Hamburg. Chen Xuyuan, der Chef des weltgrößten Hafens Shanghai, spricht im Abendblatt-Interview über Kooperation mit dem Hamburger Hafen.

Der erste Tag der Welthafenkonferenz wurde vom hochrangigen Besuch einer Delegation aus Shanghai in Hamburg begleitet. Der Präses der Handelskammer, Fritz Horst Melsheimer, und Song Hailiang, Vorsitzender des weltweit größten Herstellers von Containerbrücken, Shanghai Zhenhua Heavy Industries (ZPMC), gaben den Startschuss für die Eröffnung einer Europarepräsentanz in Hamburg. Außerdem unterzeichneten ZPMC und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) einen Vertrag über den Kauf neuer Containerkräne für den Hafen. Mit dabei: Chen Xuyuan. Er ist Vorsitzender der Shanghai Hafengruppe (SIPG). Zuvor war er lange Präsident des Unternehmens, das seit dem Jahr 2005 eine Aktiengesellschaft ist. Shanghai hat im vergangenen Jahr mehr als 35 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Die Stadt verfügt damit über den größten Hafen der Welt. Im Abendblatt-Interview erzählt Chen, wie Shanghais Hafen so groß wurde. Der Manager spricht über das Verhältnis der beiden Städte zueinander und macht sogar ein Angebot an den Bundesligisten HSV.

Hamburger Abendblatt: Herr Chen, wie wird man Chef des größten Hafens der Welt?

Chen Xuyuan: (lacht) Ich glaube, dass hat etwas mit Werteauffassung zu tun. Jeder Mensch hat Ziele und strebt nach etwas. Meine Bestimmung war immer der Aufbau von Häfen. Schon in meinem Namen steckt das chinesische Wort für Quelle, also Wasser. Ich arbeite jetzt seit 42 Jahren für den Hafen von Shanghai. Und dann muss ich natürlich sagen, dass ich immer gefördert wurde, sowohl von meinen Vorgesetzten als auch von Untergebenen.

Shanghais Hafen ist viermal so groß wie der Hamburger Hafen und hat enorme Zuwachsraten. Was ist das Erfolgsgeheimnis von Shanghai?

Chen: Die Entwicklung des Hafens hängt eng mit der Entwicklung Chinas zusammen. Die Reform- und Öffnungspolitik seit 1978 hat die chinesische Wirtschaft von Grund auf verändert bis hin zu einem Warenexport im Umfang von einer Billion US-Dollar. Der Hafen hat sich anpassen müssen, auch in seiner Struktur. So hat ihm eine marktorientierte Bewirtschaftung gut getan. Nicht zuletzt hängt der Erfolg auch vom Fleiß der insgesamt rund 35.000 Beschäftigten ab, die stolz sind, für dieses Unternehmen zu arbeiten.

Ihr Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft. Was ist der Hintergrund?

Chen: Wir regeln nicht nur den Containerumschlag in Shanghai, sondern sind ein weltweit operierendes Unternehmen. Wir haben auch eine Hafenbeteiligung im belgischen Zeebrügge. Ich komme zudem gerade aus Haifa in Israel, wo wir die Konzession für ein Terminal über 25 Jahre erhalten haben.

Können Sie sich auch Beteiligungen an deutschen Häfen vorstellen?

Chen: Das wäre uns willkommen. Wenn Bremen oder Hamburg dazu bereit sind, können wir uns eine engere Zusammenarbeit sehr gut vorstellen, bis hin zu einer Beteiligung an den Häfen. Dann hätten wir mit Sicherheit ein positives Ergebnis: Eins plus eins ergibt in dem Fall mehr als zwei.

Sie haben mit Yangshan außerhalb der Stadt Shanghai einen neuen großen Tiefwasserhafen gebaut. Was war der Hauptgrund dafür?

Chen: Einer der Hauptgründe dafür war sicherlich die Entwicklung der Schiffsgrößen. Die Schiffe werden breiter und haben mehr Tiefgang, so dass unsere alten Binnenhäfen in Jangtse­delta Probleme bekommen hätten. Deshalb haben wir rechtzeitig – bereits im Jahr 2002 – angefangen, Yangshan auszubauen. Derzeit haben wir dort Kaianlagen mit einer Länge von 5,6 Kilometern, an denen selbst die größten Schiffe problemlos abgefertigt werden können. Übrigens: Vor diesem Problem mit den Schiffsgrößen steht Hamburg noch sehr viel stärker.

Sie kennen Hamburgs Problem mit der fehlenden Elbvertiefung?

Chen: Ja, natürlich. Seit zehn Jahren redet die Stadt davon, dass sie die Elbe vertiefen will. Ich glaube, wenn es endlich dazu kommt, wäre es ein Gewinn für den Hafen. Im Übrigen kann es mit der Entwicklung zu immer größeren Schiffen so nicht weitergehen. Sechs große Häfen, darunter Shanghai, Singapur und Rotterdam, haben vereinbart gegen diese Tendenz vorzugehen. Denn was diese Entwicklung für die Häfen in Sachen Ausbau bedeutet, grenzt an Verschwendung von Ressourcen.

Wie wichtig ist Hamburg für Sie als ökonomischer Partner?

Chen: Hamburg spielt seit Langem eine wichtige Rolle für den Warenaustausch zwischen Europa und China. Wir haben im vergangenen Jahr 870.000 Container zwischen Shanghai und Hamburg hin und her bewegt, das ist eine deutliche Zunahme gegenüber 2013. Schließlich verbindet unsere Häfen eine langjährige Partnerschaft. Wir kooperieren auch in Umweltschutzfragen, denken Sie an die „Green Shipping Line“, die wir vereinbart haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Chen: Gern. Kommen Sie mal nach Shanghai, und bringen Sie den HSV mit.

Wir haben auch einen Verein, der in der Ersten Liga spielt.