Hamburg . Wirtschaftssenator Frank Horch tritt zurück – mit einer guten Bilanz
Als der frühere Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor fast acht Jahren Frank Horch für das Amt des Wirtschaftssenators auswählte, sorgte die Nachricht in der Öffentlichkeit für Erstaunen. Ein Mann, Anfang 60, ohne Parteibuch, studierter Ingenieur, völlig unerfahren in der Politik, sollte Hamburgs Wirtschaft in die Zukunft führen? Für viele Außenstehende kaum vorstellbar.
Scholz verkaufte die Personalie als einen großen Coup. Schließlich war sein Wunschkandidat zum damaligen Zeitpunkt bereits rund zwei Jahre lang Präses der Handelskammer und hatte zuvor die Geschicke des Industrieverbands gelenkt. Der Bürgermeister sendete mit der Personalie ein klares Signal an die eigenen Genossen, aber auch ans Wahlvolk: Ein Mann der Wirtschaft sollte das gleichnamige Ressort führen. Kein Parteisoldat, der sich diesen Posten durch Kärrnerarbeit an der SPD-Basis „verdient“ hatte. Am Donnerstag hat der etwas andere Wirtschaftssenator aus privaten Gründen nun seinen Rückzug angekündigt – und am Ende seiner Amtszeit steht fest: Das Experiment hat sich gelohnt.
Offene, menschliche Art
Abseits der fachlichen Kompetenz, die sich Horch wie viele andere Senatoren in weiten Teilen erst aneignen musste, überzeugte der Quereinsteiger von Anfang an durch seine offene, menschliche Art. Die engsten Mitarbeiter, aber auch politische Gegner behandelte er stets mit großem Respekt – eine Eigenschaft, die man in Zeiten immer hitziger geführter politischer Auseinandersetzungen nicht hoch genug schätzen kann. Fachlich half Horch zudem seine große maritime Affinität.
Der passionierte Segler war bereits zu Beginn seiner Amtszeit bestens vernetzt in der Hafenwirtschaft und trieb sein Herzensprojekt, die Elbvertiefung, stetig voran – massiv erschwert durch harte juristische Auseinandersetzungen. Dass Hamburg vor wenigen Wochen endlich das Baurecht für die umstrittenen Baggerarbeiten an der Elbe bekommen hat, dürfte kaum jemanden mehr gefreut haben als Horch. Auch in den Wirtschaftsbereichen abseits des Maritimen zeigte sich der heute 70-Jährige umtriebig. Er begeisterte sich für die jungen Wilden der digitalen Welt genauso, wie er sich für die etablierten Maschinenbauer einsetzte. Was ihm bei allem Ehrgeiz und Eifer allerdings nicht gelang, war die Ansiedlung eines neuen, großen Unternehmens, das für viele Jobs und Zukunftstechnologien steht. Ein innovativer Big Player, der Hamburg so gut tun würde. Zugegeben: kein leichtes Unterfangen.
Spott über "Stau-Senator"
Neben der Wirtschafts- verantwortete Horch auch die Verkehrspolitik und wurde von der Boulevardpresse in regelmäßigen Abständen als Stau-Senator verspottet. Ohne Frage hätte die Baustellenkoordination in den vergangenen Jahren deutlich besser funktionieren können. Allerdings dürften sich die nachfolgenden Generationen darüber freuen, dass in Horchs Amtszeit so viel Geld in die Modernisierung der Straßen gesteckt wurde. Letztlich nutzte der Verkehrssenator durchaus gekonnt die fast schon historische Chance, üppige Fördermittel und sprudelnde Steuermittel für eine moderne Infrastruktur einzusetzen.
Hamburgs Wirtschaft hat mit Blick auf Wachstum und Arbeitsplätze gute Jahre hinter sich. Auf diesem Fundament muss Horchs Nachfolger aufsetzen. Dabei geht es nicht nur darum, die Elbvertiefung zu 100 Prozent zu realisieren. Hamburg muss vor allem in Zukunftsbereichen wie der Elektromobilität aus vielversprechenden Ansätzen ein überzeugendes Gesamtkonzept entwickeln – und vielleicht gelingt er in den kommenden Jahren ja doch noch: der große Ansiedlungscoup.