Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer bereitet einen neuen Streik vor. Demnach könnten die Mitarbeiter die Arbeit bis zu 91 Stunden niederlegen. Das Datum soll rechtzeitig bekannt gegeben werden.

Berlin/Frankfurt. Die Lokführergewerkschaft GDL will erneut streiken. Sie nannte aber am Montagnachmittag nach einer Sitzung ihrer Spitzengremien in Frankfurt kein Datum. „Die GDL wird darüber rechtzeitig informieren“, hieß es lediglich. GDL-Chef Claus Weselsky zeigte sich mit dem jüngsten Vorschlag der Bahn zur Lösung des Tarifkonflikts unzufrieden. Die Annahme hätte für einen Teil der GDL-Mitglieder den Verzicht auf das Streikrecht bedeutet, fügte er hinzu.

Die Bahn hatte zuvor mitgeteilt, dass vertrauliche Tarifgespräche mit der Gewerkschaft am Wochenende gescheitert waren. Die GDL-Spitze habe die Gespräche „kurz vor Unterzeichnung einer Lösung“ völlig überraschend platzen lassen, hieß es. Zuvor hätten beide Seiten ein neues Verfahren entwickelt. Dadurch sollte die GDL laut Bahn einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter erhalten. Gleichzeitig sollte die Regelung die Kollision von zwei unterschiedlichen Tarifverträgen für eine Berufsgruppe vermeiden.

Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Lohn im Jahr bei kürzeren Arbeitszeiten. Kern des Konflikts ist aber, dass die Gewerkschaft dies nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer fordert, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht aber die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Die Bahn lehnt konkurrierende Tarifabschlüsse ab.

Streik von bis zu 91 Stunden?

Die GDL hat die Deutsche Bahn im aktuellen Tarifkonflikt bereits fünfmal bestreikt, zuletzt Mitte Oktober. Am Sonntag endete eine von der Gewerkschaft zugesagte Streikpause.

Wie die „Bild“-Zeitung (Montag) berichtete, geht es in der Sitzung der GDL-Gremien um die Bewertung des jüngsten Tarifangebots der Bahn. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber habe in einem Gespräch mit dem GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky am Freitag weitere Details vorgelegt. Im Gespräch für den neuerlichen Lokführer-Ausstand sind laut Blatt bis zu 91 Stunden.

Zuletzt hatten die Lokführer vom 17. bis 20. Oktober insgesamt 50 Stunden lang gestreikt – ausgerechnet am Wochenende und zum Start der Herbstferien in vielen Bundesländern.

IG-Metallchef: GDL schadet Ansehen

Die EVG bot der Konkurrenz von der GDL erneut gemeinsame Verhandlungen an. „Kommt in die Verhandlungskommission und lasst uns gemeinsam mit der Bahn verhandeln. Davon profitieren alle unsere Mitglieder“, warb der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner im „Focus“.

Das Vorgehen der GDL schadet nach Ansicht von IG-Metall-Chef Detlef Wetzel den Gewerkschaften insgesamt. „Zuständigkeit zu reklamieren, obwohl einem die Mitglieder fehlen – das ist der Tod der Gewerkschaftsbewegung“, sagte Wetzel dem „Spiegel“. Er halte es für legitim, dass die GDL für Lokführer zuständig sei, weil sie dort die Mehrheit habe. „Aber wie die GDL in anderen Bereichen nicht die Mehrheit zu haben und sich trotzdem für zuständig zu erklären, das ist undemokratisch“, so der IG-Metall-Vorsitzende.

Millionenverluste für die Bahn

Die Deutsche Bahn verliert bei den Lokführerstreiks Millionen und muss auch langfristig um Kunden bangen. So hatten Fernbusunternehmen von steigender Nachfrage berichtet. Im Güterverkehr hatten während der jüngsten Streiks Autohersteller Transporte auf Lkw verlagert.

„Durch die Streiks gab es mehr zu tun“, bestätigte der Hauptgeschäftsführer des Güterkraftverkehrsverbandes BGL, Karlheinz Schmidt. „Wenn die Bahn sich auf längere Sicht als unzuverlässig erweist, wird die Industrie sicher Konsequenzen ziehen. Dann wäre es möglich, dass Transporte dauerhaft von der Schiene auf die Straße verlegt werden.“

Eine Bahn-Sprecherin sagte der dpa dazu, es sei zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, um über Auswirkungen zu spekulieren. Neben der Autoindustrie setzt auch die Chemie- und die Stahlindustrie in großem Umfang auf Güterzüge. Auch Kohle wird häufig auf der Schiene transportiert.