Haqmburg. Ein Kandidat für die Nachfolge des Hochbahn-Chefs Günter Elste ist Philip Nölling - doch die Personalie ist sehr umstritten.

Die Nachfolge von Günter Elste als Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn ist einer der wichtigsten Posten, den die Stadt zurzeit zu vergeben hat. Der 66-Jährige geht Ende des Jahres in den Ruhestand.

Die Entscheidung soll in Kürze fallen. Nach Abendblatt-Informationen gilt Philip Nölling, der bis Juni 2014 kaufmännischer Geschäftsführer der Hermes Logistik Gruppe Deutschland war, als Favorit. Er soll der Wunschkandidat von Günter Elste sein. Auch Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD), Vorsitzender der Findungskommission, ist von Philip Nölling als Elste-Nachfolger überzeugt.

Aber innerhalb der Findungskommission und in deren Umfeld gibt es offensichtlich Vorbehalte gegen diese Personalie, denn Philip Nölling hat bislang keine Erfahrungen bei einem Verkehrsunternehmen gesammelt, er gilt als „branchenfremd“. Zudem ist Nölling der Sohn des ehemaligen SPD-Spitzenpolitikers Wilhelm Nölling, der zwischen 1974 und 1982 diverse Senatorenposten in der Hansestadt innehatte und bis 1992 Präsident der Hamburger Landeszentralbank war. Auch Günter Elste ist ein altgedienter Sozialdemokrat: Der Diplom-Kaufmann war von 1989 bis 1996 Fraktionschef der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Der Unmut über Elstes Vorpreschen scheint groß zu sein: „Günter Elste kürt hier seinen eigenen Kronprinzen und wird dabei auch noch von Andreas Rieckhof unterstützt“, so eine mit dem Verfahren vertraute Person gegenüber dem Abendblatt. Eigentlich sei bis auf Elste und Rieckhof niemand in der Findungskommission von der Personalie Nölling überzeugt. Vor allem die Arbeitnehmervertreter der Hochbahn in der Kommission sollen Vorbehalte haben gegenüber dem branchenfremden Nölling, zu dessen beruflichen Stationen auch eine Geschäftsführerpostion bei der Gruner+Jahr Verlagsgruppe zählt. Philip Nölling ist nach Abendblatt-Informationen 2011 aus der SPD ausgetreten. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar, da er sich auf Reisen befindet.

Elste hat kein Stimmrecht

In der Findungskommission hat Elste kein Stimmrecht, nimmt aber als Gast teil. Dem Vernehmen nach nehme er diese Rolle sehr „aktiv“ wahr.

Günter Elste führt das stadteigene Verkehrsunternehmen mit rund 7000 Mitarbeitern seit 1996. Er wird sich künftig auf seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Sparkasse (Haspa) konzentrieren. Die Hochbahn liegt ihm sehr am Herzen. Das Abendblatt hat Elste um eine Stellungnahme gebeten. Diese lehnte er mit dem Hinweis „auf das laufende Verfahren bei der Neubesetzung des Hochbahn-Vorstandsvorsitzenden“ ab. Auch Staatsrat Rieckhof wollte sich nicht äußern.

Verständlich. Denn Namen im Zusammenhang mit der Elste-Nachfolge sollen nicht an die Öffentlichkeit dringen. Das Abendblatt hatte bereits berichtet, dass sich S-Bahn Hamburg-Chef Kay Uwe Arnecke der Findungskommission vorgestellt hatte. Er soll inzwischen nicht mehr im Rennen für den Posten sein.

Dafür aber ein Berliner: Henrik Falk soll ebenfalls von der Kommission eingeladen worden und nach wie vor für die Spitzenposition im Gespräch sein. Der 45-Jährige ist seit 2008 als Vorstand der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für den Bereich Finanzen und Vertrieb verantwortlich und gilt als ausgewiesener Branchenkenner.

Umstrittene Elste-Aktion

Für Ärger in dem Auswahlprozess sorgt indes nicht nur Elstes Wunschkandidat Nölling. Bereits im Vorfeld des Verfahrens soll es laut Insidern zu Irritationen gekommen sein: Nach Abendblatt-Informationen hatte Elste am Hochbahn-Aufsichtsrat vorbei eine Personalberatungsagentur mit der Suche seines Nachfolgers beauftragt und den Gehaltsrahmen für den Neuling gleich mit vorgegeben: Sein eigenes Ausstiegsgehalt. Bekannt ist, dass Elste im Jahr 2013 mehr als 350.000 Euro verdiente.

Dieser Vorstoß von Elste soll für Kritik gesorgt haben. Aus Behördenkreisen heißt es: Die eigenmächtige Festsetzung eines Vergütungsrahmens sei ein klarer Verstoß gegen die Senatsregeln bei der Nachfolgesuche von Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen gewesen. Denn demnach muss der Vergütungsrahmen vor Eintritt in die Personalsuche von der Senatskommission für Öffentliche Unternehmen, der Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) vorsitzt, beschlossen werden. Nachdem die von Elste beauftragte Personalberatungsgesellschaft jedoch schon über Wochen mit dem ungenehmigten Vergütungsrahmen den Markt nach geeigneten Bewerbern sondierte, blieb der Senatskommission letztlich nichts anderes übrig, als diesen abzunicken.

Noch ist die letzte Hürde für Nölling nicht genommen. Wenn die Findungskomission sich auf ihn verständigen würde, müsste dieser Entscheidung die Senatskommission für Öffentliche Unternehmen zustimmen und danach noch der Hochbahn-Aufsichtsrat. Sollten sich Elste und Rieckhof durchsetzen, könnte es auch Kritik aus der SPD geben: Vor wenigen Wochen hatte Verkehrsexpertin Martina Koeppen gesagt: „Auf diesem Posten brauchen wir jemanden, der sich exzellent in der Verkehrsbranche auskennt.“

Die Hochbahn ist eines der bekanntesten Hamburger Unternehmen und beförderte in 2014 mehr als 430 Millionen Fahrgäste.