger Unternehmer anerkannt zu werden. Dem Wirtschaftsmagazin „Trend“ sagte er, Signa solle eine europäische Industrie- und Beteiligungsholding sein, „ähnlich wie die Familienholdings der Agnellis, Oetkers oder Reimanns“.
Die Sanierung von Karstadt gelang
Als Benko im Jahr 2014 den Warenhauskonzern Karstadt für einen symbolischen Euro von Nicolas Berggruen kaufte, war die Skepsis groß. 190 Millionen Verlust machte Karstadt damals, die Überlebenschancen schienen angesichts der rasant wachsenden Onlinekonkurrenz gering.
Zwar ist der Umsatz seitdem deutlich gesunken, die Sanierung jedoch gelang: Für 2017 wies Karstadt erstmals wieder einen kleinen Gewinn aus. Im vorigen Jahr übernahm Benko nun auch noch den defizitären Kaufhof-Konzern und wieder sind die Zweifel groß. Gespannt ist man nicht zuletzt in Hamburg, wo Karstadt und Kaufhof zusammen elf Filialen und mehr als 1000 Beschäftigte haben.
„Wir werden wie bisher um jede Filiale kämpfen“, sagte Benko dem „Handelsblatt“. Schließlich hätten entgegen den Befürchtungen vieler Beobachter nur drei Karstadt-Häuser tatsächlich schließen müssen, dafür kämen in Berlin sogar zwei neue hinzu. Warenhäuser könnten 80 Prozent der städtischen Bevölkerung in unmittelbarer Nachbarschaft erreichen, so der Investor. Seine Überzeugung: „Innenstädte haben eine goldene Zukunft.“
Das hört man im Hamburger Einzelhandel sicher gern.