Hamburger Verkäuferin bediente sich an der Karstadt-Fischtheke. Landesarbeitsgericht: Kündigung ist unwirksam. Anwalt der Angestellten: „Eine Abmahnung hätte hier völlig ausgereicht.“
Hamburg. Der Warenhauskonzern Karstadt hat am Mittwoch in einem Berufungsverfahren vor dem Hamburger Landesarbeitsgericht eine Schlappe einstecken müssen. Die Richter befanden die Entlassung einer Angestellten wegen eines Krabbenbrötchens für unwirksam. Die Kündigung sei unverhältnismäßig gewesen, hieß es.
Der Fall: Die Verkäuferin Songül Uludogan, die in der Feinkostabteilung von Karstadt an der Mönckebergstraße arbeitete, war im Sommer 2013 von ihrem Vorgesetzten dabei erwischt worden, wie sie in ein halbes mit Nordseekrabbensalat belegtes Brötchen biss. Den Salat – angeblich zwischen 50 und 100 Gramm – hatte die Angestellte aus der Fischtheke entnommen und nicht bezahlt. Die Karstadt Feinkost GmbH sprach wenige Tage nach dem Vorfall zunächst eine fristlose und dann eine fristgemäße Kündigung aus. Beide Kündigungen wurden vom Gericht als nicht rechtmäßig kassiert.
„Meine Mandantin hat einen Fehler gemacht, aber eine Abmahnung hätte hier völlig ausgereicht“, sagte Heiko Hecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, dem Abendblatt. „Eine fristlose Kündigung war völlig überzogen, und deshalb war eine Entscheidung des Gerichts zugunsten von Frau Uludogan wahrscheinlich.“ Uludogan ist vierfache Mutter und hatte seit 1999 für das Unternehmen gearbeitet.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht. Die Richter folgten damit einem Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts, gegen das Karstadt in Berufung gegangen war.
Die Entscheidung des Gerichts hängt auch mit dem Fall „Emmely“ zusammen, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte: Im Juni 2010 hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die umstrittene Kündigung einer Supermarktkassiererin wegen Unterschlagung von zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro aufgehoben. Das Gericht hatte damals entschieden, dass das Vertrauen durch das einmalige Delikt nicht vollkommen zerstört sei. Es liege lediglich „eine erhebliche Pflichtwidrigkeit“ vor.
In der Verhandlung am Landesarbeitsgericht schlug der Vorsitzende Richter zunächst einen Vergleich vor. Die Karstadt Feinkost GmbH sollte der Verkäuferin 11.000 Euro Abfindung bezahlen. Anwalt Hecht forderte dagegen 15.000 Euro, was das Unternehmen ablehnte. Nach dem Urteil wollte die Firma keine Stellungnahme abgeben.