Hamburg. Bis Mitte November werden zunächst 20 Prozent angeboten. Bei einem Börsengang würde Hapag-Lloyd mit fünf Milliarden Euro bewertet.

Rolf Habben Jansen geht gerne den direkten Weg. Wenn dem Chef der Reederei Hapag-Lloyd etwas nicht passt, dann sagt er es geradeheraus. Genauso geradlinig arbeitet er derzeit die Vorgaben und Erwartungen seiner Gesellschafter ab. Als der niederländische Manager vor etwas mehr als einem Jahr das Steuerrad bei Deutschlands größter Containerreederei übernahm, hatte er einen Riesenberg von Aufgaben vor sich. Er sollte die von seinem Vorgänger, Michael Behrendt, eingeleitete Fusion von Hapag-Lloyd mit der Containersparte des chilenischen Schifffahrtsunternehmens CSAV vollenden. Sein Unternehmen hatte zu diesem Zeitpunkt für das erste Halbjahr einen Verlust von 173,3 Millionen Euro angehäuft. Diesen sollte Habben Jansen in einen Gewinn umwandeln. Und drittens hatten die Gesellschafter einen Börsengang von Hapag-Lloyd bis Ende 2015 vereinbart. Und alle drei Vorgaben wird Habben Jansen wohl erfüllen.

Nach Information des Abendblatts will Hamburgs Traditionsreederei den Gang aufs Börsenparkett bis Mitte November wagen. Zunächst soll eine Minderheitsbeteiligung von rund 20 Prozent ausgegeben werden. Dabei hat der Reisekonzern TUI das Vorrecht, als erster seinen noch verbliebenen Anteil an dem einstigen Tochterunternehmen von knapp 14 Prozent zu veräußern. Möglicherweise wird der eine oder andere kleine Anteilseigner wie die HSH Nordbank (1,8 Prozent) seine Beteiligung ebenfalls abstoßen. Kreisen zufolge könnte der Schifffahrtskonzern bei einem Börsengang insgesamt mit fünf Milliarden Euro bewertet werden.

Die drei Ankeraktionäre des Unternehmens, CSAV, die Stadt Hamburg sowie der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne werden ihre Anteile zunächst behalten. Sie werden erst nach einer gewissen Sperrfrist (Lock-up-Periode) ihre Anteile in öffentlich gehandelte Aktien umwandeln können.

Kommentar: Börsengang ist der richtige Weg

Allerdings gibt es auch hier Grenzen: CSAV, die Stadt und Kühne haben sich nämlich auf zehn Jahre dazu verpflichtet, im Aufsichtsrat des Unternehmens mit einer Stimme zu sprechen, und ihren gemeinsamen Unternehmensanteil auf nicht weniger als 51 Prozent sinken zu lassen. Damit soll auch nach der Börsennotierung eine Präsenzmehrheit der Ankeraktionäre in der Hauptversammlung gesichert werden. Dazu werden die drei eine eigene Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG gründen. Das sieht die Gesellschaftervereinbarung vor. „Die einst getroffenen Regelungen haben noch Bestand“, bestätigte eine Sprecherin der Finanzbehörde. Ob die Stadt in Kürze einen Börsengang anstrebt, dazu äußerte sie sich nicht.

Die treibenden Kräfte sind in diesem Prozess ohnehin andere: „Die TUI und CSAV haben die klare Erwartung, dass der Börsengang in Kürze erfolgt“, sagt Oliver Drebing, Analyst bei der SRH AlsterResearch AG. Als vor einigen Wochen erste Gerüchte über einen bevorstehenden Börsengang von Hapag-Lloyd aufkamen, habe er daran nicht glauben wollen, sagt Drebing. „Das Kapitalmarktumfeld sprach einfach dagegen.“ Dieses habe sich komplett gedreht. „Auch andere Unternehmen ziehen ihre Börsengänge vor. Das Fenster ist wieder offen“, so Drebing.

Aufgestoßen hat dieses Fenster nicht zuletzt Habben Jansen selbst: Er hatte die Erwartungshaltung zunächst gedämpft, indem er ankündigte, sich mit dem Börsengang Zeit zu lassen und erst eine Reihe von guten Quartalsergebnissen abwarten zu wollen. Doch hat sich die Ertragslage der Reederei seit seiner Amtsübernahme so deutlich gedreht, dass das Unternehmen für Anleger wieder interessant ist. Die ersten beiden Quartale 2015 hat Hapag-Lloyd mit Gewinn abgeschlossen. Das Konzernergebnis lag zum Halbjahr bei 157 Millionen Euro – trotz Schifffahrtskrise und niedriger Frachtraten.

Mehr noch: Habben Jansen hat den Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und CSAV schneller hinbekommen als ursprünglich von Branchenkennern angenommen. Und die Synergien, die sich dabei ergeben, sollen sogar um 100 Millionen Dollar jährlich höher ausfallen als zunächst verkündet.

„Die Zahlen haben gezeigt, dass Hapag-Lloyd bei der Fusion deutlich über Plan liegt. Die Marschrichtung stimmt“, sagt Thomas Wybierek, Schifffahrtsexperte bei der NordLB. Er hält aber das Börsenumfeld für fragil: „Allzu lange sollte das Unternehmen mit dem Börsengang nicht warten.“ Einziger Wermutstropfen ist seiner Meinung nach das schwache Branchenumfeld: „Die Containerschifffahrt hat es insgesamt schwer.“

In der Zentrale am Ballindamm laufen unterdessen die Vorbereitungen für das Initial Public Offering (IPO) auf Hochtouren. Hapag-Lloyd hat mit der Deutschen Bank, Goldman Sachs und der Privatbank Berenberg bereits seine Konsortialbanken gewählt. Kreisen zufolge stehen weitere Geldinstitute bereit, um die Aktien an den Mann oder die Frau zu bringen. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um Credit Suisse, Citi und HSBC, dahinter rangieren M. M. Warburg und noch zwei weitere Institute.

Hapag-Lloyd hat bereits mehrere erfolglose Anläufe zu einen Börsengang genommen. Der letzte war 2011 nach der Explosion des Atomreaktors im japanischen Fukushima abgesagt worden. Aber damals hatte die Reederei auch noch nicht Habben Jansen.