Hamburg. Konzern investiert 200 Millionen Euro zur Produktion von Offshore-Anlagen der nächsten Generation. Bis zu 1000 neue Arbeitsplätze.

Gute Nachricht für den Norden: Der Elektrokonzern Siemens baut in Cuxhaven eine Windkraft-Fabrik und schafft dort bis zu 1000 neue Arbeitsplätze. Es ist die erste deutsche Produktionsstätte des Unternehmens für sogenannte Offshore-Windkraftanlagen, die vor den Küsten installiert werden. „Die Entscheidung, eine neue Fertigung in Cuxhaven zu bauen, ist ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland“, erklärte Siemens-Chef Joe Kaeser am Mittwoch in München. „In der neuen Siemens-Fabrik werden wir bis zu 1000 qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen.“ Für die Fabrik sind Investitionen von rund 200 Millionen Euro vorgesehen. Geplant ist eine Fertigung von Maschinenhäusern für Windturbinen der nächsten Generation.

Die Bauarbeiten werden im Herbst beginnen, Mitte 2017 soll dann die Produktion starten. „Das ist ein großartiger Tag für das Land, die Region und vor allem auch für die Stadt Cuxhaven“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Siemens sei die größte Neuansiedlung in Niedersachsen seit Jahren. Die Gespräche liefen unter stärkster Geheimhaltung bereits seit der Regierungsübernahme durch Rot-Grün vor zweieinhalb Jahren. Cuxhaven habe sich gegen starke europäische Konkurrenz durchgesetzt, so Lies.

Die Fabrik entsteht auf einem Areal, das so groß ist wie 24 Fußballfelder

Im Gespräch waren Standorte wie Emden, Duisburg oder Bremerhaven, das wie Cuxhaven einen für die Offshore-Industrie ausgelegten Hafen betreibt. In früheren Planungen war auch Hamburg einbezogen worden, heißt es bei Siemens. In der Hansestadt hat Siemens seit Jahren seine Windenergieaktivitäten gebündelt. Hier mangelte es aber vor allem an geeigneten Flächen für eine Fertigung: Schließlich zieht Siemens die Fabrik in Cuxhaven direkt an der Hafenkante hoch. Das Areal ist 24 Fußballfelder groß.

Frank Horch, Hamburger Wirtschaftssenator (parteilos), verwies auf die speziellen Bedingungen in Cuxhaven: „Es ist für den Bereich der Windenergie, der für den Norden der bedeutendste Faktor für die Energiewende ist, besonders wichtig, leistungsfähige Häfen und Logistikzentren zu haben, die den besonderen Anforderungen der Offshore-Windenergie gerecht werden“. Hamburg und die Unterelbe-Region kooperierten seit vielen Jahren erfolgreich im Rahmen der Metropolregion. „Deshalb hat sich Hamburg um diese Produktionsstätte nie proaktiv beworben“, sagte Horch.

Das Land Niedersachsen hatte zuvor Millionen in den Ausbau Cuxhavens als Offshore-Basis investiert. Mithilfe der gut ausgebauten Hafenanlage, deren Kaimauern für schwere Lasten ausgelegt sind, können große Komponenten direkt auf Transportschiffe geladen werden. So werden teure Transporte an Land vermieden.

Cuxhaven bietet die Infrastruktur für die Zukunftstechnologie, in Hamburg aber soll die wichtige Windenergie-Branche unter der Entscheidung für Niedersachsen nicht leiden: Bisher arbeiten bei Siemens in der Hansestadt mehr als 700 Mitarbeiter im Windenergie-Geschäft. Diese Stellen sind durch die Ansiedlung in Cuxhaven nicht gefährdet, heißt es bei Siemens gegenüber dem Abendblatt. Auch Verlagerungen nach Cuxhaven seien nicht geplant. „Unsere Entscheidung für den Bau eines neuen Werks für große Offshore-Windenergie-Anlagen stärkt nicht nur den Industriestandort Hamburg. Es ist auch ein deutlicher Beleg dafür, dass die Metropolregion an der Unterelbe zu Recht als eine der bedeutendsten für die Branche der Erneuerbaren Energien in Europa gilt,“ sagte Michael Westhagemann, Leiter der Niederlassung Hamburg und Deutschlandchef der Windkraft-Sparte bei Siemens. Die Windenergie-Branche soll der Jobmotor der Energiewende werden – denn auf absehbare Zeit dürfte der ausfallende Atomstrom in erster Linie durch Wind kompensiert werden. Mit seiner Niederlassung in der Hansestadt prägt Siemens als weltweiter Marktführer im Bereich Offshore maßgeblich den Standort, der sich selbst gerne als Windmetropole bezeichnet. Im Branchennetzwerk Cluster Erneuerbare Energien Hamburg agiert Westhagemann als Chef des Fördervereins.

Geplant ist in Cuxhaven eine Fertigung für Windturbinen der nächsten Generation. Die Produktion umfasst die Montage von Generatoren, Naben sowie Gondel-Rückteile, die zu kompletten Maschinenhäusern für Offshore-Windenergie-Anlagen zusammengeführt werden – den Herzstücken der Windanlagen. Die Anlagen sind für den Einsatz auf dem Meer konzipiert und haben eine Leistung von sieben Megawatt.

M. Westhagemann, Siemens
M. Westhagemann, Siemens © Andreas Laible

Siemens hatte allein in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach Großaufträge für die Ausrüstung und langfristige Wartung neuer Windparks vor Deutschland und Großbritannien bekanntgegeben. Im deutschen Bereich der Nordsee wurden Branchenverbänden zufolge bisher elf Turbinenfelder ganz oder teilweise in Betrieb genommen, fünf weitere befinden sich im Bau oder sind fest geplant.

Die neue Dynamik der Branche ist Folge von besseren Rahmenbedingungen für Investoren. Nachdem die Bundesregierung vor einem Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeitet und in Kraft gesetzt hat, investierten Firmen wieder in Offshore-Windparks. Insgesamt speisen in der Nordsee bereits 700 Windenergie-Anlagen Strom ins Netz ein. Das reicht für etwa drei Millionen Haushalte.

Nach Angaben von Herstellern wird Stromerzeugung auf See zwar zunehmend wettbewerbsfähiger, die Kosten stellen aber noch immer ein großes Problem dar. Hürden stellen die oft kilometerweiten Entfernungen zum Land dar und die Komplexität bei der Leitung des Stroms. Das Werk in Cuxhaven soll sich auf große Windanlagen spezialisieren, die derzeit besonders gefragt sind bei den Kunden. Durch große Windräder werden mehrere kleine Anlagen ersetzt, deren Platzbedarf, Installation und Wartung gemessen an der Energieerzeugung teurer ist. Andere Windanlagen produziert Siemens bisher im dänischen Billund.

Von Hamburg aus werden zwei Drittel der Offshore-Projekte in Deutschland gemanagt, von den in der Umsetzung befindlichen Projekten sind es über 80 Prozent.