Hamburg. Das After-Shave “Gammon“ aus den 80-ern feiert ein Comeback. Auch das Deodorant 8x4 steht vor einer Grundüberholung.

Die Markenbezeichnung „Gammon“ allein dürfte nicht mehr allzu vielen Hamburger etwas sagen. Doch manche erinnern sich, wenn sie den charakteristischen Schriftzug sehen, der in den 1980-er und 1990-er Jahren auf After-Shave-Flaschen prangte. Bei anderen wiederum hat sich der Slogan „Mit diesem Duft kann Dir alles passieren“ aus den damaligen TV-Spots festgesetzt, oder aber die Melodie, mit der die Werbung unterlegt war – so wie bei Zhong Xiao. Der Beiersdorf-Mitarbeiter hat dafür gesorgt, dass man ein Produkt mit dem Namen Gammon jetzt wieder kaufen kann. Heute ist es eine Premium-Parfümkollektion.

Im Alter von acht Jahren war Xiao aus Peking nach Deutschland gekommen. „Das Fernsehprogramm war für mich zunächst die beste Möglichkeit, Deutsch zu lernen“, sagt er. „Die Musik aus dem Gammon-Spot ist bei mir hängen geblieben.“ Nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre kam er vor fünfeinhalb Jahren zu Beiersdorf nach Hamburg.

Als Mitarbeiter des Digitalteams stieß Xiao eines Tages zufällig in einem Bericht auf die Marke Gammon, die längst nicht mehr aktiv war: „Ich wusste bis dahin gar nicht, dass sie zu Beiersdorf gehörte und das After-Shave früher hier auf dem Firmengelände hergestellt wurde.“ In diesem Moment hatte Xiao ein Ziel für sich gefunden: Gammon sollte wiederkommen, aber ausschließlich online vermarktet werden. Das Grundkonzept war nach kurzer Zeit entwickelt, aber nun musste der Vorstand überzeugt werden. In der ersten Runde präsentierte Xiao seinen Plan 45 Minuten lang vor Ralph Gusko, dem Markenvorstand von Beiersdorf. Ein gelegentliches „ganz leichtes Nicken“ von Gusko fiel nur den ebenfalls anwesenden Kollegen auf, Xiao aber hatte es nicht wahrgenommen: „Ich konnte überhaupt nicht einschätzen, wie mein Plan angekommen war.“

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Wie ein Start-up innerhalb eines Konzerns

Offensichtlich war es eine gute Präsentation, denn in der Folge durfte Xiao drei Mal für jeweils eine knappe Stunde beim Vorstandschef Stefan Heidenreich für sein Vorhaben werben. „Er hat vielleicht nicht wirklich verstanden, warum ich das will, aber ich habe sein Vertrauen darin gewonnen, dass ich für den Erfolg von Gammon alles geben werde“, sagt Xiao. „Man braucht nicht viel, um etwas gutes zu schaffen“, findet der Jungmanager. Nach dieser Devise handelt er, seit er vor drei Jahren die Idee für den Gammon-Neustart hatte: An der Komposition der – gegenüber dem Vorbild deutlich abgewandelten – Musik für die Videos hat er mitgearbeitet und auf den Werbefotos, die das Gesicht nicht zeigen, ist er selbst zu sehen. Sein Team von bis zu zehn Personen hat ausrangiertes Mobiliar aus anderen Abteilungen aufgepeppt und umfunktioniert. Das Team agiert auch in anderer Hinsicht wie ein Start-up innerhalb des Konzerns. Es hat sogar einen eigenen Namen: Die Wingman-Studios. Der Begriff Wingman stammt ursprünglich aus der Militärfliegerei, ist seit einiger Zeit aber auch in der Popkultur gebräuchlich und bezeichnet einen zuverlässigen Gefährten, der anderen den Rücken frei hält.

Schon wegen des reinen Online-Vertriebs setzt Xiao auf eine junge Zielgruppe, die 18- bis 36-jährigen. Wie schon beim Gammon der 1980-er Jahre gibt es das Produkt in unterschiedlichen Duftnoten. Ein Probeset mit allen vier Düften kann für 16 Euro bestellt werden, eine Packung mit zwei 20-Milliliter-Behältern aber kostet 80 Euro. Damit reiht sich Gammon in das Premiumsegment neben Marken wie Chanel und Dior ein.

„Ultra-hochwertig“ musste nach den Vorstellungen von Xiao auch die Verpackung sein: Das Parfüm selbst befindet sich in einer Glasflasche, aber die minimalistisch geformte Umhüllung, besteht aus einem speziellen Aluminium, wie es im Flugzeugbau verwendet wird. „Es war gar nicht einfach, einen Hersteller zu finden, der dieses Metall nach unseren Vorgaben verarbeiten kann“, sagt Xiao. Mehrere Unternehmen in Europa winkten ab, erst eine Firma aus Asien sah sich dazu in der Lage.

Grundüberholung der Deodorantlinie 8x4 geplant

Abgefüllt wird das Parfüm in Italien, verschickt aber werden die Gammon-Sendungen von Hamburg aus. Vor drei Monaten begann der Verkauf. Zahlen will man bei Beiersdorf nicht nennen, weil sie für ein so neues Konzept noch nicht aussagekräftig seien. „Momentan läuft es gemessen an unseren Plänen sehr gut“, so Xiao, „dabei haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt.“

Gammon soll bei Beiersdorf aber nicht die einzige Marke bleiben, der man neues Leben einhauchen will. So steht eine Grundüberholung der Deodorantlinie 8x4 an, die es seit 1951 gibt. Im Gegensatz zu Gammon ist diese Marke noch aktiv, sie soll aber mit digitalem Marketing attraktiver für sehr junge Kunden gemacht werden. All das folgt der im Jahr 2017 formulierten Strategie, außer Nivea auch weitere Marken stärker zu fördern und die Digitalisierung voranzutreiben.

„Beiersdorf hat in den letzten 135 Jahren zahlreiche Marken entwickelt“, sagt Gusko. „Man sollte immer prüfen, ob eine der bereits existierenden Marken, die oft noch positive Assoziationen bei Konsumenten haben, wiederbelebt werden kann.“ Unter der Voraussetzung, dass die ursprüngliche Positionierung zum neuen innovativen Angebot passe, „können wir uns vorstellen, auch weitere Beiersdorf-Marken zu revitalisieren.“