Hamburg. Torsten Teichert oder Johann Killinger? Die Wirtschaft diskutiert beim Neujahrsempfang, wer künftig Präses sein sollte.
Es war eine der wohl am meisten diskutierten Fragen beim diesjährigen Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatts: Wie geht es weiter mit der traditionsreichen Handelskammer? Wird der Streit zwischen den Rebellen und der etablierten Wirtschaft fortgesetzt? Oder gibt es einen – zumindest – verbalen Waffenstillstand? Und wer ist der bessere Präses? Der frühere Lloyd-Fonds-Chef Torsten Teichert oder Johann Killinger, der das Hafenunternehmen Buss lenkt? Diese beiden wollen sich am 24. Januar um den Präses-Posten duellieren. In einer geheimen Abstimmung hat das Plenum die Wahl.
„Wie stehen die Wetten?“, fragte der FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Michael Kruse, den Kandidaten Teichert scherzhaft, als er mit ihm auf das neue Jahr anstieß. Teichert enthielt sich einer Antwort. Dagegen ist die Meinung von Budnikowsky-Geschäftsführer Christoph Wöhlke zum Duell eindeutig: „Ich bin für Johann Killinger, denn er hat in seiner aktuellen Funktion als Buss-Chef Ahnung von komplexen Strukturen in einem großen Unternehmen. Genau so jemanden braucht die Kammer jetzt.“ Zudem stehe Killinger für den Ausgleich verschiedener Positionen.
„Ihm traue ich eher das Zusammenführen unterschiedlicher Strömungen zu. Und genau das benötigt die Kammer in den kommenden 14 Monaten bis zur nächsten Plenumswahl.“ Ähnlich wie Wöhlke äußerte sich das Plenumsmitglied Andreas Bartmann. „Killinger wäre zumindest für den Übergang der Richtige“, so der Geschäftsführer des Hamburger Outdoor-Spezialisten Globetrotter. Der Buss-Chef habe eine „sehr vermittelnde Art“. Und genau diese werde in den kommenden Monaten benötigt.
Heißer Kandidat für den Chefposten
Weder dem einen noch dem anderen würde Friedhelm Steinberg seine Stimme geben. „Ich wäre für André Mücke gewesen“, sagte Hamburgs Börsenpräsident. Mücke, der seit dem Rücktritt von Präses Tobias Bergmann die Wirtschaftsvertretung kommissarisch führt, hatte als heißer Kandidat für den Chefposten gegolten, bis er überraschend seinen Verzicht erklärte. Dem Abendblatt gegenüber begründete er seinen Rückzug mit privaten Entscheidungen. „Als Kammer-Präses muss man sehr viel Zeit investieren. Ich muss mich aber um meine eigene Firma kümmern sowie um meine Familie. Ich will in diesem Jahr heiraten. Da hätte ich das Amt nicht guten Gewissens übernehmen können“, sagte Mücke.
Gunter Mengers, der Vorsitzende der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg, der die Kammerführung bei der Jahresschlussfeier der Hamburger Wirtschaft in der Handelskammer noch stark kritisiert hatte, zeigte sich von dem Zweikampf, der sich nun zwischen Teichert und Killinger abzeichnet, überrascht. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte er. Ein klares Votum wollte Mengers beim Neujahrsempfang nicht abgeben, fügte aber hinzu: „Eigentlich müsste ich für Teichert sein. Denn dann wären die Frontlinien innerhalb der Kammer klar.“
Einen Neuanfang verspreche weder der eine noch der andere Kandidat, glaubt Claus Brandt, Managing Partner der Region Nordost bei der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) Deutschland. „Das Plenum bestand aus einer starken Gruppe, die jetzt zerfällt. Der eine Kandidat repräsentiert die eine Seite, der andere die andere. Und die Opposition in der Kammer hat weiter nichts zu sagen. Ein Neuanfang sieht anders aus“, sagte er. Ähnlich äußerte sich der Generalbevollmächtigte von Vattenfall, Pieter Wasmuth. „Solange nicht andere Kräfte in der Wirtschaftsvertretung in die Verantwortung kommen, wird es keinen Neustart geben“, sagte er.
„Die Kammer sollte zur Vernunft kommen“
Sowohl Killinger als auch Teichert und der amtierende Präses Mücke, die alle der Gruppe der Kammerrebellen entstammen, hatten in den vergangenen Wochen versucht, die wenigen unabhängigen Vertreter im Plenum der Handelskammer auf ihre Seite zu ziehen und für eine Mitarbeit im Präsidium zu gewinnen. Doch diese haben alle eine Absage erteilt. Der hoch gehandelte Budnikowsky-Geschäftsführer Christoph Wöhlke ebenso wie der Vorstandschef der Haspa, Harald Vogelsang, und der Vorsitzende des Verbands Hamburger und Bremer Schiffsmakler, Christian Koopmann.
Alle drei glauben, dass sie nichts bewegen könnten, selbst wenn einer oder zwei von ihnen ins Präsidium gewählt würden, da die Gruppe der Kammerrebellen dort weiter den Ton angebe. „Und selbst wenn wir im Führungsgremium etwas durchsetzen könnten, würde der Beschluss gleich wieder vom Plenum kassiert“, so Vogelsang. „Sobald man im Plenum wieder vernünftige Ideen für eine positive Zukunft der Kammer durchsetzen kann, werden wir uns engagieren.“
Auch den früheren Wirtschaftssenator und Ex-Präses Frank Horch (parteilos) treibt die Zukunft der Handelskammer weiter um: „Die Kammer sollte zur Vernunft kommen. Die Internationalität muss wieder gestärkt werden. Und es müssen glaubwürdige Personen in die Verantwortung, die eine hohe Akzeptanz haben.“ Er hoffe, dass starke Unternehmerpersönlichkeiten sich in der Zukunft wieder mehr einbringen werden. Namen wollte Horch allerdings nicht nennen. Den fast geschlossenen Rücktritt des Präsidiums, dessen Vertreter sich wiederwählen lassen wollen, kritisierte Horch. „Das ist doch alles Taktiererei.“ Killinger und Teichert selbst unterhielten sich beim Neujahrsempfang viel mit den anderen Gästen – allerdings nur kaum miteinander.