Hamburg. Handelskonzern Hudson’s Bay zahlt fast drei Milliarden Euro für deutschen Marktführer. 103 Filialen wechseln den Besitzer.
Shopping ist eine der Leidenschaften von Richard A. Baker. Im Gegensatz zum Normalbürger kauft der milliardenschwere Investor allerdings nicht nur in Warenhäusern und Modeläden ein – er schluckt diese auch gleich komplett. Im Jahr 2006 legte er sich die US-Kette Lord & Taylor zu, kurz danach übernahm er das kanadische Unternehmen Hudson’s Bay. Und vor zwei Jahren kaufte Baker noch die Luxusmodekette Saks Fifth Avenue.
Nun ist Baker, der ursprünglich aus der US-Immobilienbranche kommt, sein größter Coup gelungen: Die von ihm kontrollierte Hudson’s Bay Company (HBC) übernimmt den deutschen Marktführer Kaufhof für 2,8 Milliarden Euro vom bisherigen Eigentümer Metro. 103 Galeria-Kaufhof-Filialen mit etwa 21.500 Mitarbeitern wechseln damit den Besitzer. Betroffen sind auch die zwei Hamburger Häuser an der Mönckebergstraße und im Alstertal-Einkaufszentrum, in denen zusammen etwa 320 Beschäftigte arbeiten. Hinzu kommen 16 Sportarena-Filialen und 16 Warenhäuser von Galeria Inno in Belgien sowie mehrere Logistikzentren.
Damit stechen die Kanadier den Karstadt-Eigentümer Signa aus, der ebenfalls für Kaufhof geboten hatte. Der österreichische Karstadt-Eigner René Benko soll ein Angebot in ähnlicher Höhe abgegeben haben.
Bei einer Pressekonferenz in Köln unterstrich Hudson’s-Bay-Chef Baker die Zusagen des Unternehmens für Standorte und Beschäftigte. „Wir haben keinerlei Pläne, Geschäfte zu schließen. Wir haben uns zudem festgelegt, die Zahl der Mitarbeiter nicht zu senken“, betonte er. Der neue Kaufhof-Besitzer mit Hauptsitz in Toronto wolle die Mitarbeiterzahl eher erhöhen als verringern. „Wir arbeiten daran, ein noch größeres Mitarbeitervolumen zu schaffen und noch mehr Mitarbeiter an Bord zu nehmen“, sagte Baker. Er habe großen Respekt vor den Leistungen der Kaufhof-Mannschaft, versicherte Baker weiter. Die Hauptverwaltung von Kaufhof bleibe in Köln. Zudem wollen die Kanadier mit dem bestehenden Management-Team von Kaufhof weitermachen. Im Geschäftsjahr 2013/14 setzte die Kette rund 3,1 Milliarden Euro um.
Für Hudson’s Bay bedeutet die Übernahme einen großen Wachstumsschritt. Nach dem Erwerb wird der Warenhauskonzern über 464 Standorte weltweit verfügen, der Umsatz wird bei rund neun Milliarden Euro liegen. „Es ist das richtige Investment zum richtigen Zeitpunkt“, bilanzierte Baker.
Laut Metro soll die Transaktion Ende September abgeschlossen sein. Mit dem Verkauf wolle der Handelskonzern seine Nettoschulden „signifikant“ um 2,7 Milliarden Euro reduzieren. Die Entscheidung für die Abtrennung der Warenhaussparte sei gefallen, weil sich das Unternehmen stärker auf sein Großhandelsgeschäft, die Unterhaltungselektronik-Sparte mit Media Markt und Saturn sowie auf die Supermarktkette Real konzentrieren wolle.
Metro habe sich „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ von Kaufhof getrennt, sagte Konzernchef Olaf Koch – der Verkauf sei für alle drei Parteien von Vorteil. Das Angebot von Hudson’s Bay habe Vorstand und Aufsichtsrat „voll umfänglich“ überzeugt, auch weil es ein klares Konzept für die Belegschaft in Deutschland und Belgien beinhaltet habe.
Von den Metro-Aktionären wurde der Verkauf dagegen mit Ernüchterung aufgenommen. Der Kurs der Aktie ging bis zum Montagnachmittag um mehr als vier Prozent zurück. Einige Anleger hätten wohl auf einen höheren Verkaufspreis bei der Übernahme von Kaufhof gehofft, sagte ein Händler. Der Zuschlag an die Kanadier hatte sich schon Ende der vergangenen Woche abgezeichnet. Auch der Erlös von knapp drei Milliarden Euro ist nach dem in den vergangenen Wochen heftiger gewordenen Bieterrennen keine Überraschung mehr.
Die Gewerkschaft Ver.di pochte unterdessen weiter auf rechtsverbindliche Verträge zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Die Ansprüche der Mitarbeiter müssten nun durch Tarifverträge mit der Gewerkschaft abgesichert werden, sagte die Hamburger Einzelhandelsexpertin von Ver.di, Heike Lattekamp. Der Verkauf biete die Chance, dass die Beschäftigten nach jahrelangen Spekulationen um die Zukunft von Kaufhof jetzt eine klare Perspektive erhielten.
Der Karstadt-Eigner Signa Retail hatte im Übernahmepoker ebenfalls versucht, mit einer Job- und Standortgarantie zu punkten. Im Fall der Zusammenführung beider Warenhausketten unter einem Dach würde Signa mit beiden Namen weiterarbeiten, hatte Chef Stephan Fanderl angekündigt.
Karstadt-Eigentümer enttäuschtüber verlorene Übernahmeschlacht
In einer am Montag verbreiteten Mitteilung bedauerte Signa die Entscheidung für Hudson’s Bay. „Wir haben uns drei Jahre lang auf die Verwirklichung der Deutschen Warenhaus Holding intensiv und gewissenhaft vorbereitet, um die beiden deutschen Traditionsmarken Kaufhof und Karstadt gemeinsam in eine gute Zukunft zu führen“, teilte der Karstadt-Eigentümer mit. „Dies ist nun nicht mehr möglich.“ Erstmals habe die „historische Chance“ bestanden, Kaufhof und Karstadt zu vereinen und „gemeinsam miteinander offensiv in einem schwieriger werdenden Marktumfeld zu agieren“. Die Finanzierung eines möglichen Kaufs der Warenhauskette sei gesichert gewesen. Signa werde sich nun darauf konzentrieren, die Entwicklung bei Karstadt weiter voranzutreiben.