Hamburg. Senat und Hafenwirtschaft müssen sich erneut mit Umweltschützern auseinandersetzen. Bauarbeiten gehen weiter. Erste Reaktionen.
Das juristische Tauziehen um die Elbvertiefung geht weiter. Die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF werden am Donnerstag erneut Klage beim Bundesverwaltungsgericht gegen das Bagger-Projekt einreichen. Die Verbände halten die Planung auch nach der 3. Ergänzung weiterhin für rechtswidrig. Insbesondere die naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen seien nicht erfüllt, teilten sie am Dienstag mit. Diese Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung. Da die Behörden die Pläne bereits genehmigt haben, kann die Elbvertiefung wie geplant erfolgen. Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch und die "Wasserstraßen und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) begrüßten diese Tatsache. Die Vertiefungs- und Verbreiterungsarbeiten würden im März beginnen.
Für einen Baustopp hätten die Umweltverbände einen Eilantrag stellen müssen, auf den sie verzichten haben. "Die Entscheidung, nicht im Eilverfahren zu klagen, ist uns schwergefallen, aber wir haben diesem Verfahrenszweig wenig Aussicht auf Erfolg zugemessen", sagte Alexander Porschke, Vorsitzender des Nabu in Hamburg. Es sei nicht schön, dass die Elbvertiefung jetzt vorgenommen werden könne. "Das ist bitter." Manfred Braasch, Geschäftsführer des BUND, ergänzte: "Es ist eine ernüchternde Erkenntnis, dass die Elbe nun ausgebaggert wird. Mir persönlich fällt es besonders schwer, da alle Parameter, die man damals beim Antrag der Elbvertiefung angenommen hat, heute widerlegt sind."
An der Elbvertiefung wird seit 17 Jahren geplant
Zugleich kündigten die Verbände neue Klagen an, und zwar gegen die alte Elbvertiefung von 1999. Zwar können sie das Projekt nicht mehr aufhalten, aber sie fordern, dass die Schäden, die sich aus der alten Elbvertiefung ergeben haben, beseitigt werden. Auf Grundlage des Umweltschadengesetzes wollen die Verbände bei den zuständigen Behörden in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein beantragen, durch Fehlprognosen bei der letzten Elbvertiefung verursachte Schäden zu beseitigen. Weisen die Behörden diesen Antrag ab, seien die Verbände bereit, die Beseitigung der Schäden einzuklagen, sagte Braasch.
An der Elbvertiefung wird seit 17 Jahren geplant. Umweltschützer hatten mehrfach Bedenken angemeldet und bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt. Das geplante Ausbaggern, so ihr Argument, sei nicht umweltverträglich. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar 2017 die Planungen im Wesentlichen rechtmäßig genannt, aber Mängel gerügt. Sie betrafen vor allem die Wiederansiedlung des geschützten Schierlings-Wasserfenchels. Die Mängel waren im Planergänzungsverfahren ausgeräumt worden. Der Beschluss erging Ende August.
Mit der Elbvertiefung soll der Fluss so ausgebaut werden, dass künftig Containerschiffe mit einem Tiefgang bis zu 13,50 Metern tideunabhängig und mit einem Tiefgang von bis zu 14,50 Meter auf der Flutwelle den Hamburger Hafen erreichen können.
Senator Horch beschwört den Wirtschaftsmotor
Von Seiten des Senats hieß es, die Auseinandersetzung um die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe ist eines der umfangreichsten Klageverfahren gegen ein Infrastrukturprojekt, das je vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde. Mit Blick auf die komplexen europarechtlichen Umweltvorschriften sei an vielen Stellen juristisches Neuland betreten worden.
Senator Horch: „Auch wenn die Auseinandersetzung nun weitergeht, ist es meine Überzeugung, dass wir längst eine gute Balance zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Interessen gefunden haben. Ich bin außerdem überzeugt davon, dass wir die Restmängel, die das Gericht beanstandet hat, sehr sorgsam abgearbeitet und behoben haben. Der Hamburger Hafen ist und bleibt ein zentraler Wirtschaftsmotor, der allein hier in Norddeutschland mehr als 150.000 Arbeitsplätze schafft. Als ein bedeutender Welthafen ist er eine Drehscheibe im internationalen Warenverkehr. Diese Position können wir jetzt weiter ausbauen.“ Zuletzt hatte der Hafen allerdings gegenüber den Wettbewerbern deutlich an Boden verloren.
CDU: Nächste schlechte Nachricht folgt auf dem Fuße
Hans-Heinrich Witte vom WSV begrüßte den Verzicht der Naturschützer auf ein Eilverfahren als "ein erfreuliches Signal für die Wirtschaft und die Schifffahrt". Hamburg und die WSV kündigten an, der Öffentlichkeit nach den Herbstferien die Planungen und den Bauablauf vorzustellen.
Positiv reagierte zunächst auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Dass nun mit den Bauarbeiten für die Fahrrinnenanpassung begonnen werden kann, ist endlich mal eine gute Nachricht für den Hamburger Hafen", sagte Ralf Niedmers, Fachsprecher der CDU-Fraktion für Hafenwirtschaft. Durch die erneute Klage der Umweltverbände folge die nächste schlechte Nachricht aber auf dem Fuße. "Jede weitere Verzögerung im Bauprozess wäre ein Rückschlag für die Hamburger Hafenwirtschaft und die vielen Familien, deren wirtschaftliche Existenz vom Hafen abhängt", so der CDU-Politiker. "Es bleibt zu hoffen, dass der Senat nicht wieder fehlerhaft gearbeitet hat und durch eine erfolgreiche Klage weitere Verzögerungen entstehen."
FDP: Elbvertiefung heute wichtiger denn je
Ein guter Tag für Hamburg: So lautet auch das Fazit von Michael Kruse, dem Vorsitzenden der FDP-Bürgerschaftsfraktion. "Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Elbvertiefung ist heute wichtiger denn je, um neue Impulse für den Hamburger Hafen zu setzen", sagte Kruse. Die Fahrrinnenanpassung sei international zum Symbol für die Fähigkeit Deutschlands geworden, demokratisch legitimierte Infrastrukturprojekte durchzuführen. "Damit das bei zukünftigen Projekten gelingt, ist eine Reform der Verbändebeteiligung dringend erforderlich", sagte der FDP-Mann. Das Verbandsklagerecht solle der Verbesserung von Projekten dienen, nicht der Verhinderung.