Hamburg. Der Elbtower soll nicht das Ende des Stadtteils sein. Auch die Pläne für den Grasbrook werden in diesem Jahr konkret.
Die wichtigste Botschaft auf der schwankenden Barkasse ist neben „Die Hafencity wächst 2019 ostwärts!“ vielleicht: Neue Stadtteile werden in Hamburg wohl nie wieder so schnuckelig wie Eppendorf. Davon ist Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity GmbH, nicht nur überzeugt. Er hält das auch für logisch und richtig. Heute würden Quartiere mehr als bloße Wohnästhetik brauchen.
In der östlichen Hafencity, wo momentan fast 2000 Wohnungen im Bau sind und in diesem Jahr unter anderem das „High-Tech-Smart-Building“ The Pier oder ein Solargebäude angefangen werden, sollen Häuser inzwischen Energiefragen beantworten, der Mobilität der Zukunft gerecht werden, multifunktional sein, Arbeitsplätze einbetten, die soziale Durchmischung berücksichtigen.
Der Fokus reicht längst über den Elbtower hinaus
Auch an Schulen, Sportplätze und Grünflächen müsse gedacht werden. Dort, wo schon heute die U4 hält, 2020 der 10.000 Quadratmeter große Amerigo-Vespucci-Platz eröffnet wird, die „Wildspitze“ als bundesweit erstes Holzhochhaus gen Himmel wächst und mit „The Edge“ ein digitales Bürogebäude entsteht, werde die Zukunft der Stadt sichtbar. Die neuen Quartiere Baakenhafen und Elbbrücken setzten Maßstäbe.
Rund um die Elbbrücken, dem Ziel der Jahresauftaktfahrt, reicht der Fokus aber längst über den 240 Meter hohen Elbtower als Abschluss der HafenCity hinaus. Denn 2019 soll auch die Entwicklung von Grasbrook und Billbogen als neuem Stadteingang beginnen.
Bruns-Berentelg arbeitete sich dabei entschieden am Generalvorwurf ab, die Hafencity produziere nur kühlen, leblosen Würfelhaushusten. Stichwort: Eppendorf. Zudem versuchte er, den Satz des Architekten Hans Kollhoff zu entkräften, der behauptete: „Wir können die Städte, die wir lieben, nicht mehr bauen.“ Bruns-Berentelg sagte: „Ich halte das für falsch.“ Die Bedürfnisse aus dem 19. Jahrhundert seien überholt, weshalb die Hafencity nicht Eppendorf werden könne.
Große Pläne für den Osten der Hafengegend
Dafür könne das vorwiegend industriell genutzte Niemandsland zwischen den stählernen Elbbrücken in der heutigen Zeit wieder für Menschen nutzbar gemacht werden. Bisher zeichnet sich die Gegend nur durch extreme Autobahnnähe aus. Aber von 2021 soll hier der Bau des Elbtowers erste Impulse setzen, danach will sich die Hafencity weiter ostwärts ausbreiten. Eine Elbdome-Halle ist denkbar sowie mit ihr der grundsätzliche Wandel vom lebensfernen zum lebenswerten Raum. Noch 2019 starten deshalb städtebauliche Wettbewerbe zur Entwicklung vom südlich gelegenen Grasbrook (3000 Wohnungen, 16.000 Arbeitsplätze) und nördlich anschließendem Billbogen.
Zusammen mit der HafenCity, so die Idee, könnten die insgesamt 300 Hektar in Zukunft Wohnraum für 23.000 Menschen und 70.000 Arbeitsplätze bieten und Rothenburgsort und Entenwerder an den Rest der Stadt anschließen – unter anderem mit zwei neuen Brücken. Zur Wahrheit gehöre laut Bruns-Berentelg aber auch, dass zumindest am Grasbrook die Hafenwirtschaft die Flächen am Moldauhafen freigeben müsste, was nicht einfach sei.
Die HafenCity, ein internationaler "Innovationstreiber"
Die Hafencity als nach wie vor größte Stadtbaustelle Europas sei inzwischen nicht nur mit drei U-Bahnhaltestellen exzellent erschlossen. Das gesamte Mobilitätskonzept stehe und setze auf E-Autos und Car-Sharing (30 Prozent der Stellplätze unterirdisch). Für mehr Lebensqualität seien neben der Elbphilharmonie weitere 15 Kulturprojekte ansässig, wurden 40 Prozent der Hafencity öffentlich zugänglich geplant, gebe es drei nichtkommerzielle Gemeinschaftshäuser als Treffpunkte der Stadtteilbewohner.
Für den Geschäftsführer ist der neue Stadtteil seit dem Masterplan aus dem Jahr 2000 einerseits einem rasanten Wandel bei den Anforderungen an die Stadtentwicklung ausgesetzt gewesen. Andererseits sei „die HafenCity zu einem anspruchsvollen, internationale Maßstäbe setzenden Innovationstreiber geworden“. Stadtentwicklung zeige sich in Hamburgs jüngstem Neubaugebiet als „Quantensprung“. Die Stadt könne sich glücklich schätzen, in einer so zentralen Lage einen Stadtraum neu zu erfinden, für heute, morgen und übermorgen. Ob es das Eppendorf von überübermorgen wird? Wer weiß das heute schon.