Der schillernde österreichische Unternehmer soll den Konzern von Nicolas Berggruen komplett übernehmen – ohne einen Euro zu zahlen. Müssen die Hamburger Häuser vor René Benko zittern?

Hamburg. Das Hickhack um die angeschlagene Warenhauskette Karstadt und auch die Häuser in Hamburg geht weiter. Bereits in der kommenden Woche soll einem Medienbericht zufolge der schillernde österreichische Immobilieninvestor René Benko das Ruder übernehmen. Für den Konzern könnte dies gravierende Veränderungen bedeuten.

Für die 17.000 Karstadt-Beschäftigten brechen wirklich schwere Zeiten an. Denn ihre Zukunft im Konzern wird immer ungewisser. Längst machen auch Gerüchte die Runde, Benko übernimmt Karstadt nur deshalb von Investor Nicolas Berggruen, weil er das Unternehmen mit Kaufhof fusionieren möchte.

In der kommenden Woche will der Karstadt-Aufsichtsrat einen neuen Sanierungsplan beraten, der nach den Worten der Konzernführung „keine Tabus“ mehr kennen soll. Dann könnte bereits ein neuer Eigentümer das Sagen bei der traditionsreichen Warenhauskette haben: Benko.

Nach Informationen von „Spiegel Online“ soll der Österreicher bereits Anfang kommender Woche die bislang noch dem Investor Nicolas Berggruen gehörenden 83 Warenhäuser übernehmen. Das Nachrichtenportal berichtete unter Berufung auf Verhandlungskreise, die Entscheidung über den Verkauf sei gefallen. Berggruen werde sich vollständig aus dem Karstadt-Konzern zurückziehe, hieß es. Geld fließe bei der Transaktion nicht. Weder von der Signa-Gruppe noch vonseiten Berggruens war auf dpa-Anfrage allerdings eine offizielle Stellungnahme zu dem Bericht zu erhalten.

Hat Berggruen Benko zu Hilfe gerufen?

In den vergangenen Tagen hatten sich bereits die Gerüchte über einen Eigentümerwechsel bei Karstadt überschlagen. Berggruen habe ihn zur Hilfe gerufen, zitierte das österreichische Wirtschaftsmagazin „Format“ Immobilien-Investor Benko. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, hieß es da allerdings noch. Und aus den Beteiligtenkreisen kamen gegensätzliche Signale über den Stand der Dinge.

Die Vermutung liegt nahe, dass auf beiden Seiten taktische Erwägungen die Informationspolitik bestimmten. „Ich könnte mir vorstellen, dass Berggruen versucht, durch gezielte Indiskretionen über die Verhandlungen Druck auf Benko auszuüben, um endlich Karstadt loszuwerden“, spekulierte etwa der Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Benko könnte durch die Übernahme sein bisheriges Investment schützen

Tatsächlich stellt sich die Frage, warum Benko angesichts der anhaltend roten Zahlen überhaupt eine Übernahme der kompletten Warenhauskette wagen sollte. Allerdings gehört seiner Signa-Gruppe bereits die Mehrheit an den Karstadt-Sporthäusern und den Premium-Häusern. Außerdem besitzt er bereits zahlreiche Karstadt-Immobilien. „Benko muss abwägen, ob es für ihn sinnvoll ist, das Risiko einzugehen, bei Karstadt einzusteigen, um seine bisherigen Investitionen zu schützen“, meinte deshalb Roeb.

Branchenkenner sind sich einig, dass ein Einstieg von Benko für Karstadt gravierende Änderungen mit sich bringen würde. „Benko geht es um die Immobilien. Er ist bestimmt nicht daran interessiert, langfristig ein Warenhaus zu betreiben“, meinte etwa der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.

Die Beschäftigten haben nur eine Chance: abwarten

Roeb ist überzeugt, Benko habe kein Problem, Geld in die Hand zu nehmen, um seine Ideen zu verwirklichen. „Das muss aber nicht unbedingt die Weiterexistenz von Karstadt als klassisches Warenhaus, wie wir es kennen, bedeuten. Am Ende wäre vielleicht das Karstadt-Schild weg, aber Einkaufsstätten und Arbeitsplätze wären noch da“, sagt er.

Die Karstadt-Beschäftigten können bei dem Poker um ihre Zukunft zurzeit nur zusehen. “Wir sitzen ja nicht mit am Verhandlungstisch. Wir warten ab, in welche Richtung sich das entwickelt“, sagt der Karstadt-Betriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt. Unabhängig vom Namen des Eigentümers halte die Belegschaft aber an ihrer Forderung nach Standort- und Arbeitsplatzgarantien für alle Beschäftigen fest.