Von Sonnabendnacht bis Montagfrüh soll gestreikt werden. S-Bahnen und Shuttles zum HSV-Heimspiel fallen aus. Der Metronom akzeptiert Bahn-Tickets. Die Bahn versuchte noch den Ausstand abzuwenden.

Frankfurt/Main. Die Lokführer-Gewerkschaft GDL hält trotz eines neuen Angebots der Deutschen Bahn an ihrem Streik am Wochenende fest. GDL-Chef Claus Weselsky nannte die Offerte am Freitagabend ein „Scheinangebot“ der Bahn, mit dem die Solidarität unter den GDL-Mitgliedern ausgehebelt werden solle. Es sei nicht geeignet, in Verhandlungen einzusteigen. Der Streik soll am Sonnabendmorgen am 2.00 Uhr beginnen und bis Montagfrüh 4.00 Uhr dauern. Der Güterverkehr der Bahn wird bereits seit Freitagnachmittag bestreikt.

Das Angebot der Bahn enthält für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt 5 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten. Die Bahn bekräftigte, auch über andere Berufsgruppen mit der GDL sprechen zu wollen. Das Angebot erfüllt aber nicht die Kernforderung der GDL, Tarifverträge für das gesamte Zugpersonal abschließen zu können. „Wir werden nicht zulassen, dass es in unserer Gewerkschaft Mitglieder erster und zweiter Klasse gibt“, betonte Weselsky. Das Angebot sei „nicht einmal ein Tropfen auf einen heißen Stein“. Die GDL sei während des Streiks am Wochenende zu Hintergrundgesprächen bereit. Diese habe die Bahn bisher abgesagt.

Die Hamburger Hochbahn reagierte bereits auf die neuerliche Streikankündigung und den erwartbar höheren Fahrgastandrang und kündigte an, am Wochenende die U-Bahn-Züge mit maximaler Zug-Länge fahren zu lassen. Die Züge der Eisenbahngesellschaft metronom fahren planmäßig und aus Hamburg kommend in Richtung Stade zudem weitere Stationen an.

Taxi- und Fernbus-Unternehmen, Mitfahrportale und die Hamburger Hochbahn bereiten sich auf die Auswirkungen des angekündigten Streiks vor. Reisende suchten am Freitag nach Alternativen: Mitfahrportale und Fernbusunternehmen verzeichneten deutlich mehr Zugriffe auf ihre Webseiten als sonst.

Vom Streik betroffen sind nach Angaben der Deutschen Bahn auch alle Sonderzüge zu den Fußballspielen am Wochenende. Die An- und Abreise der Fans zu den Stadien könne nicht sichergestellt werden.

Keine Shuttle-Busse zu HSV- und Freezers-Spielen

Am Sonntag fallen auch die Shuttle-Busse von den S-Bahn-Stationen zu den Heimspielen des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV und des Eishockey-Clubs Hamburg Freezers aus. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, wurde ein Ersatzfahrplan in den Volkspark eingerichtet. Ein Shuttleverkehr mit Bussen wird nur zwischen der U-Bahnstadion Hagenbecks Tierpark und den Arenen angeboten.

Die Eisenbahngesellschaft Metronom ist indes nicht vom Streik betroffen. Um Reisenden, die vom Streik betroffen sind, eine Alternative zu gewährleisten, akzeptiere der Metronom alle Bahn-Tickets der jeweiligen Strecke, teilte das Unternehmen mit. Allerdings könne es zu Verspätungen kommen, da der gesamte Bahnverkehr durch den Streik beeinträchtigt werden könne.

Neues Tarifangebot abgeblitzt

Das „Scheinangebot“ sei nicht geeignet, in Verhandlungen einzusteigen, teilte GDL-Chef Claus Weselsky mit. „Der Arbeitgeber versucht, die Solidarität der GDL-Mitglieder untereinander auszuhebeln, was wir aber nicht zulassen werden.“ Die Bahn verweigere nach wie vor inhaltliche Verhandlungen für das gesamte Zugpersonal in der GDL. Das Angebot enthält für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt 5 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten.

