425.000 Passagiere müssen umbuchen, mit der Deutschen Bahn fahren oder warten. Auch der Flughafen Hamburg ist betroffen. Alle Informationen zum Pilotenstreik bei der Lufthansa finden Sie hier.

Hamburg. Die Flug- und Bahnreisenden in Deutschland stehen vor drei chaotischen Tagen. Von Mittwoch bis Freitag wollen die Piloten der Lufthansa und der Germanwings die Arbeit niederlegen. Dadurch fallen nicht nur Tausende Flüge aus – auch im Bahnverkehr werden Engpässe befüchtet. Das Hamburger Abendblatt hat die wichtigsten News und Hintergründe zu einer der größten Streikaktionen der vergangenen Jahre zusammengestellt.

Wird der Streik in letzter Sekunde abgesagt? „Ich glaub' nicht, dass wir jetzt vor dem Streik noch eine Einigung finden werden“, sagte Lufthansa-Sprecherin Barbara Schädler im ZDF. Ohnehin sei der Schaden für das Unternehmen bereits eingetreten. Ein so kompliziertes Netzwerk mit so vielen Flügen könne man nicht innerhalb eines Tages „hoch- und runterfahren“, sagte Schädler.

Lufthansa hatte am Montag auf die Androhung eines dreitägigen Streiks der rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten reagiert und für diese Woche rund 3800 Verbindungen gestrichen. Betroffen seien rund 425.000 Passagiere. In der engeren Streikzeit von Mittwoch bis Freitag sollen nur noch rund 500 kürzere Flüge stattfinden können.

Streitwert zwischen Lufthansa und Piloten beträgt eine Milliarde Euro

Auf weitere Streiks in den Osterferien will die Vereinigung Cockpit (VC) nach dem aktuellen Ausstand verzichten, wie VC-Sprecher Jörg Handwerg im rbb Inforadio bekräftigte. Er verteidigte das Ausmaß der Arbeitsniederlegung: „Nein, ein Streiktag hätte unserer Ansicht nach nicht gereicht.“ Den Streitwert zwischen Piloten und Lufthansa hatte er auf etwa eine Milliarde Euro beziffert.

Streikanlass sind von Lufthansa einseitig gekündigte Übergangsrenten, die den Piloten bislang ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf ermöglichten. Offen ist zudem der Tarifvertrag zu den Gehältern, bei dem die VC ein Plus von knapp zehn Prozent verlangt.

Die Piloten gehören im Lufthansa-Konzern zu den Spitzenverdienern. Das Einstiegsgehalt liegt bei 55.000 Euro plus Zulagen, etwa für Mehr-, Wochenend- und Nachtarbeit. Damit kommt ein junger Co-Pilot auf rund 73.000 Euro brutto. Durch die tariflich vereinbarten Gehaltsstufen steigt der Lohn laut Lufthansa durchschnittlich um drei Prozent pro Jahr. Ein Kapitän mit 55 Jahren verdient somit inklusive Zulagen rund 255.000 Euro.

Piloten klagten gegen Frühverrentung – und bekamen Recht

Vor einigen Jahren waren die Piloten gezwungen, bereits mit 60 Jahren das Fliegen aufzugeben. Die Lufthansa hatte sich mit den Piloten tarifvertraglich auf diese Altershöchstgrenze geeinigt. Vereinbart wurde auch, dass ein Pilot frühestens mit 55 aufhören konnte zu fliegen.

Die Übergangsversorgung sieht vor, dass den Piloten ein Teil des Gehalts bis zum frühesten gesetzlichen Renteneintrittsalter von 63 Jahren weitergezahlt wird. Die Piloten erhalten für einige Jahre bis zu 60 Prozent des Brutto-Gehalts, ohne arbeiten zu müssen – eine Art Frührente von über 100.000 Euro im Jahr.

