Hamburg . Firmen der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Glutenfreies Getreide von Komeko.
Unmöglich! Dieses Wort hat Elisabeth Panknin immer wieder gehört, wenn sie über ihre Geschäftsidee gesprochen hat. Wenn sie Bäckern erzählt hat, dass man mit ihrem glutenfreien Reismehl Brot, Pizza und Kuchen backen kann – auch ohne die Verwendung von Zusatzstoffen und Bindemitteln. Unmöglich! Wenn sie Menschen mit Glutenunverträglichkeit erzählt hat, dass sie andere Mehle durch Reismehl ersetzen können – und es genauso gut schmeckt. Unmöglich!
Doch Elisabeth Panknin (28) hat in den vergangenen Jahren alles darangesetzt, um das Unmögliche möglich zu machen. Dabei ging es zuerst nur um ein berufliches Projekt, nichts weiter. Für ihren Arbeitgeber, ein deutsch-japanisches Handelshaus, sollte sie in einer Projektarbeit 2014 prüfen, ob das in Japan viel verbreitete Reismehl auch hierzulande von Verbrauchern angenommen werde. „Damals habe ich gar nicht realisiert, was das Besondere an dem Mehl ist – und wie viele Menschen es gibt, die kein herkömmliches Mehl essen können“, sagt Elisabeth Panknin. Das merkte sie erst, als sie Bäcker und Konditoreien abtelefonierte, um den Markt zu sondieren. Und als sie immer wieder zu hören bekam: „Unmöglich. Mit Reismehl kann man nie so backen wie mit herkömmlichen Mehl.“
Bedenken von Bäckern
Unmöglich. Das dachte sich auch Stefan Marks (51), Leitender Meister von der Bäckerinnung Hamburg, als er damals von Elisabeth Panknin kontaktiert wurde und seine Einschätzung zu dem Reismehl abgeben sollte. An seine Bedenken kann sich Marks auch heute noch gut erinnern. „Schließlich hatte ich in meinem Leben genug gebacken, um zu wissen, womit das gelingt – und womit eben nicht“, sagt Marks. Vom Reismehl war er dann „bass erstaunt“, wie er es nennt. „Bis dahin war glutenfreies Backen immer eine große Herausforderung, da die guten Klebeeigenschaften herkömmlicher Mehle bei Alternativprodukten nicht existierten.“
Heute, vier Jahre später, ist Stefan Marks Mitarbeiter von Elisabeth Panknin – und sie selbst Geschäftsführerin ihrer eigenen Firma. Aus der Projektarbeit ist eine Herzensangelegenheit geworden. Vor einem Jahr hat die Betriebswirtin ihren Job gekündigt und die Firma Komeko gegründet. Der Name kommt aus dem Japanischen. Kome bedeutet Reis, ko bedeutet Mehl.
Komeko wächst
„Ihr Baby“ nennt Elisabeth Panknin das Projekt Reismehl manchmal. Ihr Baby, das sie nicht aufgeben konnte, als ihr Arbeitgeber das Thema nicht weiter verfolgen wollte. Ihr Baby, das sie weiterwachsen sehen wollte. Und Komeko wächst. Nachdem das Reismehl in den ersten Monaten nur online und bei Budni erhältlich war, steht es nun auch in 150 Edeka- und Marktkauffilialen in Norddeutschland. Bundesweit sind es 350 Märkte. Und mit Rewe ist Elisabeth Panknin bereits im Gespräch. Hinzu kommen diverse Großhändler wie Bäckereien- und Konditoreien, die Komeko in 20-Kilo-Säcken kaufen und zu Brot, Brötchen und Kuchen verarbeiten.
