Hamburg . Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Heute im Abendblatt-Test: Die alkoholfreie Innovation von Trinkuwe.

Das Atelier am Neuen Pferdemarkt ist vollgestellt mit moderner Videoelektronik und Bierkisten. Dazwischen sitzen vier junge Leute, die freundlich, aber nicht minder entschlossen schauen. Sie machen beruflich Werbung und Dokumentarfilme und wollen etwas in Ordnung bringen, das ihrer Meinung nach nicht in Ordnung ist, das Angebot an alkoholfreien Bieren. „Die meisten schmecken nicht gut. Das war jedenfalls bisher so, aber das ändern wir gerade“, sagt Sönke Schmidt seines Zeichens Artdirector.

Zusammen mit Laia Gonzales, Anna-Katrin Moss und Philip Wienberg hat Schmidt es sich zur Aufgabe gemacht, mit einer völlig neuen Marke die Biertrinker dieser Welt zu erobern. Und ihr Getränk, dessen Liebhaber auch nach dem Leeren von zehn Flaschen noch immer nüchtern sind, hat einen schlichten sowie eingängigen Namen: „Uwe“ prangt auf dem Etikett.

Markensymbol ist ein Affe

Warum nur? „Weil man sich nicht zum Horst macht, wenn man Uwe trinkt“, steht auf der Homepage des jungen Unternehmens. In Wahrheit ist die Sache schon komplizierter, und man merkt sofort, das man es mit Werbeprofis zu tun hat. „Uwe klingt total vertraut. Der Name ist nordisch, bodenständig und vor allem nicht so lang wie die der gängigen Konkurrenzprodukte“, erklärt Philip Wienberg. „Wie klingt denn: Ich hätte gerne ein alkoholfreies Krombacher? Bitte ein Uwe! Das ist einfach.“ Hinter Uwe steht auch kein Mensch, sondern das Markensymbol ist ein Affe. Selbst dahinter steckt wieder ein Werbespruch: „Man kann auch alkoholfreies Bier trinken, ohne sich zum Affen zu machen.“ Laia Gonzales, Dokumentarfilmerin und Geschäftsführerin von Trinkuwe, erklärt, wie es dazu kommt. „Wer alkoholfreies Bier trinkt, wird in unserer Altersgruppe auf Partys oft schräg angesehen. Da wird vermutet, dass man schwanger sei, oder dass es einem schlecht geht. Dass man aber einfach keine Lust auf Alkohol hat, verstehen die meisten gar nicht.“

Andere Herstellung

Vom Bierbrauen verstanden die jungen Gründer zu Anfang wenig, nur in einem waren sie sich einig: Die derzeitige Angebotspalette an alkoholfreien Bieren in den Warenregalen entsprach nicht ihrem Geschmack. „Ich trinke seit zwei Jahren keinen Alkohol mehr, mag aber Bier“, sagt Wienberg. „Doch die Produkte der bekannten Marken schmeckten mir alle nicht. Die laufen bei den großen Brauereien doch unter ferner liefen.“ Das liege daran, dass die Brauereien in der Regel ihr Autofahrer-Bier erst wie ganz normales Bier brauten und ihm später den Alkohol wieder entzögen, ergänzt Schmidt. „Bei Uwe ist das anders. Wir verwenden eine Hefe, die keinen Alkohol verträgt. Dadurch hört die Gärung bei 0,2 bis 0,3 Prozent Alkohol einfach auf. Wenn man so will, handelt es sich um eine defekte Hefe.“

Um das Bier nach ihren Wunschvorstellungen zu erhalten, suchten die vier eine Brauerei, die sich bereiterklärt, ihre Sudkessel für Uwe bereitzustellen. „Das war gar nicht einfach“, sagt Geschäftsführerin Gonzales. „In Hamburg war keine Brauerei bereit.“ Fündig wurde das Start-up bei einer Brauerei im sächsischen Hartmannsdorf.

