Hamburg. Sternekoch Kirill Kinfelt testete für das Abendblatt das kulinarische Angebot im neuen Food Sky in der Europa Passage.
Hungrig beim Einkaufsbummel? Da kann geholfen werden. Zum Beispiel im Food Sky in der Europa Passage an der Binnenalster. Seit Ende September präsentieren sich dort in der obersten Etage der Einkaufsmeile 15 verschiedene Anbieter. Fisch, Huhn und vegan, Burger und Currywurst, mediterran, asiatisch oder orientalisch – das Angebot ist groß. Aber schmecken die Speisen auch, und sind sie ihr Geld wert? Kirill Kinfelt, Chefkoch und Inhaber des mit einem Michelin-Stern prämierten Restaurants Trüffelschwein in Winterhude, hat sich durchprobiert.
Bei Boussi Falafel wuseln die Angestellten geschäftig hinter der Theke herum. Tomaten, Salat, Kichererbsen, Gemüse sehen appetitlich aus. „Und dieser Teller auch“, sagt Kinfelt. Fünf Falafel, Hummus, Tabouleh mit Tomaten, Petersilie und Quinoa sowie eingelegter Rettich, Peperoni und Pita-Brot liegen auf der Platte. „Es riecht gut, für 5,90 Euro ist das Essen fair kalkuliert.“ Kinfelt findet, dass der Hummus etwas mehr Salz vertragen könnte, die Tabouleh aber durch eine angenehme Säure sowie ausgewogene Würzung überzeugt und Quinoa statt Couscous oder Bulgur eine interessante Variante ist.
Schmeckt und macht satt
„Die Kichererbsen für die Falafel sind durch den Wolf gedreht, die Masse schmeckt auch ohne Kräuter gut, die Bällchen sind knusprig frittiert. Die Sesamsauce ist etwas nüchtern.“ Kinfelts Fazit: „Dieses Gericht schmeckt und macht satt, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Allerdings ist es europäisch zubereitet, für den richtigen Orient fehlen die Gewürze.“
Die Paella ist kein kulinarisches Feuerwerk
Frisches gegrilltes Essen und schnelles, gesundes Fast Food verspricht Camachos. Kinfelt entscheidet sich für Unter- und Oberkeule vom Huhn mit scharfer Piri-Piri-Sauce sowie eine Portion Duftreis. Das Fleisch kostet 2,90 Euro, der Reis 2,50 Euro. „Das Huhn ist preiswert, der Reis im Verhältnis dazu zu teuer“, befindet Kinfelt. Und so schmeckt es dem Fachmann dann auch: „Das Fleisch ist trocken, weil es zu lange gekocht wurde, die Haut ist labberig. Schade um die Arbeit.“ Den Reis allerdings lobt der Sterne-Koch. „Der ist körnig sowie vollgezogen mit der Hühnerbrühe und Piri-Piri. Riecht gut und schmeckt sehr lecker. Das Huhn allerdings ist enttäuschend.“
Zu salzig, zu fett, zu eingekocht
„Mexico mitten in Hamburg“ will das Gecko sein. Laut einem Schild an der Tür wird alles frisch zubereitet. Kirill Kinfelt bestellt für 4,90 Euro den typischen Sattmacher Chili con Carne. Rote Bohnen, Mais, Hackfleisch, Tomatensaft, Zwiebeln, Knoblauch und Gewürze machen dieses Gericht klassisch aus. Und der Sterne-Koch findet ein Lorbeerblatt im Essen: „Das bringt Glück.“ Sein erster Eindruck: „Riecht angenehm.“ Der Geschmack lässt seiner Ansicht dann aber zu wünschen übrig: „Zu fett, weil wohl Schweinefleisch verwendet wurde. Zu salzig und zu eingekocht. Keine Kräuter. Da hat sich niemand um das Chili gekümmert.“
Ob preiswerte Gerichte oder teure Gourmet-Küche – nach Ansicht von Kinfelt sollten Lebensmittel immer respektvoll behandelt und verarbeitet werden. „Die Töpfe sehen hier nicht gerade appetitlich aus.“
Die Paella ist kein kulinarisches Feuerwerk
„Paella – ein kulinarisches Kunstwerk, ein Feuerwerk der Farben, ein köstliches Festmahl in jeder Hinsicht.“ So wirbt das Palacios für die spanische Spezialität. 4,99 Euro kostet eine große Portion Paella mit Huhn. Appetitlich angerichtet auf einer Schieferplatte wird sie mit Gurken-Eisbergsalat und Knoblauchsauce angerichtet. Aber das war es dann auch schon mit den Pluspunkten: „Spanier würden niemals Gurke dazu essen. Die Sauce ist mit künstlichem Knoblaucharoma hergestellt. Das Hühnerfleisch schmeckt nach abgestandenem Fett, ist faserig und trocken. Der Reis ist nicht mit Safran gewürzt und teilweise hart. Das Gericht ist sein Geld nicht wert.“
Kinfelts Maxime ist: „Essen soll nicht nur satt, sondern auch glücklich machen.“ Es lohne sich eben häufig etwas mehr auszugeben und dann bessere Qualität zu erhalten. Und man brauche gutes, engagiertes Personal. „Wenn die Leute so aussehen, als ob sie auch Mobiltelefone verkaufen könnten, dann hat der Gastronom etwas falsch gemacht.“
Auch einfaches Essen sollte lecker sein, so der 34-Jährige. Wie gut Selbstgekochtes schmecken kann, lernte er schon als Kind. „Mein Vater kocht die beste Hühnersuppe, meine Mutter verarbeitete immer Gemüse aus dem eigenen Garten. Ihre eingelegten Gurken sind ein Gedicht.“
Klassenbester ist die Currywurst
Es kann also nur besser werden. Und so steuert der Fachmann als letztes Lokal die Essbar an. Im Landhaus-Stil mit alpiner Gemütlichkeit eingerichtet sitzt man an Tischen oder an einem Tresen und beobachtet das Treiben in der Einkaufspassage. Es gibt Stullen, Kuchen und Gegrilltes. Kinfelt entscheidet sich für etwas typisch Deutsches: Bratwurst mit Currysauce spezial und Pommes mit Mayo. 7,99 Euro kostet das Mahl, für einen Euro mehr gibt es noch ein 0,3-Liter-Softgetränk dazu. Auf den Schürzen der Angestellten steht: „Mit Liebe gemacht.“ Stimmt’s? Der Sterne-Koch ist sehr zufrieden: „Die Pommes sind knusprig, die Wurst ist gut gewürzt und gut gebraten, die Sauce schmeckt wie selbst gemacht, das Gericht wird sehr appetitlich präsentiert. Mein Klassenbester.“
www.europa-passage.de/gastronomie,
Restaurant Trüffelschwein, Mühlenkamp 54, Tel. 69 65 64 50,
www.trueffelschwein-restaurant.de