Nach der selbst auferlegten Streikpause könnte die Gewerkschaft GDL in der neuen Woche wieder Aktionen bei der Bahn starten. Bis Montagnachmittag soll eine Entscheidung über weitere Streiks fallen.

Frankfurt/Berlin. Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen weiter mit neuen Streiks der Lokführer-Gewerkschaft GDL in dieser Woche rechnen. Die im Tarifkonflikt von der GDL ausgerufene Streikpause sollte Sonntagnacht auslaufen. Nach dem Ende der Streikpause will die GDL laut „Bild“-Zeitung in ihren Gremien bis Montagnachmittag über weitere Streiks entscheiden. Das meldet das Blatt unter Berufung auf Gewerkschaftskreise.

Nach dem Zeitungsbericht sitzen seit Sonntagnachmittag der GDL-Hauptvorstand und die Tarifkommission zusammen, um über das weitere Vorgehen im Tarifkampf bei der Deutschen Bahn zu entscheiden. Im Gespräch sei demnach ein Ausstand von bis zu 91 Stunden, schreibt „Bild“. Bei der Sitzung der GDL-Gremien gehe es unter anderem um die Bewertung des jüngsten Tarifangebots der Bahn. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber habe in einem Gespräch mit GDL-Chef Claus Weselsky am vergangenen Freitag weitere Details vorgelegt, schreibt das Blatt. Darüber müsse nun beraten werden.

Da die GDL immer betont hat, man werde Fahrgäste und Öffentlichkeit im Falle neuer Streiks rechtzeitig informieren, schien ein Ausstand gleich zum Start in die Woche aber eher unwahrscheinlich.

Von einem Streik wäre auch die S-Bahn betroffen. Bei der Deutschen Bahn hieß es am Sonntag, Ziel bleibe es, die Auswirkungen für die Kunden so gering wie möglich zuhalten. „Wir tun weiterhin alles was vernünftig ist, um den Konflikt zu lösen.“

Zuletzt hatten die Lokführer vom 17. bis 20. Oktober insgesamt 50 Stunden lang gestreikt – ausgerechnet am Wochenende und zum Start der Herbstferien in vielen Bundesländern.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bot der Konkurrenz von der GDL erneut gemeinsame Verhandlungen an. „Kommt in die Verhandlungskommission und lasst uns gemeinsam mit der Bahn verhandeln. Davon profitieren alle unsere Mitglieder“, warb der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner im „Focus“.

Die GDL will neben einem Lohnplus und kürzeren Arbeitszeiten für die Lokführer auch erreichen, dass sie für das gesamte Bordpersonal wie Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten mitverhandeln darf. Sie will damit gegen den Willen der Bahn in Tarifkonkurrenz zur größeren EVG treten, deren Tarifverträge bislang die Zugbegleiter mit umfasst haben.

„Das ist der Tod der Gewerkschaftsbewegung“


Das Vorgehen der GDL schadet nach Ansicht von IG-Metall-Chef Detlef Wetzel den Gewerkschaften insgesamt. „Zuständigkeit zu reklamieren, obwohl einem die Mitglieder fehlen – das ist der Tod der Gewerkschaftsbewegung“, sagte Wetzel dem „Spiegel“. Er halte es für legitim, dass die GDL für Lokführer zuständig sei, weil sie dort die Mehrheit habe. „Aber wie die GDL in anderen Bereichen nicht die Mehrheit zu haben und sich trotzdem für zuständig zu erklären, das ist undemokratisch“, so der IG-Metall-Vorsitzende.

Die Deutsche Bahn verliert bei den Lokführerstreiks Millionen und muss auch langfristig um Kunden bangen. So hatten Fernbusunternehmen von steigender Nachfrage berichtet. Im Güterverkehr hatten während der jüngsten Streiks Autohersteller Transporte auf Lkw verlagert.

„Durch die Streiks gab es mehr zu tun“, bestätigte der Hauptgeschäftsführer des Güterkraftverkehrsverbandes BGL, Karlheinz Schmidt. „Wenn die Bahn sich auf längere Sicht als unzuverlässig erweist, wird die Industrie sicher Konsequenzen ziehen. Dann wäre es möglich, dass Transporte dauerhaft von der Schiene auf die Straße verlegt werden.“ Eine Bahn-Sprecherin sagte der dpa dazu, es sei zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, um über Auswirkungen zu spekulieren.

Neben der Autoindustrie setzt auch die Chemie- und die Stahlindustrie in großem Umfang auf Güterzüge. Auch Kohle wird häufig auf der Schiene transportiert.