Bankkredit gab es nicht

Wochenlang verhandelten die Hamburger Werber und Künstler mit dem Braumeister über die richtige Rezeptur – bis irgendwann das Ergebnis ihren Vorstellungen entsprach. Trink­uwe gibt es in zwei Varianten, als herberes India Pale Ale mit einer starken Hopfenbetonung und als Summer Ale mit einem fruchtigen Geschmack. 100 Hektoliter Uwe ließen die Jungunternehmer brauen und zahlten dafür eine fünfstellige Summe, ohne Bankkredit. Wer leiht schon einer Truppe von Idealisten, die bisher nicht eine einzige Flasche verkauft haben, frisches Geld?

Und dann kam die Lieferung: 30.000 Flaschen Bier. „Wir fragten uns, wie lange wir selbst benötigen würden, die Charge zu leeren, wenn uns kein Verkauf gelingt“, erinnert sich Schmidt. Doch es kam anders: „Am Donnerstag Anfang Mai kam das Bier, am Sonnabend standen wir mit einem Stand am Osterstraßenfest“, so Gonzales. Der erste Test – ein voller Erfolg. „Gemessen an unserer Standzeit haben wir im Schnitt pro Minute eine Flasche verkauft. Das war mehr als wir hofften.“

Metro ist interessiert

Derart ermutigt begannen die Jungbrauer mit Uwes Vertrieb, wie es sich für junge Marketingexperten gehört, zunächst über die sozialen Medien. „Wir zogen aber auch von Kiosk zu Kiosk, klapperten Lebensmittelhändler ab. „Das war Klinkenputzen“, sagt die für den Vertrieb zuständige Anna-Katrin Moss. Innerhalb von vier Monaten, war Uwe ausverkauft. Also wird in Hartmannsdorf wieder für die Hamburger gebraut. Und der Nachschub wird dringend erwartet: Den Durchbruch schaffte Trinkuwe vor wenigen Tagen, als der Metrokonzern sein Interesse anmeldete. Jetzt geht Uwe bundesweit in den Handel. „Geld verdienen wir damit noch nicht. Dazu müsste der Verkauf in größeren Mengen laufen“, sagt Geschäftsführerin Gonzales. „Aber Ende 2019 dürfte es so weit sein.“

Der Test:

Produkt: Uwe ist ein alkoholfreies Craft-Bier, das es derzeit in zwei Sorten gibt, als normales India Pale Ale und als etwas leichteres Summer Ale. Auffallend ist das Etikett mit einem Affen.

Inhaltsstoffe: Uwe wird nach dem Reinheitsgebot gebraut, enthält Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe. Anders als bei den meisten Bieren wird Uwe nicht nachträglich der Alkohol entzogen, sondern die Gärung stoppt bei 0,3 bis 0,5 Prozent. Damit gilt es als ein alkoholfreies Bier.

Geschmack: Uwe hat die Tester einheitlich überzeugt. Das Bier schmeckt auch ohne Alkohol wie ein Bier. Es hat eine schöne Farbe, ist süffig, fruchtig und entfaltet im Geschmack viele Hopfennoten. Das Summer Ale ist leicht süßlich und erinnert an ein Alsterwasser. Das herbere India Pale Ale ist nicht so bitter wie viele Pale Ales und im Nachgeschmack leicht nussig.

Preis/Verfügbarkeit: Uwe ist im Onlineverkauf direkt bei der Firma Trink-uwe im Sechserpack oder im Paket mit 24 Flaschen zu beziehen. Das Bier ist aber auch in vielen Supermärkten oder Restaurants erhältlich. Im Onlineverkauf kostet die Flasche 2,08 Euro, bei Edeka 1,99 Euro und bei Rewe 2,49 Euro. Damit ist der Preis höher als bei den gängigen Bieren, für ein Craft-Bier aber günstig. Uwe wird inzwischen auch von Supermärkten in Bremen, Oldenburg, Chemnitz, Braunschweig, Rostock und Lüneburg verkauft.

Fazit: Eine durstlöschende Alternative zu den alkoholischen Bieren. Die Abendblatt-Redaktion gibt Uwe vier von fünf möglichen Sternen.

Der Abendblatt-Test – jeden Dienstag im Wirtschaftsteil. Alle bisherigen Folgen gibt es online unter www.abendblatt.de/testserie