Von Streckensperrungen nicht mehr weit entfernt. Fällt nur eine wichtige Brücke aus, gibt es in ganz Deutschland Verspätungen, warnt Bahnchef Grube.
Berlin/Essen. Verspätungen durch Personalmangel, Hochwasser und einen eingebrochenen Stollen, es fehlen Züge bei der Deutschen – und jetzt das: Der DB drohen nach Aussage von Bahnchef Rüdiger Grube bald erste Brückensperrungen. „Leider sind wir nicht mehr weit davon entfernt“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. 1400 Brücken müssten dringend saniert werden. „Mit der derzeitigen Finanzausstattung schaffen wir pro Jahr aber nur 125 Brücken“, so Grube. Die Auswirkung gesperrter Brücken seien verheerend: Würde etwa eine wichtige Brücke am Frankfurter Hauptbahnhof gesperrt, müssten Züge in ganz Deutschland umgeleitet werden. Auf einen Schlag würde die Bahn damit 33.000 Verspätungsminuten pro Tag ansammeln. „Das wären rund 130 Prozent mehr als an einem durchschnittlichen Tag“, sagte Grube.
Ärger könnten Bahnkunden zudem höhere Ticketpreise bereiten. Diese könnten nötig werden, wenn die Bahn mehr Geld für Energie ausgeben muss, so Grube. Bislang koste die Energiewende die Bahn fast 100 Millionen Euro pro Jahr. „Wenn jetzt noch für die Eisenbahn in Deutschland ein hoher dreistelliger Millionenbetrag dazukäme – was manche leider diskutieren –, würde sich das sofort in deutlich höheren Ticketpreisen niederschlagen.“ Regulär erhöht die Bahn im Dezember die Preise Nahverkehr um 2,7 Prozent, im Fernverkehr steigen sie um 1,3 Prozent.
Der vergangene Woche entdeckte Hohlraum in einem alten Bergbaustollen unter dem Essener Hauptbahnhof sorgt weiter für Verkehrsbehinderungen. Nach Bahnangaben haben sich von Mittwochabend bis Sonnabendmittag bereits rund 2000 Züge verspätet, weil auf den Gleisen am Essener Bahnhof aus Sicherheitsgründen nur langsames Fahren erlaubt ist. Der Hohlraum wurde inzwischen mit 220 Kubikmeter Beton gefüllt. Derzeit bohren Fachleute auf der nördlichen Seite des Bahndamms weiter. Die Behinderungen dauern voraussichtlich mindestens bis Ende kommender Woche.
Auch in den nächsten Tagen müssen Zugreisende im Ruhrgebiet noch viel zusätzliche Zeit einplanen: Der Nahverkehr rollt weiter nur langsam über die Schienen, während die ICs und ICEs mit Fahrt über die Bahnhöfe Essen, Bochum und Mülheim umgeleitet werden. Das bestätigte eine Bahnsprecher. Bei Fernzügen, die in Essen beginnen oder enden, ändere sich die Fahrtstrecke jedoch nicht. Natürlich sei am Wochenende die Lage etwas entspannter, da die Strecken kaum von zusätzlichem Berufsverkehr belastet würden.