Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir erzählen die Geschichte dahinter. Heute: ein besonderer Snack.

Angefangen hat es mit einem Liebesbeweis. Oder wie soll man es nennen, wenn ein Student der Flugzeugtechnik tagelang in der Küche steht, um einen veganen Snack mit möglichst viel Eisen zu entwickeln. „Meine Freundin litt damals unter Eisenmangel“, sagt Finn Schöning. Der Arzt hatte ihr zwar Tabletten verschrieben, aber die vertrug die junge Frau nicht. Er habe dann überlegt, wie man das Spurenelement auf natürliche Weise zu sich nehmen kann – außer durch den gängigen Eisenlieferanten Fleisch, sagt Schöning. Seine Recherche förderten Lebensmittel wie Weizenkleie und getrocknete Aprikosen, Hanfsamen und Zuckerrübensirup hervor. Aber wie passen die zusammen? Der Hamburger entwarf seinen ersten Müsliriegel mit extra viel Eisen.

Herausgekommen ist Eisenreich. Der Name ist Programm. Die Gründer, inzwischen ist Bruder Jannik in das Start-up eingestiegen, versprechen, dass ein Riegel mindestens 30 Prozent des täglichen Eisenbedarfs deckt. „Im Schnitt braucht man 14 Milligramm“, sagt Finn Schöning. Die Eisenreich-Riegel haben 4,4 Milligramm Eisen, in der Schokovariante sogar 5,3 Milligramm. Das Besondere, das sie von anderen Eisen-Präparaten unterscheidet: „Wir sind die einzigen Anbieter, die ein Produkt nur aus Zutaten mit natürlichem Eisen machen“, betont Jannik Schöning.

180 Riegel in zehn Stunden

Seit den Anfängen am Herd der Studentenwohnung in Hamm ist einiges passiert. Nach und nach hat Finn Schöning die Rezeptur verändert und verfeinert. „Ich habe mich langsam herangetastet, zum Beispiel Zuckerrübensirup statt Honig eingesetzt“, sagt der 25-Jährige. Manchmal ist es ein halbes Gramm einer Zutat, das Geschmack und Konsistenz deutlich verbessert – oder verschlechtert. Um die Standards der Nahrungsmittelherstellung zu erfüllen, hat er einen Kurs bei der Handelskammer besucht. Wegen der natürlichen Zutaten gelten die Riegel nicht als Nahrungsergänzungs- sondern als Lebensmittel.

In der ersten Phase hatten die Eisenreich-Macher sich für die Herstellung in eine Restaurantküche eingemietet. „Wir haben für 180 Riegel zehn Stunden gebraucht“, erinnert sich Jannik Schöning an die Zeit. Parallel stieg die Nachfrage. Neben dem Vertrieb über das Internet hatten die Brüder auch einen kleinen Stand auf dem Isemarkt. Zu den Varianten Kokos und Natur kam eine mit Schokolade.

Fast jeder Dritte leidet unter Eisenmangel

Eisenmangel ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO eine der häufigsten ernährungsbezogenen Mangelerscheinungen weltweit. Statistisch leidet fast jeder Dritte darunter. Das Spurenelement muss durch die Ernährung aufgenommen werden, weil der Körper es nicht selbst bilden kann. Wichtig ist Eisen für die Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin und für den Sauerstofftransport im Blut. Der Körper kann Eisenmangel über einen bestimmten Zeitraum kompensieren.

Auf Dauer kann es aber zu Blutarmut (Anämie) kommen mit den typischen Symptomen: andauernde Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen. Vor allem junge Frauen sind betroffen und Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Bei Schwangeren steigt der Bedarf nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf 30 Milligramm am Tag, für stillende Mütter werden 20 Milligramm empfohlen.

Verkaufszahlen steigen

Für die Eisenreich-Gründer sind das wichtige Zielgruppen. Nachdem sie ihre Riegel im vergangenen Jahr in einem Hamburger Bäckereibetrieb herstellen ließen, haben sie Anfang 2018 den nächsten Schritt in der Entwicklung ihres Geschäfts gewagt. „Bei uns dauert alles ziemlich lange, weil wir beide noch andere Sachen machen“, sagt Jannik Schöning. Der 30-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und arbeitet als selbstständiger Personal Trainer. Sein Bruder schreibt seine Masterarbeit. Inzwischen hat ein Designer die Verpackung des Eisen-Snacks überarbeitet. Auch an Rezeptur und Herstellungsprozessen haben sie gearbeitet, die Produktion an ein Lebensmittelinstitut in Niedersachsen vergeben.

Bislang haben die Brüder ihr Start-up nahezu komplett selbst finanziert. Ein geringer fünfstelliger Betrag steckt inzwischen in Eisenreich. „Die Verkaufszahlen steigen langsam, aber stetig“, sagt Jannik Schöning. Zahlreiche Kunden würden die Riegel über ein Abo-Modell inzwischen regelmäßig beziehen. Leben können die Brüder noch nicht von ihrem Geschäftsmodell, aber das soll sich ändern. Demnächst sollen die Riegel auch im Supermarkt-Regal liegen. „Es gibt Gespräche mit einigen Händlern in Hamburg.“

Im Angebot haben die Gründer im Moment zwei Geschmacksrichtungen. Die Sorte mit Kokos, mit der vor zwei Jahren alles anfing, war bei Qualitätstests durchgefallen. „Wir haben festgestellt, dass sie zu schnell ranzig wird“, sagt Finn Schöning. Die Produktion ist erst mal gestoppt. Gerade entwickelt er ein neues Rezept. Seine Freundin ist Vortesterin. Natürlich.

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