Hamburg. Bundesgerichtshof stärkt Hamburger Kosmetikkonzern Beiersdorf im Kampf um den Farbton den Rücken. Unilever bleibt aber siegessicher.
Das Meer und der Himmel: Daran soll Werbeleiter Juan Gregorio Clausen gedacht haben, als er im Jahr 1925 die Farbgebung für die klassische Nivea-Dose entwickelte. Nicht mehr verspielt und mit Ornamenten des Jugendstils versehen sollte die Creme des Hamburger Beiersdorf-Konzerns erscheinen, sondern schlicht und modern. Die Farbe Blau schien dem einstigen Seemann Clausen dabei besonders geeignet, ein Gefühl von Frische hervorzurufen.
Seit dieser Zeit hat sich Dunkelblau nach Ansicht von Beiersdorf zu einem wichtigen Erkennungszeichen für die Hamburger Creme entwickelt. Pantone 280 C nennt sich der spezielle Ton, den der Konzern für Haut- und Körperpflegeprodukte heute exklusiv verwendet und den sich das Unternehmen im Jahr 2007 patentrechtlich schützen ließ.
Dieser Schutz wird zunächst auch weiter so bestehen bleiben: Im erbitterten Farbenstreit mit dem Konkurrenten Unilever hat der Niveahersteller am Donnerstag vor dem Bundesgerichtshof nämlich einen wichtigen Etappensieg verbuchen können. Die Karlsruher Richter hoben eine Entscheidung des Bundespatentgerichts auf, das nach der Klage Unilevers die Löschung der entsprechenden Farbmarke angeordnet hatte. Der Fall geht damit in eine neue Runde. Dabei muss das Bundespatentgericht nun mit einer neuen Umfrage feststellen, wie hoch der Prozentsatz der Verbraucher ist, der den typischen blauen Farbton automatisch als „Produktkennzeichen“ der Firma sieht.
Unilever argumentiert, der Konkurrent verwende die blaue Farbe nur rein dekorativ als Verpackungshintergrund des weißen Schriftzugs Nivea. Der britisch-niederländische Konzern setzt bei seiner Pflegemarke Dove ebenfalls auf eine blau-weiße Farbkombination, hat das Verfahren aber vor allem deshalb angestrengt, um eine grundsätzliche Klärung für die gesamte Industrie zu erreichen.
Beiersdorf hingegen macht geltend, man verwende die Farbe Blau als „Hausfarbe“ für Haut- und Körperpflegeprodukte und nutze sie auch in der Werbung. Jedes Nivea-Produkt sei zumindest zum Teil in dem geschützten Blauton gehalten – nicht nur die Creme in der klassischen runden Blechdose.
50 Prozent der Verbraucher müssen in einer Farbe einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sehen
Laut BGH sind solche „abstrakten Farbmarken“ zwar im Allgemeinen nicht schutzfähig, weil der Verbraucher eine Farbe in der Regel als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnehme. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass sich das Nivea-Blau für Haut- und Körperpflegeprodukte bei den Verbrauchern durchgesetzt habe und deshalb als Farbmarke nicht gelöscht werden dürfe. Dabei reicht es nach Ansicht der Karlsruher Richter aus, wenn mehr als 50 Prozent der Verbraucher in der Farbe einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sehen. Der Maßstab des Bundespatentgerichts, das mindestens 75 Prozent verlangt hatte, sei „zu streng“, entschied der BGH.
Beiersdorf begrüßte naturgemäß die Entscheidung. Weltweit würden Verbraucher das typische Blau mit „allerhöchster Hautpflege-Kompetenz“ assoziieren, sagte Markenvorstand Ralph Gusko. „Daher lassen wir selbstverständlich nichts unversucht, um das ikonische Farbimage zu schützen.“
Unilever gibt sich im Farbstreit aber keinesfalls geschlagen. „Wir sehen uns bestärkt in unserer Entscheidung gegen die Marken-Registrierung vorzugehen“, erklärte ein Sprecher in der Hamburger Deutschlandzentrale. Man erwarte, dass das Bundespatentgericht im weiteren Verfahrensverlauf zu einer Bestätigung der ursprünglichen Löschungsentscheidung kommen werde.
Diese Zuversicht stützt sich unter anderem auf den Hinweis der Karlsruher Richter, dass das von Beiersdorf vorgelegte Gutachten zur Markenbekanntheit von gut 50 Prozent nicht stichhaltig war. Den Testpersonen sei eine blaue Farbkarte mit weißer Umrandung vorgelegt worden. Stattdessen hätte es laut BGH eine rein blaue Karte sein müssen. Die Blau-Weiß-Kombi könne die Ergebnisse zugunsten von Nivea beeinflusst haben.
Um die Farben Gelb, Rot, Lila und Magenta wurde ebenfalls gestritten
Beiersdorf und Unilever sind keineswegs die einzigen Unternehmen, die sich um Farben als Marken streiten. Entsprechende Prozesse haben in den vergangenen Jahren zugenommen. So entschied derselbe Senat des Bundesgerichtshofs im Oktober vergangenen Jahres einen Streit um die Farbmarke Gelb für Wörterbücher zugunsten des Langenscheidt-Verlages. Zuvor wurde schon um das Milka-Lila und die Farbe Magenta für die Telekom gerungen.
Noch nicht entschieden ist ein Prozess zwischen dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der spanischen Bank Santander um die Farbmarke Rot: Das Bundespatentgericht hat unlängst dem Antrag der Santander auf Löschung der Marke stattgegeben. Auch hier wird wieder der BGH gefragt sein, denn die Sparkassen wollen den Fall Karlsruhe vorlegen.