Hamburg. Nur noch acht Riesenflieger werden pro Jahr gefertigt. Probleme mit den Triebwerken des A320neo. Gewinn bricht ein, Aktienkurs fällt.
Immerhin: Auf den Magen scheinen die Probleme beim A380 Airbus-Chef Tom Enders nicht zu schlagen. Gestern früh ab 7.30 Uhr erläuterte der drahtige Manager zusammen mit Finanzchef Harald Wilhelm in einer Telefonkonferenz die Halbjahreszahlen. Ein Journalist stellte zwei Fragen, erst eine an Wilhelm, dann eine an Enders zu den Problemen mit dem größten Passagierflugzeug der Welt. Die kurze Antwort seines Finanzchefs überraschte den Airbus-Chef. Kurze Pause. „Ich aß gerade ein Croissant“, begründete Enders sein Schweigen, und man schien ein Lächeln durch den Hörer zu sehen. Dann räumte er ein: „Die Situation ist nicht komfortabel.“
Seit 2015 gibt es keinen neuen Auftrag für den A380
Der A380 ist zum Ladenhüter geworden. Seit 2015 gibt es keine neuen Aufträge für den bis zu 853 Passagiere fassenden Jet. Nun zieht der Konzern erneut Konsequenzen. Erst im Juli 2016 wurde die Drosselung von 20 auf zwölf Exemplare im Jahr 2018 verkündet. Gestern senkte er die Fertigungsrate ab 2019 auf acht Stück. Zum Vergleich: 2015 wurden noch 27 Maschinen des Typs ausgeliefert. Binnen vier Jahren wird die Produktion also um rund 70 Prozent eingedampft. Man treffe die notwendigen Entscheidungen, sagte Enders.
Auch auf das Werk in Hamburg wird die Ratenabsenkung Auswirkungen haben. Zwar erfolgt die Endmontage ausschließlich in Toulouse, aber auf Finkenwerder werden der Innenausbau und die Lackierung durchgeführt, die Maschinen werden in den Nahen Osten und viele europäische Länder ausgeliefert. „Die Gespräche mit den Sozialpartnern zu dem Thema laufen bereits langfristig“, so ein Sprecher. Mitarbeiter aus dem A380-Programm könnten zum Beispiel beim Kurzstreckenflieger A320 oder beim Großraumjet A350 eingesetzt werden, deren Produktion hochläuft. Die Lackierereien für A320 und A380 werden seit Jahresbeginn zusammengefasst. Künftig sollen hier auch die Langstreckenjets A330 und A350 regelmäßig ihre Farbe erhalten.
Neue Motoren soll es nicht geben
Enders ist zuversichtlich, durch das Absenken der Rate den A380 bis in das nächste Jahrzehnt hinein produzieren zu können. Für den Hamburger Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt ist das ein realistisches Ziel – wenn kein Auftraggeber abspringt. Ende Juni standen noch Aufträge über rund 100 A380 in den Büchern. Allerdings werden einige Order als Karteileichen eingestuft.
Großbongardt kommt daher zu einem klaren Urteil: „Ich glaube, die Zeit des A380 ist vorbei.“ Seit 30 Jahren berufe sich Airbus darauf, dass die Slots an großen Flughäfen knapp werden. Daher brauche man Jets wie den A380, um große Mengen Passagiere über die internationalen Drehkreuze zu befördern. Zuletzt wuchs aber vor allem die durchschnittliche Passagierzahl bei Zubringerfliegern. Und mit neuen Flugzeugen wie dem Airbus A350 oder Boeings 777-X bieten sich auch Langstreckenverbindungen zwischen Airports der zweiten Reihe an. Selbst wenn in Zukunft die Slots tatsächlich eng werden sollten, hält Großbongardt es für unrealistisch, dass die Fluglinien dann zum technisch veralteten A380 greifen.
Finanzchef Wilhelm beruhigt Investoren
Großkunde Emirates – die Airline aus Dubai steht für 142 der insgesamt 317 Bestellungen – hatte wiederholt eine neo-Version mit spritsparenden Triebwerken gefordert. Airbus brachte im Juni aber nur ein A380plus-Modell ins Spiel. Neue Motoren soll es nicht geben, durch Umbauten würde nur Platz für mehr Passagiere geschaffen. Einen Auftrag dafür gibt es bisher nicht. Enders sagte am Donnerstag, er sei mit einigen Airlines in Gesprächen. Ob er 2017 noch einen Abschluss erwartet? „Wir werden sehen, was möglich ist.“
Finanzchef Wilhelm beruhigte unterdessen Investoren. „Massive Verluste“ gebe es durch das Kürzen beim A380 nicht. Dass das Flugzeug unterm Strich jemals Geld verdient, wird allerdings zunehmend unwahrscheinlich. Im ersten Halbjahr blieb der Umsatz mit 28,7 Milliarden Euro nahezu konstant. Das Konzernergebnis sank um 15 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Die Aktie verlor drei Prozent auf gut 72 Euro. Die Bank UBS stuft sie dennoch weiter auf „Kaufen“ ein und hält 88 Euro für einen fairen Wert. Die Zahlen seien besser als erwartet, hieß es.
Das Auslieferungsziel beim A320neo ist in Gefahr
Schlechter als geplant läuft der Hochlauf beim A320neo, der rund zur Hälfte aus Hamburg kommt. Von Januar bis Juni wurden 59 Jets mit den spritsparenden Triebwerken ausgeliefert. Ein altes Problem taucht wieder auf. Im Kundenbetrieb gebe es immer noch Probleme mit den Motoren von Pratt & Whitney. Der Hersteller habe zwar Lösungen bereitgestellt, sie griffen im Regelbetrieb aber nicht zuverlässig. Der Konzern hält daran fest, dass knapp 200 A320neos in diesem Jahr ausgeliefert werden sollen. „Das Erreichen des Auslieferungsziels ist allerdings davon abhängig, dass die Triebwerkszulieferer ihre Verpflichtungen einhalten“, sagte Enders. Und wie läuft es beim dritten Problemkind, dem Militärtransporter A400M? Man sei in „konstruktiven Gesprächen“ mit den Regierungen, so der Airbus-Chef.