Die Bahn bekräftigte, auch über andere Berufsgruppen mit der GDL sprechen zu wollen. Das Angebot erfüllt aber nicht die Kernforderung der GDL, Tarifverträge für das gesamte Zugpersonal abschließen zu können. Weselsky kritisierte, die ohnehin nur scheinbar massiven Verbesserungen, die den Lokführern geboten würden, würden den Zugbegleitern verweigert. Die Lokführer sollen 2,1 Prozent mehr Geld ab 1. Dezember 2014, dann 1,5 Prozent im Juli 2015 und 1,4 Prozent im Juli 2016 bekommen, wie die Bahn mitteilte. Außerdem soll es für die fünf Monate nach Auslaufen des bisherigen Tarifvertrags im Juni 2014 einen Einmalbetrag von 325 Euro geben. Die GDL hatte 5 Prozent Erhöhung für 12 Monate gefordert.

Weselsky hatte zuvor schon in Dresden gesagt: „Das Bahn-Management hat einen einzigen Punkt zu entscheiden: Tarifpluralität oder Tarifeinheit. Alles andere ist Schauspiel.“ Die Bahn warf Weselsky vor, jedes Maß verloren zu haben. „Die GDL läuft Amok“, hieß es einer Erklärung. Ohne Not würden Millionen von Menschen die Ferien verdorben. Es werde immer deutlicher, dass es nicht um die Interessen der Lokomotivführer gehe, „sondern um Allmachtsfantasien eines Funktionärs“.

Die angekündigte fünfte Streikaktion ist die bisher längste in dieser Tarifrunde. Der Streik dürfte noch Auswirkungen auf den Berufsverkehr am Montagmorgen haben. Die Bahn sprach von einem Amoklauf der GDL, der Fahrgastverband Pro Bahn von einer Zumutung. Die Wirtschaft warnte vor hohen Schäden. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik zeigte sich besorgt: „Das ist eine Katastrophe“, sagte Logistikexperte Gunnar Gburek. „Selbst wenn es nicht zu Produktionsausfällen kommt, werden die Unternehmen einen finanziellen Schaden haben.“

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte eine schnelle Rückkehr an den Verhandlungstisch. „Die Tarifparteien sollten zügig wieder Gespräche aufnehmen, denn Lösungen gibt es nur am Verhandlungstisch“, sagte Dobrindt der „Passauer Neuen Presse“. Er mahnte, Folgen für Dritte sollten gering gehalten werden.

Die Bahn bat ihre Fahrgäste, sich auf ihrer Internetseite über den aktuellenStand und die Ersatzfahrpläne zu informieren. Vom Streik betroffene Kunden könnten ihre Fahrkarte und Reservierung in den DB-Reisezentren kostenlos erstatten lassen. Reisende mit Zugbindung könnten auch andere Züge benutzen. Das gelte auch für Sparpreistickets.

Ersatzfahrpläne für die beiden Streiktage

Die Deutsche Bahn plant Ersatzfahrpläne für die beiden Streiktage, wie ein Konzernsprecher am Freitag mitteilte. Die Details würden noch ausgearbeitet und sollten im Laufe des Tages veröffentlicht werden. Online auf www.bahn.de könnten Kunden zum Teil bereits sehen, ob ihre Zugverbindung ausfällt oder nicht. Von 13 Uhr an werde wieder die kostenfreie Service-Telefonnummer 08000/996633 geschaltet.

Der Streik der Lokführer an diesem Wochenende wird nach Angaben des Landestourismusverbandes in Mecklenburg-Vorpommern zu Einbußen im Hotel- und Gastgewerbe führen. Bis zu 70.000 Menschen werden insgesamt am Wochenende und der darauffolgenden Herbstferienwoche im Nordosten erwartet, dazu kämen Tausende Einheimische, die ebenfalls unterwegs zum Kurzurlaub sind, sagte der Sprecher des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf. Es gebe bereits erste Stornierungen von Leuten, die auf die Bahn angewiesen sind und nun keine Alternative sehen.

Die Lokführer hatten ihre Arbeit in dieser Woche bereits am Mittwoch für 14 Stunden niedergelegt und damit den Zugverkehr in Deutschland teilweise lahmgelegt.