Hamburg. Leistung von Offshore-Windparks wächst wie nie zuvor, aber die Branche fürchtet veränderte Förderbedingungen.

Die Windernte auf See hat 2015 deutlich Fahrt aufgenommen – von der derzeit rund 3000 Megawatt (MW) installierten Leistung der etwa 700 Rotoren in der Nord- und Ostsee sind zwei Drittel erst in diesem Jahr ans Netz gegangen. Trotz des rasanten Wachstums ist die Stimmung in der Branche durchwachsen. Sie hadert mit den sich abzeichnenden neuen politischen Rahmenbedingungen zur Förderung der erneuerbaren Energien. Das zeigte sich am Mittwoch beim Auftakt der 13. Hamburger Offshore Wind Konferenz. Etwa 120 Teilnehmer aus zehn Ländern treffen sich zwei Tage an der Elbe. Eingeladen hatte die Zertifizierungsgesellschaft DNV GL.

Bislang kassieren die Betreiber von Meereswindparks in den ersten zwölf Betriebsjahren 15,4 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Windstrom. Anschließend reduziert sich der Einspeisepreis auf 3,9 Cent. Mit jeder Seemeile, die der Windpark außerhalb der zwölf-Meilen-Zone steht, und mit jedem Meter unterhalb einer Meerestiefe von 20 Metern verlängert sich die höhere Anfangsvergütung.

Das Fördersystem mit festen Vergütungssätzen soll nun einem Ausschreibungsverfahren für Wind- und Solarstromerzeuger weichen. Von 2017 an werden Flächen – und mit ihnen verbundene Erzeugungskapazitäten (in Megawatt) – ausgeschrieben, für die sich potenzielle Betreiber bewerben können. Den Zuschlag erhält dann dasjenige Projekt, das mit den geringsten Förderbeträgen auskommt. Eine entsprechende Regelung liegt derzeit als Eckpunktepapier vor. Bis zum heutigen Donnerstag hatten die Akteure Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Im März soll das Kabinett, im Sommer der Bundestag das neue Gesetz unterschreiben.

Entscheidend ist, wie viel Leistung der Offshore-Branche zukünftig zugebilligt wird. Bis 2020 sollen, so das Ziel der Bundesregierung, Meereswindparks mit einer Gesamtleistung von 6500 MW entstehen. Rotoren mit rund 3200 MW sind bereits errichtet, aber zum Teil noch nicht am Netz. Wenn dies geschieht, werden deutsche Meereswindparks Strom für rund 3,5 Millionen Vier-Personen-Haushalte liefern. Weitere Projekte sind in Bau. Es bleiben nur um die 2000 MW für Ausschreibungen übrig. Und es bleibt zu klären, welche Kapazitäten nach 2020 ausgeschrieben werden sollen.

„Das neue System kommt viel zu früh und birgt das Risiko, dass die Entwicklung im Offshore-Bereich abgewürgt wird“, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Ähnlich sieht es Michael Pollmann, Staatsrat der Hamburger Umweltbehörde. Die stürmische Entwicklung der Branche dürfe nicht ausgebremst werden. Angesichts hoher Investitionen im Offshore-Bereich sei eine „Verlässlichkeit nach dem Jahr 2020 wichtig“.

Wie Pollmann sorgt sich auch Norbert Giese, dass die von der EU für größere Projekte verlangten Ausschreibungsverfahren den Wettbewerb der Akteure eher schmälern anstatt ihn – wie vorgesehen – zu fördern: „Derzeit zählt die deutsche Offshore-Windenergie 13 Akteure, in Dänemark oder Großbritannien sind es jeweils nicht einmal eine Handvoll“, sagte der Vorsitzende des Lenkungskreises Offshore Windenergie beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Wenn zu wenig und zu selten ausgeschrieben werde, sei die Gefahr groß, dass die unterlegenen Firmen, die keine Projektflächen bekommen, aus dem Business aussteigen.

Nicht alle Unternehmensvertreter sahen das kommende neue Fördersystem auf der Hamburger Konferenz kritisch. „Das Ausschreibungsmodell ist richtig, es ist ein effizientes, faires Verfahren“, sagte Felix Würtenberger vom Energieversorger Vattenfall. „Es ist unausweichlich, wenn wir die Offshore-Industrie weiter entwickeln wollen.“