Hamburg. Firmen der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Salzbrenners neue Gourmet-Sorte.

An die ersten Reaktionen seiner Kollegen kann sich René Stöck noch genau erinnern. An die skeptischen Blicke und die leicht spöttischen Bemerkungen, als er von seiner Idee erzählte. Der Idee, eine Bratwurst mit Spinat, Kochschinken und Käse zu entwickeln. Die Kombination mit Schinken und Käse konnten sich die meisten ja noch vorstellen. Aber Blattspinat? Grünzeug? In so einer richtig schönen deftigen Wurst? Also, diese Idee ging den meisten dann doch zu weit!

Rund ein Jahr ist seitdem vergangen, und wenn heute jemand bei Salzbrenner über die neue Gourmet Bratwurst spricht, dann mit Begeisterung. Pünktlich zur Grillsaison hat die alteingesessene Hamburger Wurstfabrik ihre neueste Kreation auf den Markt gebracht – und damit ganz den Geschmack getroffen. Obwohl es neue Produkte erfahrungsgemäß schwer haben, sich gegen die Klassiker wie Schinken und Thüringer durchzusetzen, werden derzeit auf dem Betriebsgelände an der Lagerstraße 10.000 Stück pro Monat produziert. Tendenz steigend.

„Die Reaktionen sind großartig“

„Die Reaktionen sind großartig. Von 100 Supermärkten, die die neue Gourmet Bratwurst getestet haben, waren 95 vom Geschmack begeistert – und haben das Produkt ins Sortiment aufgenommen“, sagt René Stöck (38). Er arbeitet in der Qualitätssicherung von Salzbrenner Würstchen. Es ist ein altes Familienrezept, das bei der Gourmet Bratwurst zum Einsatz kommt. Sein Vater Eberhard Stöck, ein Schlachtermeister, hat die Wurstsorte einst vor Jahren für seine Schlachterei in Billwerder entwickelt. Den Familienbetrieb, der bereits 1920 gegründet wurde, gibt es heute nicht mehr, zu groß war die Konkurrenz der Billigfleischanbieter. Doch die Rezeptur hat den Wandel der Zeit überstanden und erlebt jetzt – in leicht veränderter Form – ihre Neuauflage.

Trotzdem haben René Stöck und seine Kollegen erst mal monatelang an der Zusammensetzung der Zutaten getüftelt, an der richtigen Würze gefeilt und verschiedene Zerkleinerungsstufen von Spinat und Käse ausprobiert. „Bei den ersten Versuchen war der Blattspinat so klein geworden, dass die ganze Wurste nur noch eine grüne Masse war“, erinnert sich Stöck. Ein weiteres Problem: „Die Käsestücke waren zuerst so groß, dass sie beim Reinbeißen in die Wurst geplatzt sind und der heiße Käse rausgespritzt ist.“

Wiener Würstchen best verkauftes Produkt

Wie viele Würste er auf dem Weg zur perfekten Rezeptur getestet hat? Keine Ahnung. Aber auch wenn nicht jedes Versuchsobjekt schön aussah – geschmeckt haben sie. Das haben auch Salzbrenner-Chef Mathias Theurich (57) und die 80 bis 90 Mitarbeiter befunden, denen die Gourmet Würste immer wieder zum Testen vorgesetzt wurden. „Nachdem die erste Skepsis verflogen war, waren alle geschmacklich begeistert“, sagt René Stöck. Bei Salzbrenner weiß man, wie schwer es neue Produkte haben, sich auf dem Markt zu behaupten. So war es auch bei der Käse-Krakauer und der Käse-Schinkenwurst, die anfangs schleppend liefen – und inzwischen zu den beliebtesten Produkten gehören.

Das am besten verkaufte Produkt des Brüh- und Bratwürsteherstellers, dessen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich liegt, ist und bleibt allerdings das Wiener Würstchen. Davon werden jährlich fünf Millionen produziert. Der Geschäftsführer gibt die Produktionsmenge lieber in Tonnen an. „Je nach Saison produzieren wir 16 bis 20 Tonnen pro Tag“, sagt Mathias Theurich, der das von seinem Schwiegervater Karlheinz Salzbrenner 1965 gegründete Unternehmen seit 18 Jahren führt. Die Devise: „So viel moderne Technik wie möglich, so viel Handarbeit wie nötig.“ Dazu gehört, dass die Gewürzmischungen für die unterschiedlichen Wurstsorten persönlich angemischt werden. Nach einem alten Familienrezept.

Mit Discountern macht Firma keine Geschäfte

Die Produktion befindet sich auf dem 5500 Quadratmeter großem Firmengelände auf dem Schlachthof. Rund dreieinhalb Stunden dauert es, bis aus einem Stück Fleisch ein Würstchen geworden ist. Dafür wird das Fleisch in der sogenannten Kutterei zu Brät zerkleinert, mit Zutaten vermischt, abgefüllt und geräuchert oder gebrüht.

Zu den Kunden des Wurstspezialisten aus dem Schanzenviertel gehören vor allem Großhändler, die Schlachtereien, Imbisse und Gastronomie beliefern, sowie ausgewählte Supermärkte aus der Region – „aber keine Discounter“, sagt Geschäftsführer Theurich. Erst vor ein paar Wochen hat er wieder eine Anfrage bekommen – und abgelehnt. „Wir lassen uns nicht vorschreiben, was unsere Würstchen wert sind. Wir stellen ein hochwertiges Produkt her, das seinen Preis hat. Und den lassen wir uns von keinem Discounter der Welt diktieren.“

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