Drei Sorten Reismehl hat Komeko derzeit im Angebot – je nachdem, was man damit backen will. Der Reis kommt aus Japan und wird dort auch verarbeitet. Das Problem: „Um die positiven Backeigenschaften unserer Reismehle zu erreichen, sind nur ausgewählte japanische Reissorten geeignet. Da der Reis in Japan aufgrund der Qualität jedoch teurer ist als andere asiatische Reissorten und die Verarbeitung sehr aufwendig ist, kostet unser Reismehl entsprechend mehr“, so Elisabeth Panknin. 4,99 Euro sind es für 500 Gramm.
Zehn Prozent ernähren sich glutenfrei
Der Markt für glutenfreie Produkte ist groß. Laut Marktforschungsunternehmens Nielsen werden bundesweit rund 153 Millionen Euro mit glutenfreien Lebensmitteln umgesetzt. Tendenz steigend. Denn das Thema gewinnt immer mehr an Bedeutung. Etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland leidet an Zöliakie, einer chronischen Erkrankung des Dünndarms, die auf einer Unverträglichkeit gegenüber dem Klebeeiweiß Gluten beruht. Hinzu kommen rund zehn Prozent, die freiwillig auf Gluten verzichten.
Für sie will Elisabeth Panknin künftig noch mehr Produkte anbieten. Fertige Snacks zum Beispiel. „Für all die Leute, die keine Lust oder Zeit zum Backen haben“, sagt Elisabeth Panknin. Was genau? Das ist streng geheim, natürlich. Die Gründerin sagt dazu nur: „Wir wollen uns absetzen und werden nicht das x-te Brot auf den Markt bringen – sondern etwas komplett Neues und Eigenes entwickeln.“ Klingt unmöglich? Das wird sich zeigen!
Der Test:
Das Produkt: Das Reismehl von Komeko gibt es derzeit in drei Sorten. Kuchenglück für süße Backwaren, Brotgenuss für Hefeteigwaren wie Brot, Pizza oder Schokobrötchen und Knusperlust für knusprige Teighüllen wie Blätterteig, Flammkuchen und Wraps. Jede Sorte besteht aus verschiedenen Reisarten (wie Rundkorn und Langkorn), die vermischt werden. Deshalb ist es ohne Zusatzstoffe backfähig.
Preis: Ein Paket mit 500 Gramm Reismehl kostet 4,99 Euro. Das entspricht rund einem Euro pro 100 Gramm. Der Preis für andere glutenfreie Mehle liegt etwa zwischen zwei und fünf Euro pro 500 Gramm. Andere Reismehle kosten ab drei Euro, sind allerdings ohne Zusatzstoffe meist nicht backfähig und müssen daher durch weitere Zutaten stabilisiert werden. Aussehen/Konsistenz: Aussehen und Konsistenz erinnern stark an herkömmliches Mehl aus anderen Getreidesorten. Die Reismehl-Mischung für Brotgenuss ist ein wenig griffiger und erinnert ein bisschen an feinstes Salz, die Konsistenz von Kuchenglück ist glatt und weich wie Puderzucker.
Anwendung: Leicht. In den meisten Backanleitungen kann herkömmliches Mehl eins zu eins durch Reismehl ersetzt werden. Da es drei verschiedene Sorte gibt, kann man damit nahezu alles backen. Auf jeder Packung (sowie im Internet) gibt es Rezeptvorschläge.
Geschmack: Lecker. Der getestete Streuselkuchen ist knusprig und saftig zugleich, das Probe-Brot locker und lecker. Reis hat niemand der Tester herausgeschmeckt.
Fazit: Der Geschmack ist sehr gut. Darin waren sich alle Tester einig und vergaben für den getesteten Kuchen, die Kekse und das Brot vier bis fünf Sterne. Negativ bewertet wurde jedoch der hohe Preis. Für Menschen, die sich glutenfrei ernähren müssen oder wollen, ist Komeko eine gute Alternative, ansonsten aber einfach zu teuer.
Daher lautet das Abendblatt-Urteil: vier Sterne.
Der Abendblatt-Test – jeden Dienstag im Wirtschaftsteil. Alle bisherigen Folgen gibt es online unter www.abendblatt.de/testserie