Einige Piloten klagten jedoch gegen die Altershöchstgrenze, da sie länger fliegen wollten – und bekamen Recht. Der Europäischen Gerichtshof sah in seinem Urteil 2011 in der Regelung eine Art Altersdiskriminierung. Nun dürfen Piloten auch bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter fliegen. Bei neuen Mitarbeitern will die Lufthansa auch erreichen, dass die Piloten für einen Teil der Vorsorgeleistungen selbst zahlen.

Sollte ein Pilot schon vor dem frühestmöglichen Ausscheiden nicht mehr fliegen können, ist er bei der Lufthansa ab dem 35. Lebensjahr gegen Fluguntauglichkeit versichert.

So bucht man Lufthansa-Flüge um

Die Lufthansa bietet Umbuchungen auf andere Termine, die Bahn und andere Fluggesellschaften an. Auch die nicht bestreikten Konzerntöchter Swiss und Austrian bringen ein wenig Entlastung, indem sie auf den von ihnen bedienten Hauptstrecken etwa von Wien und Zürich nach Frankfurt größere Flugzeuge einsetzen.

Die Airline rät allen Passagieren, sich vor Antritt ihrer Reise im Internet über den Status ihres Flugs zu informieren.

Hier finden Sie die Informationen der Lufthansa

Hier ist die Liste von Germanwings

Bei innerdeutschen Flügen, die aufgrund des Streiks ausfallen, dürfen Passagiere die Züge der Deutschen Bahn nutzen. Dafür müssen sie ihr Ticket im Internet oder an einem Check-in-Automaten der Lufthansa in eine Fahrkarte umwandeln. Reicht dafür die Zeit nicht, können Kunden sich ein neues Bahnticket kaufen und es später mit dem bereits gezahlten Flugticket verrechnen lassen.

Bei allen anderen Flügen gilt: Wer sein Ticket online unter Lufthansa.com gekauft hat, kann den Flug kostenfrei stornieren. Wer ein Ticket für einen Flug im Zeitraum 2. bis 4. April besitzt, der nicht ausfällt, kann dieses einmalig kostenlos umbuchen. Wer keinen Zugang zum Internet hat, kann das Service-Center der Lufthansa anrufen: 0800/850 60 70.

Lufthansa hat zudem rund 150.000 personalisierte SMS und E-Mails an registrierte Kunden verschickt. „Ähnlich wie beim Ver.di-Streik in der vergangenen Woche werden nur sehr wenige unvorbereitete Passagiere an die Flughäfen kommen“, sagte ein Sprecher.

So werden Gestrandete versorgt

Der Veranstalter oder die Fluggesellschaft muss gestrandete Kunden betreuen. Die Leistungen gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung sind unabhängig davon, ob das Unternehmen für die Verspätungen oder Ausfälle von Flügen verantwortlich ist. Passagiere haben Anspruch auf Essen und Getränke. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline oder der Veranstalter die Übernachtung in einem Hotel übernehmen.

Die Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt und München bereiten sich darauf vor, dass im Transitbereich gestrandete Passagiere längerfristig versorgt werden.

Gibt es eine Entschädigung?

Normalerweile steht Reisenden bei einem Flugausfall oder massiven Verspätungen laut der EU-Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung zu. Das gilt jedoch nach derzeitiger Rechtsprechung nicht, wenn höhere Gewalt vorliegt. Das ist laut Bundesgerichtshof bei Streiks der Fall. Eine Ausnahme: Der Passagier kann nachweisen, dass die Fluggesellschaft nicht alles getan hat, um die Streikfolgen abzumildern.

Die Deutsche Bahn setzt mehr Züge ein

Die Bahn hält Reservezüge samt Personal an wichtigen Bahnhöfen bereit. Wie ein Bahnsprecher sagte, sind je nach Wochentag ein bis zwei Dutzend IC- und ICE-Züge dafür frei. Die Lage habe sich verbessert, seit Siemens acht der lange erwarteten neuen ICE-Züge ausgeliefert habe. „Mit der gestiegenen Reserve sind wir zuversichtlich, dass wir alle Leute an ihr Ziel bringen.“

Aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens in den Zügen empfiehlt die DB allen Reisenden für die kommenden drei Tage eine Sitzplatzreservierung.

