Hamburg. 40 Jahre nach der Eröffnung kommt das Aus. Karstadt-Eigentümer René Benko plant an dem prominenten Ort ein Großprojekt.
Die Gänsemarkt-Passage wurde nach Abendblatt-Informationen an die Signa Gruppe des österreichischen Milliardärs René Benko verkauft, der auch bereits den Zuschlag für den Bau des Wolkenkratzers Elbtower an den Elbbrücken erhalten hat. Eine Modernisierung des 1979 eröffneten Gebäudekomplexes mit Büros, zahlreichen Geschäften sowie Gastronomie (darunter das Block House) ist nicht geplant. Das Ensemble im Herzen der Innenstadt, einst entworfen von dem renommierten Hamburger Architektenbüro Graaf, Schweger und Partner, soll abgerissen werden.
Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte Timo Herzberg, Deutschlandchef der Signa Real Estate: „Es wird einen Neubau an dem Standort mit moderner Architektur geben.“ Entstehen solle ein hochwertiges Büro-Wohn- und Geschäftshaus. Zum Quartier gehören auch zwei historische denkmalgeschützte Altbauten aus dem Jahre 1885 an den Colonnaden. Diese sollen umfassend saniert werden. Zum Zeitplan gab es noch keine näheren Angaben.
Ein Neubau mit moderner Architektur soll entstehen
Weiter sagte Herzberg: „Mit dem Ankauf der Passage haben wir hier die Möglichkeit, eine großflächige Projektentwicklung in der Hamburger Innenstadt zu realisieren.“ Der Standort sei geprägt von seiner Zentralität, Urbanität sowie einer sehr guten öffentlichen Anbindung und zähle zu den nachfragestärksten Büro- und Einzelhandelsstandorten in Hamburg, so der Signa- Deutschlandchef.
Die bestehende Gänsemarkt Passage hat eine Mietfläche von rund 15.000 Quadratmetern. Davon entfallen etwa 12.400 Quadratmeter auf den Neubau und 2600 Quadratmeter auf die Altbauten. Der Verkäufer ist die Meag aus München. Nach Abendblatt-Informationen soll der Kaufpreis bei mehr als 110 Millionen Euro liegen. Dem Vernehmen nach hatten auch Hamburger Projektentwickler mitgeboten. Die Gänsemarkt Passage steht nicht unter Denkmalschutz, deshalb dürfte der Abriss genehmigt werden.
Gebäudekomplex soll Sozialwohnungen beinhalten
Wichtig ist Oberbaudirektor Franz-Josef Höing: „Ein neues Projekt anstelle der heutigen Passage muss einen deutlichen Beitrag zur Belebung dieser innerstädtischen Lage leisten.“ Dazu sei ein komplexes gemischtes Konzept notwendig. Das reiche von neuen interessanten Einzelhandelsangeboten über neue Gastronomie-Formate bis hin zu einem nennenswerten Wohnanteil, der auch gefördert sein solle. Auch zu der Architektur äußerte sich Höing gegenüber dem Abendblatt: „Ein neues Haus muss sich einfügen in die Kulisse des Gänsemarktes und muss die Büschstraße deutlich aufwerten.“
Aufgrund des hohen Kaufpreises ist davon auszugehen, dass der Investor am Gänsemarkt mehr als die bestehenden 12.400 Quadratmeter errichten möchte. Was dort allerdings realisiert werden kann, darüber entscheidet die Politik. Mittes Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg unterstützt einen Abriss und sagt: „Wir brauchen an diesem zentralen Standort neben Büros und Einzelhandelsflächen natürlich auch eine möglichst hohe Anzahl an Wohnungen.“
Außerdem unterstützt Osterburg die Forderung des Oberbaudirektors, nennt aber auch schon Zahlen: „Wenn ein Neubau am Gänsemarkt errichtet wird, sollten 50 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sein. Das heißt: Wir sprechen dann von Einstiegskaltmieten ab 6,40 Euro.“ Es sei in diesem Fall zu begrüßen, wenn eine nicht mehr zeitgemäße Einkaufspassage durch einen Neubau ersetzt und dadurch auch innerstädtischer Wohnraum geschaffen würde , so der Grünen-Politiker.
Deutschlandhaus soll im Sommer abgerissen werden
Aufmerksam beobachtet auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf die Entwicklung: „Die Gänsemarkt Passage ist in die Jahre gekommen und deshalb besteht durch einen Abbruch die Chance, hier einen Neubau mit einer ansprechenden Architektur zu realisieren, die diesem bedeutenden Standort im Herzen der Stadt gerecht wird und diesen weiter belebt.“
Der Stadtentwicklungsexperte wünscht sich eine „attraktive Mischung aus Wohnungen, Büros und modernen Ladenflächen“. Doch der Abriss der Passage ist nicht die einzige Projektentwicklung am Gänsemarkt. Nur wenige Meter weiter soll das markante Deutschlandhaus im Sommer abgerissen werden (wir berichteten). Die Genehmigung dafür liegt bereits vor.
Der Hamburger Stararchitekt Hadi Teherani zeichnet für den Entwurf des neuen Deutschlandhauses verantwortlich, das wieder einer Klinkerfassade bekommen soll. Der Neubau erhält einen 35 Meter hohen öffentlichen Innenhof mit Glasdach und mehrere 20 Meter hohe Palmen. Das neue Gebäude soll eine Grundfläche von 40.000 Quadratmetern haben. Auch hier ist eine Mischung aus Einzelhandel, Gastronomie, Büros und 30 Wohnungen geplant.
Aus Sicht von Richard Winter, Niederlassungsleiter beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle, hat der Gänsemarkt „ein großes Potential. Es ist eine der schönsten Adresslagen der Stadt mit einer hohen Publikumsfrequenz.“ Die Pläne für die Neugestaltung der Flächen der Gänsemarkt Passage und des Deutschlandhauses seien eine positive Entwicklung für den Standort.
Milliardär Benko hat Gefallen an Hamburg gefunden
Offensichtlich ist, dass Milliardär René Benko, der auch Eigner des Warenhauskonzerns Karstadt ist, sein Gefallen an Hamburg gefunden hat. Nach eigenen Angaben zählt die Signa Real Estate Gruppe zu den größten Immobilieninverstoren in der Hansestadt. Hier gehören der Signa unter anderen das Alsterhaus am Jungfernstieg und die Alsterarkaden am Neuen Wall. Das Portfolio wird nun durch die Gänsemarkt Passage erweitert. Bis 2025 soll auch der Bau des rund 244 Meter hohen Elbtowers durch die Signa realisiert werden.