Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir erzählen die Geschichte. Heute: Eine Spezialität von Flaschenweise.

Es gibt diese Momente im Leben, da will man genau das, was man nicht hat. Petra Morawa (45) kennt das seit ihrer Kindheit. Als ihre Familie einen großen Gemüsegarten besaß, jeden Tag frisch erntete und kochte – da beneidete Petra Morawa insgeheim ihre Freunde, bei denen es Convenience-Produkte zu essen gab. Als Erwachsene, das stand damals für sie fest, würde es Fertigprodukte auch bei ihr geben. Wie schnell sich das ändern würde, das ahnte sie nicht. Das merkte sie etwa 20 Jahre später, als sie nach dem Studium als Grafikdesignerin im Foodbereich arbeitete und Werbung für Tütensuppen machte. „Da habe ich den Appetit verloren – auf Convenience-Produkte und meinen Job“, sagt Petra Morawa.

15 Jahre ist es her, dass sie sich eine Auszeit vom Job genommen und überlegt hat, wie sie nicht nur die Optik von Lebensmitteln gestalten kann, sondern auch deren Inhalt. 18 Jahre, in denen Petra Morawa ihr Unternehmen Flaschenweise gegründet und aufgebaut hat. Was 2003 mit dem Verkauf von aromatisiertem Essig und Öl auf dem Wochenmarkt begann, ist zu einer gut ­laufenden Manufaktur für Feinkost geworden, deren Produkte es bei 130 Händlern zu kaufen gibt. In einer ehemaligen Schokoladenfabrik in Wandsbek fertigen sechs Mitarbeiter in Handarbeit Würzöle, Aromasalze, Vinaigrette und Pesto. 40 verschiedene Produkte hat Flaschenweise im Angebot. Ganz neu im Sortiment dabei: schonend eingekochtes Pesto.

Wunsch vieler Kunden

„Damit kommen wir dem Wunsch vieler Kunden und Händler nach, die sich seit Jahren ein Pesto gewünscht haben, das nicht gekühlt werden muss und länger haltbar ist“, sagt Petra Morawa. Sie hofft, mit der neuen Version ihres beliebten Pestos auch neue Kunden gewinnen zu können. Denn das schonend eingekochte Pesto gibt es im Mini-Format. In Gläsern à 100 Milliliter zum Preis von rund sechs Euro. „Durch die kleine Größe und den damit verbundenen niedrigeren Preis wollen wir ein anderes Publikum ansprechen“, erklärt Petra Morawa. Zum Vergleich: Die kaltgerührten Pestos kosten rund acht Euro für 140 Milliliter und circa elf Euro für 220 Milliliter.

Das Pesto ist das beliebteste Produkt von Flaschenweise. Alleine im vergangenen Jahr wurden 60.000 Gläser davon verkauft. Mit Pistazien und Zitronen, gebrannten Mandeln, Steinpilzen, Gewürzen aus 1001 Nacht - und Basilikum. Immer wieder Basilikum. Die Nachfrage nach dem Klassiker aus frischem Basilikum, Parmesan und gerösteten Pinienkernen ist am größten – auch wenn Petra Morawa das manchmal bedauert. „Eigentlich sind die anderen Sorten geschmacklich viel spannender, aber Basilikum ist eben am traditionellsten“, sagt die Chefin der Manufaktur. Zur Hauptsaison verarbeiten sie und ihre Kollegen 30 Kilo Basilikum. Pro Woche! Die Produktion erfolgt auftragsabhängig. „Das heißt: Wir stellen wirklich nur das her, was der Handel geordert hat“, so Petra Morawa. Dienstag und Mittwoch wird Pesto produziert, Donnerstag und Freitag der Essig, das Öl und Salz. Die Kräuter werden per Hand sortiert, gewaschen und püriert.

Große Herausforderung

Als sie sich vor 15 Jahren selbstständig machte, hat sie ihre Feinkost noch in einem Restaurant als Untermieterin zubereitet, dann 2006 eine eigene Produktionsstätte bezogen. Der Umzug ging einher mit einer Umstrukturierung des Unternehmens. Sie zog sich aus dem Verkauf ihrer Produkte auf Wochenmärkten zurück und startete im Handel durch. „Beides war einfach nicht mehr zu schaffen, und ich habe im stationären Handel größere Wachstumschancen gesehen als im Wochenmarkt-Geschäft“, so Petra Morawa. Ihr Plan ist aufgegangen: Inzwischen gibt es Flaschenweise bei mehr als 130 Händlern bundesweit, 43 davon in Hamburg. Der Umsatz: rund 300.000 Euro.

Irgendwann, das hat sie sich fest vorgenommen, soll es eine halbe Million sein. Doch die Herausforderung, mit hochwertigen Zutaten und Handarbeit wirtschaftlich zu sein, ist groß. „Es gibt zwar immer mehr Menschen, die Wert auf hochwertige Lebensmittel legen und bereit sind, dafür Geld auszugeben – aber auch immer mehr Manufakturen, die sich gegenseitig Konkurrenz machen“, sagt Petra Morawa, die im kommenden Jahr weiter expandieren will. Ihr Plan ist es, Flaschenweise auch in Süddeutschland bekannter zu machen und sich einen festen Platz im Einzelhandel zu erarbeiten. „Damit kann ich vielleicht nicht reich werden. Aber zufrieden!“ Petra Morawa weiß jetzt ziemlich sicher, was sie im Leben will. Genau das, was sie hat.

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