Am Vormittag begann die internationale Wirtschaftskonferenz in der Handelskammer. Präses Fritz Horst Melsheimer richtete deutliche Worte nach Peking. Der chinesische Premier wird in Hamburg erwartet.
Hamburg. In der Handelskammer hat am Freitagvormittag der sechste „Hamburg Summit“ begonnen. Noch bis Sonnabend werden 600 hochrangige Gäste, darunter Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang, erwartet. Das Thema der Konferenz sind sowohl die chinesischen Wirtschaftsreformen als auch allgemeine Trends in der Arbeitswelt von Großstädten.
In seiner Eröffnungsrede rief Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer dazu auf, den Freihandel zu stärken und Protektionismus abzubauen. Herausforderungen wie der Kampf gegen den Klimawandel, die Erzielung von nachhaltigem Wachstum sowie die Schaffung von stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einer weltweiten Wirtschaftsordnung könnten nicht von China oder Europa allein bewältigt werden: „Wir werden diese Probleme nicht lösen, wenn wir weitere Handelsbarrieren errichten. Wir brauchen mehr Handel mit China und nicht weniger“, sagte Melsheimer.
China sei, so Melsheimer weiter, bei gleichbleibender Dynamik auf dem Weg, zu den bedeutendsten Wirtschaftsmächten weltweit aufzuschließen. Hamburg ist mit über 500 chinesischen Unternehmen der führende China-Standort in Europa. Rund ein Drittel des Containerumschlags im Hamburger Hafen wird mit der Volksrepublik abgewickelt.
Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel ging in seiner Rede auf chinesische Direktinvestitionen in Europa ein und hob insbesondere hervor, dass Zusammenarbeit, Komplementarität und Engagement die Pfeiler der für beide Seiten gewinnbringenden europäisch-chinesischen Beziehungen sind: „Unsere jeweiligen Wachstumsstrategien unterstützen sich gegenseitig, und wir haben ein gemeinsames Interesse am Erfolg des jeweils Anderen. Dies ist und sollte als eine Win-Win-Beziehung gesehen werden. Wir haben Anteil an Chinas Zukunft, und China hat ebenso Anteil an Europas Zukunft.“ Des Weiteren unterstrich er, dass Luxemburg für viele chinesische Investoren das Eingangstor nach Europa ist.
Neben chinesischen Investitionen in Europa standen die chinesischen Wirtschaftsreformen im Mittelpunkt des ersten Konferenztages. Der wissenschaftler Professor Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator Institute for China Studies (MERICS), sieht Chinas Regierung in der Verantwortung, die Reformen des 3. ZK-Plenums der Kommunistischen Partei Chinas umzusetzen. „Die Umsetzung des Reformprogramms lässt in zentralen Elementen auf sich warten. Chinas Binnenwirtschaft bewegt sich gegenwärtig in einer sehr sensiblen Phase. Die Regierung in Peking zögert deshalb mit den angekündigten Umstrukturierungen. Unter diesen Bedingungen kommen die Förderung von Wettbewerb und Verbesserungen beim Marktzugang, wenn überhaupt, nur in ausgewählten Branchen voran. Ausländische Unternehmen sollten hier keine überzogenen Hoffnungen hegen“, sagte Heilmann.
Chinesischer Ministerpräsident erwartet
Chinas Ministerpräsident Li Keqiang, der am Freitag für offizielle deutsch-chinesische Regierungsgespräche zunächst nach Berlin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist, wird mit seiner rund hundertköpfigen Delegation am Sonnabend zu seinem ersten Besuch in Hamburg erwartet. Noch vor seinem Auftritt in der Handelskammer sind neben einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt politische Gespräche unter anderem mit Bürgermeister Scholz und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit geplant. Der Ehrengast des „Hamburg Summits“ ist als Redner beim Abschlussessen des Kongresses vorgesehen – ehe er nach Moskau weiterreist.
Parallel zur Wirtschaftskonferenz „Hamburg Summit“ und dem Besuch von Li Keqiang haben Menschenrechtsgruppen für Samstag eine Mahnwache vor der Handelskammer angekündigt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die Tibet-Initiative Deutschland und der Verein der Tibeter in Deutschland wollen dabei auf zunehmende Repressionen gegen Menschenrechtsverteidiger aufmerksam machen. Am Donnerstag hatte die GfbV in Berlin einen 56-seitigen Report veröffentlicht, in dem beispielhaft das Schicksal von 347 Uiguren, Mongolen, Tibetern und Han-Chinesen nachgezeichnet wird, die in den vergangenen zwei Jahren wegen ihres Eintretens für Menschenrechte verfolgt worden sind.