Passagiere des innerdeutschen Flugverkehrs von Lufthansa und Germanwings können ihr elektronisches Ticket (etix) für die eingetragene Strecke online über die Lufthansa-Internetseite, am Check-in-Automaten oder am Lufthansa-Schalter in einen Reisegutschein (Voucher) für die Deutsche Bahn umwandeln lassen. Für Fluggäste von Germanwings gibt es die Reisegutscheine ausschließlich am Schalter der Fluggesellschaft.

Die Reisegutscheine bei internationalen Verbindungen müssen vor Fahrtantritt in einem DB Reisezentrum oder einer DB Agentur gegen eine Fahrkarte eingetauscht werden. Hier finden Sie die Fahrplaninformationen der Deutschen Bahn.

Für Hamburg blicken die Verkehrsexperten dem Pilotenstreik bei der Lufthansa gelassen entgegen. Die lokalen Auswirkungen seien laut Bahn-Sprecherin Angelika Theidig trotz 13.000 enttäuschten Fluggästen wenig problematisch. „Wir haben einen zusätzlichen Zug in Hamburg in Bereitschaft. Je nach Situation wird eine möglicherweise überlastete Strecke bedienen.“

Besonders betroffen könnten die Verbindungen nach Düsseldorf, Frankfurt am Main und München sein, denn dorthin sind die Lufthansa-Abflüge ab Hamburg gestrichen, während die Bahn diese Städte täglich ansteuert. „Aber bisher sind für alle Strecken noch Reservierungen möglich“, sagt Theidig. „Für den Fall der Fälle sind wir allerdings gut gerüstet.“

Kaum Auswirkungen im Hamburger Straßenverkehr erwartet

Die Auswirkungen auf den Hamburger Straßenverkehr werden sich dagegen aller Voraussicht nach in Grenzen halten. Es zeichne sich trotz vieler Baustellen keine besondere Problemlage ab, sagt etwa Susanne Meinecke von der Verkehrsbehörde. Auch Christian Hieff, Sprecher beim ADAC Hansa, rechnet mit wenig streikbedingten Staus. Zum einen sei die zusätzliche Verkehrsmenge durch ausgefallene Flüge vergleichsweise gering, zum anderen sei das Auto nicht die erste Alternative zum Flugzeug. „Viele Flugreisende steigen dann eher auf die Bahn um“, so Hieff. Hinzu komme, dass der klassische Fluggast nicht das Hamburger Straßennetz in Anspruch nehme. Seine Ziele liegen erwartungsgemäß außerhalb der Stadtgrenzen. Insofern, so Hieff, dürfte der Streik bei der Lufthansa keine gravierenden Auswirkungen auf den lokalen Autoverkehr haben. „Bei Bahnstreiks etwa gibt es da größere Probleme“, sagt Hieff.

Am Hamburger Flughafen in Fuhlsbüttel sind von Mittwoch bis Freitag rund 200 von etwa 285 Flügen betroffen. Lediglich die Flüge der Tochtergesellschaft Eurowings seien nicht betroffen. Bereits am Montag fielen vier Flüge von und nach Hamburg aus.

Nach Angaben des Flughafens werden mehr als 60 Prozent der Flüge am Hamburg Airport allerdings von Fluggesellschaften geflogen, die von dem Streik nicht betroffen sind. Dazu gehören beispielsweise Flüge der Airlines Air Berlin, Air France-KLM, British Airways, Condor, EasyJet, Emirates, Turkish Airlines, United Airlines sowie alle Ferienflieger. Lufthansa-Partnerairlines wie Swiss, Austrian Airlines und SN Brussels führen ihre Flüge ebenfalls regulär durch. Passagiere, die Tickets mit diesen Airlines gebucht haben, können ihre Reise wie geplant aufnehmen.

Hier finden Sie Informationen des Flughafens Hamburg zu den jeweiligen Airlines