Hamburg. Das Unternehmen will eine alte Marke wiederbeleben und hebt die Umsatzprognose an. Die Aktie sinkt dennoch leicht.

Die hohen Temperaturen sind gut für das Geschäft von Beiersdorf. Das Geschäft mit Sonnencremes lief im ersten Halbjahr „hervorragend“, sagte Konzernchef Stefan Heidenreich. Angesichts der Hitze, die in Nord- und Mitteleuropa bereits im Mai einsetzte, sprach er von einem „Jahrhundertphänomen“. Daraufhin habe der Gesamtmarkt für Sonnenschutzprodukte in Deutschland in den ersten sechs Monaten um 20 bis 30 Prozent zugelegt – „und wir sind der Marktführer in diesem Bereich.“

Dass der zumindest in der Nordhälfte Europas ungewöhnlich warme Sommer auch den Absatz von Duschgels und Deos beflügelte, trug zu dem aus Sicht des Nivea-Herstellers erfreulichen Geschäftsverlauf bei. „Wir haben in der Consumer-Sparte erneut einen Umsatzrekord erzielt und stärker zugelegt als der Markt“, so Heidenreich.

Einschließlich des Unternehmensbereichs Tesa, der wesentlich kleiner ist als der Verbraucherprodukt-Sektor, kletterten die Erlöse um 2,8 Prozent auf 3,61 Milliarden Euro. Das „organische“ – nicht um Währungsschwankungen bereinigte – Umsatzplus lag sogar bei 7,7 Prozent.

Gammon wird nach zwölf Jahren wiederbelebt

„Wir haben damit im siebten Jahr in Folge eine positive Entwicklung erreicht“, sagte der Beiersdorf-Chef. Der genannte Zeitraum ist nicht zufällig gewählt: Heidenreich leitet den Konzern seit April 2012. Wie im Juni mitgeteilt wurde, wird er das Amt spätestens Ende 2019 abgeben.

In den zurückliegenden Jahren habe der Vorstand „erkennbar die richtigen Weichen gestellt“, so Heidenreich. Um seine Strategie zu verdeutlichen, griff der passionierte Surfer und Segler dann aber auf eine Analogie aus der maritimen Welt zurück: Beiersdorf solle wie ein Flottenverband unterwegs sein. Es gelte nicht nur, den „schweren Tanker Nivea“ auf Kurs zu halten – „was durchaus schwieriger geworden ist“, so Heidenreich. Daneben werde es „viele kleine Schnellboote“ geben, und zwar künftig mehr als heute.

Ein Deospray der Marke 8x4, die  Beiersdorf im nächsten Jahr erneuern will
Ein Deospray der Marke 8x4, die Beiersdorf im nächsten Jahr erneuern will © Beiersdorf AG | Beiersdorf AG

Dazu will das Unternehmen auch alte Marken neu beleben. Verantwortlich für deren Neueinführung seien „junge Teams mit zum Teil ganz verrückten Ideen“, erklärte Heidenreich. In den nächsten Wochen soll so die frühere Männerkosmetikreihe Gammon in neuer Form wieder auferstehen. Im Jahr 2006 hatte man beschlossen, die damals wenig erfolgreiche Marke nicht mehr weiter zu fördern.

Beiersdorf goes digital

Im kommenden Jahr soll nach den Worten von Heidenreich die Deodorant-Linie 8x4, deren Markengeschichte bereits 1951 begann, in völlig überarbeiteter Form durchstarten. Doch schon jetzt trage die Strategie, die kleineren Marken neben Nivea unter anderem durch eine unabhängige Leitung zu stärken, offenbar Früchte.

So zogen die Umsätze der Premium-Hautpflegereihe La Prairie um fast 56 Prozent an. Dabei seien die hochpreisigen Produkte – 20 Milliliter können mehr als 1000 Euro kosten – nicht zuletzt in China sehr gefragt, sagte Heidenreich. Er setzt außerdem große Hoffnungen in eine neue Lippenpflegestift-Linie von Labello, die gleichzeitig wie ein Lippenstift in kräftigen Rottönen wirkt. Die Anregung dazu habe Beiersdorf auf dem japanischen Markt erhalten, hieß es.

Außerdem will man die Chancen der Digitalisierung noch besser nutzen. Über die neuen Medien könne das Unternehmen „unmittelbar mit Verbrauchern kommunizieren, was die Grundlage für eine langfristige Kundenbeziehung schafft“, erklärte Heidenreich. Doch das Internet werde zunehmend auch ganz direkt als Verkaufskanal genutzt, etwa über Kooperation mit den Onlinehändlern Alibaba und JD.com in China.

Geteiltes Echo an der Börse

Aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr hebt der Konzern seine Umsatzprognose für 2018 an. Es wird nun ein Erlöswachstum von „etwa fünf Prozent“ erwartet. Zum Ende des ersten Quartals hatte man noch mit einem Plus von etwa vier Prozent gerechnet. Trotz der negativen Währungseffekte und höherer Rohstoffpreise nahm der Betriebsgewinn (Ebit) in den ersten sechs Monaten um 4,3 Prozent auf 585 Millionen Euro zu. Somit verbesserte sich die Ebit-Umsatzrendite leicht auf 16,2 (16,0) Prozent.

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An der Börse fanden die Zahlen ein geteiltes Echo: Unmittelbar nach der Veröffentlichung verlor die Aktie gut zwei Prozent, gewann dann zwei Prozent, bevor es wieder abwärts ging und die Aktie bei 99,66 Euro 0,7 Prozent im Minus schloss. Mehrere Analysten setzten das Kursziel hoch. Das organische Umsatzwachstum von Beiersdorf habe überzeugt, hieß es etwa vom Analysehaus Independent Research.

Die Nord/LB stufte das Papier sogar von „Verkaufen“ auf „Halten“ hoch. Der Branchenexperte Thorsten Strauß erklärte dazu, die Hamburger hätten ihr dynamisches Wachstum fortgesetzt. Ein Unsicherheitsfaktor bleibe die notwendige Neubesetzung der Konzernspitze.

Zerwürfnis mit Großaktionär? „Blödsinn“

Je nach dem Verlauf der Suche nach einem Nachfolger werde Heidenreich das Unternehmen „vielleicht auch früher“ als Ende 2019 verlassen, sagte der Chef selbst dazu: „Ich bin da tiefenentspannt.“ Spekulationen über ein Zerwürfnis mit dem Mehrheitsaktionär, dem Hamburger Milliardär Michael Herz, bezeichnete Heidenreich wörtlich als „Blödsinn“. Es gebe zwischen beiden unverändert eine „sehr gute professionelle Zusammenarbeit“.

Der Beiersdorf-Chef sieht auch keinen Grund für Unzufriedenheit mit seiner Leistung. So habe sich der Unternehmenswert seit seinem Amtsantritt ungefähr verdoppelt. Tatsächlich stieg die Beiersdorf-Aktie etwas stärker als der DAX, der im gleichen Zeitraum um 80 Prozent kletterte. Der Erfolg sei aber „hart erarbeitet“ worden, so Heidenreich. Darum habe er für sich entschieden, „anderen Interessen höhere Priorität zu geben“.