Allein die Deutsche Bahn hat in ihrer Klage gegen ThyssenKrupp und weitere Kartellfirmen den Streitwert auf 550 Millionen Euro beziffert.
Düsseldorf. Der ThyssenKrupp -Konzern kann wegen der Teilnahme am Schienenkartell noch lange keinen Schlussstrich ziehen. „Es gibt keine bezifferten Forderungen gegen uns“, sagte ein Konzernsprecher am Montag. Allein die Deutsche Bahn hat in ihrer Klage gegen ThyssenKrupp und weitere Kartellfirmen den Streitwert auf 550 Millionen Euro beziffert. Zudem bereiten kommunale Verkehrsbetriebe Schadenersatzklagen vor. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete ohne Angaben von Quellen, dass in weit mehr als 100 Fällen Nahverkehrsgesellschaften aus ganz Deutschland Opfer des Kartells geworden sein sollen.
Dies bestätigte weder das Bundeskartellamt noch die Staatsanwaltschaft Bochum, die in dem Fall die Ermittlungen führt. Es werde geprüft, ob neben der Bahn auch weitere Betriebe geschädigt worden seien, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft lediglich. Die Ermittler wollten aber keine Angaben mache, um welche Betriebe es sich handele und um wie viele. Wie lange die Ermittlungen noch dauern werden, sei offen. „Es gibt keinen Zeithorizont“, sagte auch eine Sprecherin des Bundeskartellamts. Die Behörde hatte im Sommer vergangenen Jahres ThyssenKrupp sowie die österreichische Voestalpine und den Bahntechnikkonzern Vossloh wegen des Schienenkartells zu einer Strafe von 124,5 Millionen Euro verdonnert. ThyssenKrupp musste mit 103 Millionen Euro den Löwenanteil berappen.
Der Konzern hatte nach den Vorfällen bei seiner Tochter GfT Gleistechnik eigenen Angaben zufolge sämtliche Kunden über die Ermittlungen und ihre mögliche Betroffenheit informiert. Das Unternehmen entließ mehrere Manager und Mitarbeiter und prüft Schadenersatzforderungen gegen diese. Vorstandschef Heinrich Hiesinger will nach den Kartellfällen und Korruptionsvorwürfen im Unternehmen aufräumen. „Es herrschte bei einigen die Ansicht vor, dass Regeln, Vorschriften und Gesetze nicht für alle gelten“, hatte er kritisiert.
Die Schadenersatzforderungen kommunaler Verkehrsbetriebe dürften sich mindestens auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Allein die Rheinbahn aus Düsseldorf hatte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters den möglichen Schaden auf drei Millionen Euro beziffert. In Deutschland gibt es Dutzende kommunale Verkehrsbetriebe, aber nur wenige Schienenhersteller. Die Zahl von über 100 Schadensfällen könnte daher schnell erreichbar sein, da es pro Unternehmen je nach Zahl der Aufträge viele Fälle geben könnte. „Es gibt einen Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen“, sagte ein Sprecher des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dem über 70 Straßenbahn, U-Bahn und Stadtbahnunternehmen angehören. „Wir warten auf eine Entscheidung des Bundeskartellamts.“ Bislang sei offen, über welchen Zeitraum die Unternehmen womöglich geschädigt worden seien. Erst dann könne es Klarheit geben.