Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Eine Innovation von Corny.
Müsliriegel aufs Brot? Klingt ein bisschen wie Cornflakes aufs Brötchen. Oder Fischstäbchen auf Labskaus. Doch für Müsliriegel Marktführer Corny, der allein im vergangenen Jahr 290 Millionen Riegel verkauft hat, ist das alles andere als eine Schnapsidee – sondern eine „konsequente Weiterentwicklung der Marke“, so Julius Semrau (36). Er ist Leiter der Produktentwicklung bei Corny und hat eineinhalb Jahre an einem Brotaufstrich getüftelt.
„Die Idee eines Müsliriegels zum Schmieren entstand vor zwei Jahren während eines Workshops. Da wir wissen, dass viele Menschen Corny bereits morgens zum Frühstück essen, war es einfach naheliegend, einen entsprechenden Brotaufstrich zu kreieren“, sagt Julius Semrau. Seit Mai sind die ersten beiden Sorten unter dem Namen „Corny Crunchy“ jetzt auf dem Markt: Schoko und Schoko-Banane, beide mit den typischen Getreidecrispies. Da beide Geschmacksrichtungen als Müsliriegel auf der Beliebtheitsskala der Konsumenten ganz oben rangieren, war schnell klar, dass für die Corny Neuauflage im Glas nur sie infrage kommen.
Der Weg vom Müsliriegel zum Brotaufstrich war schwierig. Denn Julius Semrau und sein Team wollten nicht einfach eine Schokocreme herstellen, die nur nach Corny schmeckt – sondern die wie Corny ist. „Uns ging es nicht nur um den Geschmack, sondern auch um die Haptik“, sagt Julius Semrau und ergänzt: „Uns war schnell klar, dass eine glatt gerührte Creme nicht zu unseren kernigen Riegeln passt und wir auch bei den Aufstrichen auf unsere charakteristischen Corny-Eigenschaften setzen müssen: Getreidecrispies sowie Schokotropfen und Bananenstücke, die dem Produkt Biss verleihen.“
Nichts für Kinder! Zielgruppe sind 18- bis 39-Jährige
Die oberste Maxime: „Cornys Identität bewahren“, so Fabian Schierer (33), Produktmanager von Corny. Schließlich sei Corny mit einem Marktanteil von 60 Prozent der bekannteste Müsliriegel in Deutschland – und die Erwartungshaltung der Verbraucher an die Marke dementsprechend groß. Aus diesem Grund haben die Produktentwickler in Bad Schwartau in den vergangenen Monaten mehr als 50 Varianten des Brotaufstrichs kreiert – und verkostet. Auf Schwarz- und Graubrot, Croissants und frisch getoastetem Weißbrot. Mit und ohne Butter. „Nur so konnten wir die optimale Konsistenz entwickeln“, sagt Semrau. Eine Konsistenz, die nicht zu fest ist, sich gut verstreichen lässt und auf warmem Brot nicht schmilzt. Das Ziel der Schwartau Werke, die vor allem für ihre Konfitüren bekannt sind, ist ehrgeizig: Sie wollen mit ihren Corny Aufstrichen dem Marken-Riesen Nutella Kunden abjagen – und im Markt der süßen Cremes mitmischen.
Denn das Potenzial dort ist groß. Fast 500 Millionen Euro wurden laut Marktforschung zuletzt im Segment süße Aufstriche umgesetzt. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein Ferrero – entwickelte mit Nutella den ersten Schokoaufstrich – und hat heute einen Marktanteil von mehr als 76 Prozent, verkauft jährlich 250.000 Tonnen Nutella in weltweit 75 Ländern.
Im Gegensatz dazu gibt es auf dem Markt der Konfitüren und Riegel nur wenig Wachstumspotenzial. Schwartaus Umsatz stagniert seit Jahren bei etwa 300 Millionen Euro. „Der Markt in unseren beiden Schwerpunkt-Kategorien ist gesättigt und bietet kaum Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn wir weiter wachsen wollen, müssen wir neue Wege suchen“, sagt Produktmanager Fabian Schierer. Bereits vor einem Jahr hatte Schwartau vier herzhafte Brotaufstriche auf den Markt gebracht.
Anders als die Konfitüren werden die Corny Aufstriche nicht in Bad Schwartau produziert, sondern bei einem Partner, mit dem man seit mehr als 30 Jahren zusammenarbeitet. „Unsere derzeitigen Maschinen sind für die Schokocremes nicht geeignet. Doch bevor wir eine eigene Produktionslinie aufbauen, müssen sich die Aufstriche erst auf dem Markt durchsetzen“, sagt Fabian Schierer. Erste Reaktionen und Verkaufszahlen seien positiv. Vor allem die Sorte Schoko-Banane laufe gut.
Allerdings, darauf legt man bei Schwartau großen Wert: „Corny Crunchy ist kein Kinderprodukt“, so Schierer. „Wir wollen vor allem junge Leute zwischen 18 und 39 Jahren ansprechen. Deswegen haben wir Corny Crunchy weniger süß gemacht.“ Corny ist mutiger bei der Entwicklung neuer Produkte geworden – und will das 2019 bleiben. In der Schublade liegen schon neue Ideen. Und viele Rezepte.
Der nächste Abendblatt-Test folgt am 18.September. Alle bisherigen Folgen gibt es online unter www.abendblatt.de/testserie