Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir erzählen die Geschichte dahinter. Heute: Moi’s Haymaker.

Vier Zutaten. Mehr nicht. Keine Konservierungsstoffe, keine Geschmacksverstärker. Und erst recht kein Zucker oder irgendein Chichi. Nur Zitronensaft, Ahornsirup, Ingwersaft – und Apfelessig. Naja, und Wasser natürlich. Mehr brauchten sie nicht, um ihre eigene Limonade zu kreieren. Halt! Limonade mit Apfelessig? Also eine Essig-Limo? Klingt eher nach einer Schnapsidee als nach einem neuen Trend-Getränk. Doch in den letzten eineinhalb Jahren haben Timon Böhnke (30), Jan Reiff (30) und Justus Düsenberg (29) alles daran gesetzt, um ihre Limonadenkreation unter das Volk zu bringen. Mit Erfolg. Im April haben sie die ersten 5000 Flaschen ausgeliefert – und die waren vielerorts schneller weg, als ihnen lieb war.

Heute sitzt Timon Böhnke neben Jan Reiff auf einem Sofa in seiner Wohnung und erzählt, wie alles angefangen hat. Wie er, der Wirtschaftsingenieur, nach dem Studium merkte, dass er mit dem Büroalltag überhaupt nichts anfangen kann. Wie er davon träumte, sein eigenes Ding zu machen und gemeinsam mit Jan und Justus nachdachte, womit man sich selbstständig machen könne. „Da sind schon einige Ideen zusammen- gekommen, doch Essiglimo war schon die Beste – und die, mit der wir uns selbst am besten identifizieren konnten“, sagt Timon Böhnke.

Auf der Altonale 2017 feierte Getränk Premiere

Auf den Einfall, Wasser mit Apfelessig, Ahornsirup, Ingwer und Zitronensaft zu kombinieren, brachte sie ein befreundeter Arzt, der sich viel mit dem Thema Apfelessig als Naturheilmittel beschäftigt hatte. Die Freunde fingen an zu recherchieren und fanden heraus, dass schon nordamerikanische Farmer im 17. Jahrhundert Essiglimonade als kühle Erfrischung tranken.

„Da sie angeblich besonders gerne nach der Heuernte getrunken wurde, nannte man sie auch Heumacher Punch – oder Haymaker’s Punch“, sagt Jan Reiff und erklärt, wie es zu ihrer Version des Namens gekommen ist: In Anlehnung an das Moin Moin, das man in Hamburg eigentlich zu jeder Tageszeit sagt, und an das plattdeutsche Moi, das so viel wie gut und schön heißt. Moi’s Haymaker bedeutet also so viel wie der schöne Farmer – auch wenn die Gründer selbst weder Farmer und noch nicht einmal Hamburger sind, sondern sich selbst als die Moi’s bezeichnen.

Große Euphorie

Bei der Altonale 2017 hat das Gründertrio erstmals Moi’s Haymaker ausgeschenkt. Nachdem sie vorher nächtelang in der heimischen Küche mit Ingwersaft, Ahornsirup, Zitronensaft und Apfelessig herumexperimentiert sowie Etiketten designt, ausgeschnitten und per Hand aufgeklebt hatten. Insgesamt 100 Flaschen haben sie so in ihrem eilig zusammengestellten Abfülllager in der Wohnung produziert und auf ihrem Flohmarktstand bei der Altonale gegen eine Spende ausgeschenkt. Klar, irgendwie eine Schnapsidee, aber eine ziemlich geniale. Denn die Leute waren begeistert – und den drei Freunden wurde klar, welches Potenzial in einem Produkt wie Essiglimonade steckt.

Die Euphorie war groß – die Ernüchterung allerdings auch. Schon die Suche nach einem Abfüller war eine Herausforderung. „Wir haben jemanden gesucht, der uns 100 Flaschen abfüllt – und anfangs nur Unternehmen gefunden, bei denen die Mindestabnahmemenge 100.000 ist“, sagt Timon Böhnke und erzählt, wie sie parallel weiter an der optimalen Rezeptur tüftelten und mit verschiedenen Ingwer-Varianten experimentierten. Als Pulver und Gelee, als kandierte Frucht und als Aroma. Bis sie auf Saft gestoßen und dabei geblieben sind. „Wir wollten nie irgendeine Limo produzieren. Sondern ein Getränk kreieren, das weitgehend auf Zucker verzichtet und weniger süß ist“, sagt Jan Reiff. „Moi’s Haymaker soll keinen Durst machen, so wie andere Limos. Sondern Durst löschen.“

Anfrage sogar aus Frankfurt

Damit konnten sie im Laufe der Zeit Restaurants, Cafés und Kioske in der Schanze, Ottensen und auf St. Pauli überzeugen, die Moi’s auf die Getränkekarte gesetzt haben. Inzwischen haben die Gründer, die ihr Start-up noch nebenbei betreiben, auch einen neuen Abfüller gefunden – nachdem es mit ihrem ersten Kooperationspartner Pro­bleme bei der Pfandrückerstattung gab.

Die nächste Abfüllung steht kurz bevor, denn die Nachfrage ist groß. Sogar ein Café aus Frankfurt hat die Essiglimonade aus Altona bereits geordert – und die ersten Kisten per Post erhalten. „Den Vertriebsweg müssen wir noch optimieren“, sagt Timon Böhnke und zählt auf, was es zu tun gibt: Onlineshop aufbauen, Werbung schalten, den Verkauf vorantreiben. Die Gespräche mit Rewe und Edeka laufen schon, bald soll Moi’s Haymaker in den ersten Märkten stehen. Wie es weitergeht? Ein paar Ideen haben sie da schon. Anscheinend macht sauer nicht nur lustig, sondern auch erfinderisch!

Der Abendblatt-Test – jeden Dienstag im Wirtschaftsteil. Alle bisherigen Folgen gibt es online unter www.abendblatt.de/testserie