Erst Airbus, dann Fleischtheke: Chinas Premier kauft in Deutschland ein. Die Proteste in Hongkong gehen weiter. Am Sonnabend kommt Li nach Hamburg.

Berlin/Hamburg. Im Ullrich Verbrauchermarkt an der Mohrenstraße in Berlin war der Teufel los. Ein gewaltiger Menschenauflauf, Bodyguards, Kameraleute – und mittendrin Bundeskanzlerin Angela Merkel, 60, und der chinesische Ministerpräsidenten Li Keqiang. Hier, unweit des Brandenburger Tores, zeigte Merkel ihrem Staatsgast Gemüsesorten und machte mit ihm an der Fleischtheke Halt. Schließlich kaufte die Kanzlerin für Li Grußkarten, Salz und einen Nikolausstiefel – und bezahlte in bar.

Li sagte im Laufe des Tages zu Merkel: „Wir sollten die Flusskrebse, die aufgetischt sind, wirklich aufessen.“ Das bedeutet, dass beide Länder nun auch schwierige Themen anpacken müssten.

Während des Deutschlandbesuches von Li hat sich die Situation in Hongkong erneut zugespitzt. Nachdem die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone kurzfristig Gespräche mit Protestierenden abgesagt hatte, gingen am Freitagabend (Ortszeit) erneut Tausende pro-demokratische Demonstranten auf die Straße. „Wenn kurzzeitige Proteste nichts bringen sollten, werden wir Langzeitproteste haben. Bringt Eure Schlafsäcke mit, wir werden bis zum Ende bleiben“, feuerte Studentenführer Joshua Wong die Demonstranten an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Li in Berlin deutlich, dass sie auf eine friedliche Lösung setzt. Sie hoffe, dass „in freiem Meinungsaustausch“ Lösungen gefunden werden, „die die Bevölkerung in Hongkong zufriedenstellen“. Bislang seien die Proteste im Großen und Ganzen friedlich verlaufen, und sie erwarte, „dass das auch weiter so bleiben kann“.

Der Studentenführer Joshua Wong hatte zuvor an die Kanzlerin appelliert, Deutschland dürfe nicht allein wirtschaftliche Aspekte im Zusammenhang mit China in den Vordergrund stellen. „Nur wenn Deutschland, Europa und die ganze Welt Druck auf China machen und für uns Solidarität zeigen, haben unsere Proteste eine Chance“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Li sagte in Berlin, die Erhaltung langfristiger Prosperität und Stabilität Hongkongs liege nicht nur im Interesse Chinas, sondern noch mehr im Interesse der Einwohner der Metropole. Er sei überzeugt, dass die Hongkonger und die Regierung der Sonderverwaltungsregion in der Lage seien, „den Wohlstand der Stadt zu erhalten und auch die gesellschaftliche Stabilität zu wahren“. China werde „die legitimen Interessen aller ausländischen Investoren in Hongkong, einschließlich der deutschen Investoren, rechtmäßig schützen“.

Taiwans Präsident Ma Ying-jeou mahnte Peking zu demokratischen Reformen. „Jetzt ist der günstigste Zeitpunkt“, sagte Ma am Freitag in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag laut Redetext. Mit wachsendem Reichtum verlange die Bevölkerung auch Rechtssicherheit und mehr Demokratie. In Hongkong solle Peking den Anfang für Reformen für das ganze Land machen.

Gleichzeitig geriet Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying zunehmend unter Druck. Er soll 50 Millionen Hongkong-Dollar (rund fünf Millionen Euro) von dem australischen Bauunternehmen UGL für Beratungen bekommen haben.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat einen Rahmenvertrag über den Verkauf von 70 Flugzeugen nach China geschlossen. Es handelt sich um Mittelstrecken-Maschinen aus der A320-Familie. Laut Listenpreis habe der Auftrag einen Wert von rund sieben Milliarden US-Dollar (5,5 Mlliarden Euro), sagte Airbus-Chef Fabrice Brégier. In der Branche sind allerdings deutliche Preisabschläge üblich.

Über den Kauf von weiteren 70 Maschinen hatte die staatliche China Aviation Supplies Holding Company (CAS) bereits im März eine Absichtserklärung unterschrieben. Neben der Lieferung von Airbus-Jets wurde eine Erklärung über den Bau eines A330-Fertigstellungszentrums im chinesischen Tianjin unterzeichnet. Hier wurden bereits eine Endmontagelinie und ein Auslieferungszentrum aufgebaut.

Li fliegt am Sonnabend nach Hamburg. Bei seinem ersten Besuch an der Alster will er auf der Wirtschaftskonferenz „Hamburg Summit: China meets Europe“ auftreten. Zuvor ist im Rathaus ein Treffen mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) geplant. Nach dem „Summit“ fliegt er nach Moskau.

In Hamburg haben sich zudem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) angekündigt